Pause-Record-Play 04.04.2025
“People seem more comfortable dancing and courting to mechanical music. The charitable interpretation is that it lets them be alone with each other. The other interpretation is that it lets them be alone.”
(Evan Eisenberg, “The Recording Angel”, 1988)

Wie Ihr vielleicht bemerkt habt, hab' ich zuletzt den wöchentlichen Turnus unterbrochen. Und das gleich doppelt und dreifach. Ich bitte um Entschuldigung, aber so bin ich mit Deadlines: Immer verbesserungswürdig…
Und jetzt das: Erst mach' ich wochenlang Pause und dann fängt es hier schon wieder mit Politik und USA an. Aber keine Angst, es geht gleich zum Pop über, vorher nur noch diese Anmerkungen:
Der Begriff „Bias“ ist mir als bekennendem Kind der Generation Kompaktkassette (Aufstieg, Blüte und weitgehender Niedergang des Formats ungefähr 1963 bis ca. 2010) aus der Zeit der ursprünglichen Hi-Fi-Faszination geläufig, als man sich u.a. für hochwertige Tape-Decks (The Nakamichi Dragon!) begeistern konnte. Diese ermöglichten bei der Verwendung von entsprechend geeignetem Material eine einstellbare Vormagnetisierung des Bandes, auf Englisch "Bias". Das sollte zu einem bessern Rauschabstand (signal-to-noise ratio) verhelfen und entsprechend verzerrungsfreie Wiedergabe optimieren. Oder so.
Heute ist „Bias“ nicht zuletzt in der Psychologie und anderen Sozialwissenschaften geläufig und hat mit Verzerrungen zu tun, die systemische Diskriminierungen bedingen, z.B. wegen Herkunft oder Geschlecht.
Außerdem ist „Bias“ eines der vielen Worte (wie auch „women“, “trans”, „sex“, „prejudice, „minority“, „inclusion“, „gender“, „female“, „equality“, „diverse“, „disability, „climate crisis“, „black“, „at risk“ oder „activism“), die sprachlich vermeintlich „woke“ Maßnahmen der früheren us-amerikanischen Bundesregierung kennzeichnen und darum per Dekret in behördlichen Dokumenten fortan zumindest überwiegend, wenn nicht gänzlich gestrichen werden sollen.
Die Idee / Behauptung ist vermutlich, es gäbe Probleme, die nur herbeigeredet sind, zumindest solche, die endlich wieder totgeschwiegen gehören. Frauen, Vorurteile, Klimakrise und sowas zum Beispiel.
Dazu passt der seit einiger Zeit offen betriebene culture war gegen Wissenschaft und ihre Institutionen bis hin zu den Elite-Unis der USA und deren Forschungseinrichtungen.
Eine Real-Life-George-Orwell -Dystopie, Hirn-Drain im offenen Vollzug. Gemäß Christian Morgenstern, der in seinem Gedicht "Die unmögliche Tatsache", in dem sich ein gewisser Palmström als Opfer eines sozusagen unautorisierten Auto-Unfalls weigert zu sterben, formulierte, „weil nicht sein kann, was nicht sein darf".
Es darf angenommen werden, dass diesem anti-aufklärerischen Wahnsinn Methode innewohnt, womöglich im Zusammenhang mit Gewinnsteigerungen und Machtoptionen, die sich jedweder Kontrolle und Regulation entziehen wollen.
Da hilft es, wenn der eigenen, immer wieder bis ins Extremste polarisierten Wählerschaft erfolgreich weisgemacht wurde, dass alle nicht genehmen Medien lügen, alle nicht genehme Wissenschaft "Eliten-Interesse" abbilde usw., so dass selber frei von der Leber weg gelogen werden kann, was das Zeug hält, ohne dass Faktenchecker oder derlei noch Gehör finden.
Das Konzept dazu hat jemand in Anlehnung an das spekulativen Erzähl-Genre von "Alternate History" in Romanen, Filmen, Serien usw. als "Alternate Present" bezeichnet. Somit erleben wir quasi gerade die Steigerung oder eben die Folge der Idee von "alternativen Fakten" aus der ersten Trump-Regierungszeit.
