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Der Sommer kommt

... und das erkennen wir nicht nur an den Reisegruppen in den Gassen, sondern auch an der Ankündigung, dass für dieses Jahr  243 Kreuzfahrtschiffe und eine halbe Million Kreuzfahrttouristen in Venedig erwartet werden. Die Kreuzfahrtschiffe haben nie aufgehört, in Venedig anzulegen - nur, dass sie jetzt einen anderen Weg nehmen, was für die Zerstörung der Lagune keinen Unterschied macht. 

Weil es langfristig aber nicht so toll ist, in Marghera oder Fusina neben einer Petrochemieanlage mit Blick auf Öltanks und Rauchschlote anzulegen, versuchen die großen Kreuzfahrtunternehmen zu tricksen: Norwegian Gem, das fast 300 Meter lange Flaggschiff der skandinavischen Reederei Norwegian Cruise, hat schon letztes Jahr an einer Reede vor dem Lido angelegt. Und die Passagiere durch Umladen auf Motorboote nach Venedig gebracht. Eine "Blitzreise" für 1.500 Passagiere. Ermöglicht wurde das dank der freundlichen Unterstützung des Hafenamts und des Kreuzfahrthafenbetreibers VTP, dessen Mehrheitseigner die Kreuzfahrtgesellschaften, die Region Veneto und die Flughafengesellschaft Save sind. Von ihnen nachhaltigen, umweltfreundlichen Tourismus zu erhoffen, ist, als würde man vom islamischen Staat einen Friedensmarsch erwarten. VTP stellte der Norwegian Cruise die notwendigen Ausflugsboote zur Verfügung : drei mit je 150 Sitzplätzen ausgestattete Ausflugsboote pendelten zwischen dem Schiff auf der Reede und der Riva Sette Martiri. Eine Lösung für die Kreuzfahrtgiganten. Und eine Katastrophe für die venezianische Lagune. Die Norwegian Cruise will das jetzt in diesem Jahr gleich 15 Mal wiederholen. So viel zum "Verbot" der Kreuzfahrtschiffe in Venedig.

Und weil das allein als Plage noch nicht reicht, zieht das als eine Art billiges Disneyland verkaufte Venedig Irre aus der ganzen Welt an:

https://www.youtube.com/watch?v=eTF47sxRIAM (Öffnet in neuem Fenster)

Gestern morgen ist dieser Idiot von einem Dach am Rio Nuovo gesprungen, nicht etwa, um sich umzubringen (was er ohne Weiteres hätte hinkriegen können), sondern um ein Video von sich zu posten. Die Venezianer riefen noch, dass das Wasser im Kanal sehr flach sei - worauf der Idiot "I am free" rief und sprang. Es war ein Wunder, dass kein Boot vorbeikam, denn der Rio Nuovo gehört zu den am meisten befahrenen Kanäle Venedigs. Die menschliche Dummheit ist grenzenlos - schon seit Jahren ist es zu einem Sport geworden, von der Rialtobrücke zu springen:

https://www.youtube.com/shorts/DTNOTT5pc9E (Öffnet in neuem Fenster)

Einem Neuseeländer kostete es vor ein paar Jahren das Leben, als er dabei auf ein Wassertaxi fiel, dessen Fahrer dabei schwer verletzt wurde. Hat aber offensichtlich niemanden abgehalten.

Dies und viel mehr können Sie in meinem Venedigbuch nachlesen - das soeben mit einem neuen (!) Nachwort als Taschenbuch (Öffnet in neuem Fenster) erschienen ist: 

Ich war wieder im Ruhrgebiet, dieses Mal wegen eines traurigen Anlasses, der Trauerfeier für meinen Schriftstellerfreund Heinrich Peuckmann (Öffnet in neuem Fenster). Es hat mich sehr berührt, dass seine Söhne als Erinnerung an ihren Vater einen Schreibtisch mit einigen seiner Bücher in der Kirche aufgestellt haben: 

Weil wir so viele Gemeinsamkeiten hatten - wir sind beide Kinder von Bergmännern - war es für mich immer so, als wäre ich mit Heinrich verwandt. Ich habe noch sein Kichern im Ohr. Gerne hätte ich ihm erzählt, dass ich am Bahnhof Kamen wieder auf den Taxifahrer (Öffnet in neuem Fenster) gestoßen bin, über den ich mit Heinrich noch im Herbst so gelacht habe (Taxifahrer: "Wie isses so mit Essen in Italien? Fleisch? Eigene Zucht?") und der dieses Mal sagte : "Ey, Sie sind doch die da von ... von ... der Insel! Erzählense mir alles, Klima, Essen, alles! Wie isses da so in ... wie hieß es nochma? Ach ja, stimmt, Venedig. Und sagense mal, wie oft fahrense eigentlich so rüber nach Italien?" 

Ach Heinrich, dein Lachen fehlt mir.

Mein Vater hieß auch Heinrich. Er wäre am 22. März 90 Jahre alt geworden - wenn er nicht mit 27 Jahren unter Tage ums Leben gekommen wäre. 

„Die wird mal Auslandskorrespondentin“ hat er nach meiner Taufe gesagt. Das war das Vermächtnis meines Lebens.

Der Kamener Taxifahrer lag mit seiner Bemerkung übrigens nicht ganz falsch: Für uns Venezianer ist das Festland tatsächlich so etwas wie Ausland, die Anreise nach Mestre kostet mich jedes Mal Überwindung. Der Anlass war gestern Abend Beppe Grillo, der im Theater in Mestre mit seiner Show "Io sono il peggiore" (Öffnet in neuem Fenster) (Ich bin der Schlimmste) auftrat - was auch mit der Recherche für mein neues Buch zu tun hat. 

Zum ersten Mal habe ich Grillo 2006 getroffen - danach schien es lange Zeit so, als würde sich etwas in Italien verändern. Verändert haben sich aber vor allem die sogenannten "miracolati": einst bärtige Fünfsterne-Aktivisten in Flusenpullovern, die sich aus dem Nichts in Minister, Staatssekretäre und sonstige Stützen des italienischen Gesellschaft verwandelten und immer öfter mit dem Sektglas in der Hand in römischen Salons auftauchten.

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Herzlichst grüßt Sie aus Venedig, Ihre Petra Reski 

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