Dabei spielt auch die Vorstellung eine Rolle, durch Algorithmen, also quasi "per Knopfdruck" den Lauf der Welt bestimmen zu können, wie es die DOGE/Musk Maßnahmen oder so eine "Liste der ungenehmen Worte" (s.o.) eben tun.
Ob dies Allmachtsfantasien bleiben oder schon Allmachtsmethoden sind, ist Teil der realen Entwicklung, in der wir uns gerade befinden.

Aber jetzt weiter im Text, heute mit diesen Mitschnitten:
Schwer empfohlene Album-Veröffentlichungen aus dem März (und dank des verschleppten Aussands auch schon von einer Handvoll Alben aus dem April)
Sketches For Spring: Die aktuelle Wochenkarte der Canteen auf ByteFM
Rückkehr zum Y2K: Die (im Laufe des Jahres noch weiter wachsende) Playlist zum Bezugspunkt des diesjährigen "School Of Rock"-Mixtape Formats
Diverse Jubiläen, RIPs und derlei: Wim Wenders' "Falsche Bewegung", T-Bone Walker, "Blackboard Jungle", France Gall/Serge Gainsbourgs "Poupée de cire, poupée de son", Bob Dylans "Bringing It All Back Home", Todestag von Chris Cross (Ultravox!), die "Tommy" (The Who) Premiere vor 50 Jahren, der jeweils erste Todestag von John Sinclair und Keith Leblanc, der 75. Todestag von Kurt Weill, 40 Jahre Max Headroom und Hits aus dem März 1990.

Schwer empfohlene Album-Veröffentlichungen aus dem März und frühen April
In no particular order: 27 Alben, die es mir angetan haben, jeweils mit Link zum Reinhören und eingebettetem Video (wenn vorhanden).
Kraut und Rüben-Sammlung für die verschiedenen Anlässe, Geschmäcker und Stimmungen. Ich mag das.
Das ist also alles schön und gut, darum geht bitte trotzdem auch noch hin und kauft etwas von dem Zeug (oder Tickets für die entsprechenden Konzerte, oder T-Shirts oder wasauchimmer), wenn es euch gefällt. Von Streams und Video-Abrufen kann bekanntlich niemand leben.
Und, Pro-Tipp, große Internet-Plattformen sind nicht der beste Weg, seinen Kulturkonsum zu betreiben, da verdienen die Künstler eher wenig dran und die Falschen (Strukturen, Besitzer) auch noch daran mit.
So ein Besuch im lokalen Fachhandel ist doch auch was Feines.
Vielleicht die beste deutsche Band zur Zeit
https://deryayildirimandgrupsimsek.bandcamp.com/album/yar-n-yoksa (Öffnet in neuem Fenster)Derya Yıldırım & Grup Şimşek - Yarın Yoksa (Big Crown)
Produziert in den New Yorker Studios von Big Crown / El Michels Affair-Boss Leon Michels und entsprechend direkt auf analogem Band festgehalten, also kein digital beliebig nachbearbeitbares Material. Das passt zu dieser unglaublich musikalischen und spielfreudigen Band und zum immer etwas rückwärts gewandten, nostalgisch tief im anatolischen Rock verwurzelten Sound von Derya Yıldırım & Co., mit dem die Band trotzdem komplett gegenwärtig klingt.
Sanfte Überzeugung
https://charliecunningham.bandcamp.com/album/in-light (Öffnet in neuem Fenster)Charlie Cunningham - In Light (Humming)
Was es braucht, um in einem überlaufenen Genre wie Indie-Folk aus der Masse herauszustechen: Eine wirklich schöne Stimme, die genau so eingesetzt wird, wie es Stück und Stimmung gerade brauchen und eine Produktion, die das Nötigste macht und nichts Überflüssiges darüber kleistert. Das vierte Album des englischen Indie-Folk Künstlers ist schlicht, ergreifend und mit jener Art Melancholie ausgestattet, die sich vermutlich am Besten alleine oder zu zweit geniessen lässt. Gefühlt unbearbeitete Tracks, die dann doch hier und da mit feinen Details aufwarten.
Slow Motion Liebe
https://materialmusicgroup.bandcamp.com/album/a-love-from-outer-space (Öffnet in neuem Fenster)Various Artists - A Love From Outer Space: A Compilation (compiled by Sean Johnston) (Material Music)
Die titelgebende Clubnacht ALFOS, auf die diese Compilation zurückgeht, entstand 2010, als die beiden Freunde Sean Johnston und Andrew Weatherall zunächst in London eine Veranstaltung ins Leben riefen, die klein und fein (Pub Größe) und auf Musik unter der 122 BpM Schallmauer ausgerichtet war. Im Mittelpunkt: Epische Sets, die nach kurzer Zeit hypnotische Wirkung erzeugten und in der klassisch Weatherall'schen Grauzone zwischen Rave, Techno und Indie Dance stattfanden. Das Konzept zog und Johnston betreibt heute noch ALFOS Nächte, fünf Jahre nach Weatheralls Tod. Mir dieser Compilation lässt sich das Ganze bestens nachvollziehen.
Chop, Rinse, Repeat: Temporeiche Chicago Sounds
https://djelmoe.bandcamp.com/album/battle-zone (Öffnet in neuem Fenster)Elmoe - Battle Zone (Planet Mu)
Es braucht natürlich eine gewisse Toleranz für extrem repetitive Samples, Loops und das Finden eines grundsätzlichen Vergnügens an maschineller Musik, um Footwork zu geniessen. Wer durch die Schule der IDM Kopfnuss-Techno-Frickler wie Aphex Twin, Autechre oder µ-ziq gegangen ist, dürfte einigermassen gut darauf vorbereitet sein. "Battle Zone" ist jedenfalls eine auf Albumlänge unterhaltende Dosis dieses Subgenres der Chicago House Welt.
Poetisches Gesamtkunstwerk
https://lonnieholley.bandcamp.com/album/tonky (Öffnet in neuem Fenster)Lonnie Holley - Tonky (Jagjaguwar)
Ein Protest der Liebe: Großartiges Album des bald 75jährigen Künstlers, der sozusagen nur nebenbei Musik veröffentlicht. Eigentlich ist Holley als bildender Künstler bekannt und sein Album ist ähnlich immersiv wie seine "Environments". Während er für seine Skulpturen und Installationen oft auf gefundene Objekte zurückgreift, ist "Tonky" mit dem irischen Produzenten Jacknife Lee entstanden, der ein wunderbar maßgeschneidertes modernes Klanggerüst um Holleys jazz-poetische Vocals arrangiert, an dem diverse Feature-Gäste wie Saul Williams, Mary Lattimore, Alabaster DePlume oder Angel Bat Dawid mitwirken.
Kölner Kammermusik-Kunstpop
https://anniebloch.bandcamp.com/album/i-depend-album (Öffnet in neuem Fenster)Annie Bloch - I Depend (Papercup)
Hier stimmt alles: Von der schönen, wenn auch eher irreführenden Berufsbeschreibung "experimentelle Organistin" (beschreibt einen von vielen künstlerischen Aspekten Annie Blochs, die z.B. auch als Komponistin für Bühnenstücke arbeitet, wobei auf "I Depend" keine Orgel gespielt wird), über die kunstvollen Arrangements für ein zehnköpfiges Ensemble aus Jazz- und Klassik-Cracks (die hier Gitarre-spielende und singende Künstlerin plus eine Bass-Schlagzeug-Gitarre Rhythmusggruppe sowie Klarinette, Posaune, Horn, Flügelhorn, Cello und Geige) und das introvertiert-lyrische Songmaterial, das eine Art von kultiviertem Indie-Folk liefert. Erzeugt diese berührende Stimmung zwischen Melancholie und Euphorie.
Elektroträume in der ehemaligen Mauerstadt
https://guenerkuenier.bandcamp.com/album/yaramaz (Öffnet in neuem Fenster)Güner Künier - Yaramaz (Flirt 99)
Von Izmir über Flensburg nach Berlin führte ihr Weg die Minimal/Synth-Wave/Post-Punk Künstlerin Güner Künier. Der Spirit ehedem Anfang /Mitte der 1980er meist in High-End Studio-Technologie entstandener Musik wie von Arthur Baker, Tackhead oder aber auch Suicide übertragen in ein gegenwärtiges Lo-Fi Konzept mit türkisch-englischen Vocals. Realität irgendwo zwischen EBM und BVG.
Südlondon Noir
https://samakpro.bandcamp.com/album/evenfall (Öffnet in neuem Fenster)Sam Akpro - Evenfall (Anti-)
Brutal-gutes Debut, voll mit der lässigsten Art Post-Punk Blues unter dem düster verhangenen Himmel Londons. Entspannt treibend, schön basslastig, malt mit düster depressiven Bildern ein soulvolles Großstadtpanorama.
Analoge Zeitreise in die BRD
https://bureaub.bandcamp.com/album/krautrock-eruption-an-introduction-to-german-electronic-music-1970-1980 (Öffnet in neuem Fenster)Various Artists - Krautrock Eruption: An Introduction To German Electronic Music 1970-1980 (Bureau B)
Anläßlich der Veröffentlichung einer englischen Übersetzung von Wolfgang Seidels Buch "Wir müssen hier raus" als "Krautrock Eruption" erscheint die gleichnamige Zusammenstellung. Als drummendes Gründungsmitglied von Ton, Steine, Scherben und späterer elektronischer Musiker (Eruption, Populäre Mechanik u.a.) ist Seidel Zeitzeuge, Protagonist und Kenner der beschriebenen Szenen. Der Definitionsrahmen von Krautrock ist auf der Compilation-zum-Buch primär fokussiert auf ein fast schon post-krautiges Zeitfenster von 1978 bis 1980 (mit zwei früh-1970er Ausreißern von Faust und Cluster) und schlägt eine synthetisch-elektronische Brücke zwischen der experimentellen Welt von Kraut-Pionieren wie Seidels-Weggefährten Conrad Schnitzler, Dieter Moebius oder Hans-Joachim Roedelius und oft nicht wirklich der Kraut-Welt zugerechneten Acts wie Pyrolator oder Asmus Tietchens. Experimentell, psychedelisch, abstrakt und schön.
Brand New Retro
https://greenteapeng.bandcamp.com/album/tell-dem-its-sunny (Öffnet in neuem Fenster)Greentea Peng - Tell Dem It’s Sunny (Greentea Peng)
Starke Anteile von Downtempo und Trip Hop aus den 1990ern machen aus der neuen Platte von Aria Wells alias Greentea Peng einen déjà vu Ritt in eine Zeit, als die 30jährige Londonerin gerade mal geboren wurde. Eine Rebirth of Cool 2.025 wenn man so will.
Gestauchter, verhallter Techno-Bass
https://hayescollective.bandcamp.com/album/casa (Öffnet in neuem Fenster)Nørbak - Casa (Hayes)
Die Gattung "Gelungenes Techno-Album" bleibt eine sehr seltene Spezies. Umso schöner, wenn alle paar Monate mal ein Exemplar auftaucht. Der portugiesische Produzent und DJ Artur Moreira hat unter seinem Künstlernamen Nørbak mir "Casa" ein Album veröffentlicht, das perfekt die Waage hält zwischen harten treibenden Beats und bösen Tiefbässen für den Körper und einem Arrangement minimalistisch aber gefühlvoll gesetzter Klangereignisse für den Kopf. Quasi universell einsetzbar, ob nun im Club, beim Outdoor Rave oder zuhause.
Kammer-Grunge
https://soundcloud.com/streamcleopatrick/sets/fake-moon-3# (Öffnet in neuem Fenster)Cleopatrick - Fake Moon (Nowhere Special)
Zurückhaltend verzerrte Gitarren untermalen melancholisch-nachdenkliche Songs, die Produktion ruft Erinnerungen an 1990er Beck, DC Basehead & Co. Alternative Sounds hervor, der angegrungte Sound die College Radios von ehedem. In Ontario nichts wirklich Neues, aber irgendwie schön.
Songwriter-Balsam aus den Bergen
https://hannahcohen.bandcamp.com/album/earthstar-mountain (Öffnet in neuem Fenster)Hannah Cohen - Earthstar Mountain (Bella Union)
Die Catskill Mountains sind ein Fluchtort der amerikanischen Ostküste. Wandern, Klettern, Skifahren und solche Dinge kann man da tun, inmitten schöner Natur. Keine drei Stunden Autofahrt entfernt von New York und doch ganz weit weg. Hannah Cohen, deren letztes Album "Welcome Home", ihr drittes, 2019 erschien, hat vor Ort über die letzten Jahre mit dem Produzenten und Partner Sam Evian die Flying Cloud Studios aufgebaut, wo zuletzt u.a. Big Thief, Kate Bollinger und Blonde Redhead aufgenommen haben. Ihr "Earthstar Mountain" ist ein leichtfüssiges, wunderbares Songwriter Album, das die erholsamen Qualitäten der Region und das familiär bedingt von Poesie und Jazz durchwirkte Talent der ursrpünglich aus Kalifornien stammenden Hannah Cohen greifbar machen.
New York State of Jazz
https://soundcloud.com/nels-cline/sets/consentrik-quartet (Öffnet in neuem Fenster)Nels Cline - Consentrik Quartet (Blue Note)
Seit über 15 Jahren lebt der ursprünglich aus Los Angeles stammende Gitarrist Nels Cline in New York. In seinem bekannteren Musikerdasein ist er Gitarrist bei der Band Wilco. Nebenher ist er inzwischen tief in der Impro- und Jazzszene seiner Wahlheimat verankert. Mit der "Consentrik Quartet" Veröffentlichung zeigte er diese Seite nun zum wiederholten Mal beim Jazz-Label Blue Note. Diesmal hat er die Saxophonistin Ingrid Laubrock, Chris Lightcap am Bass und Tom Rainey an den Drums für zwölf großartige Tracks versammelt, auf denen die vier das Spektrum von Jazz-Sounds abbilden, das sich in den letzten Jahrzehnten in New York etablieren konnte: Vom Post-Rock und Noise Rock beeinflusst, von balladesk lakonisch und beinahe zart bis krachend und fast aggressiv.
Seoul-Musik: From Disco To Tokyo
https://hansnieswandt.bandcamp.com/album/fluoreszent (Öffnet in neuem Fenster)Hans Nieswandt - Fluoreszent (Bureau B)
Damit war nicht zu rechnen: Seine kürzlich beendete Zeit in Südkorea hat bei der neuen Hans Nieswandt Platte nicht etwa zu einem Werk voller K-Pop beeinflusstem Disco-House geführt. Stattdessen sind Teile des neuen Albums laut Info gar Darkwave beinflusst und der diesmal selber (elektronisch stark verfremdet) singende Nieswandt (mittlerweile nach Japan weitergezogen) klingt dann tatsächlich schon mal ("The Wheels Of Love") etwas wie ein freundlicherer Andrew Eldritch im Harmonizer. Im Gesamt-Ergebnis ist ein Sound entstanden, der zwischen Kosmischer Disco und kosmopolitischem Pop vermittelt, klassische Nieswandt/Whirlpool-Productions-Party-Momente inklusive.
British Designer-Kraut
https://snappedankles.bandcamp.com/album/hard-times-furious-dancing (Öffnet in neuem Fenster)Snapped Ankles - Hard Times Furious Dancing (The Leaf Label)
Neue Musik von den geheimnisvoll tuenden Briten, die uns ihre Gesichter immer noch nicht zeigen. Aber wer in seinem Video einen KI-generierten Diskurs zwischen Conny Plank, Brian Eno und Mark Fisher über die Ethik von KI-generierter Musik führen lässt, dürfte die Aufmerksamkeit der Menschen erlangen, die wissen, wer diese drei sind. Solche und alle anderen brauchen dann nur noch eine Vorliebe für Motorik-Beats und einen gewissen The-Fall-Einfluss, um sich dem neuen Snapped Ankles Album öffnen zu können.
"Ein sozio-geografischer Trip durch die innere Sierra"
https://grahamreynoldsmusic.bandcamp.com/album/mountain (Öffnet in neuem Fenster)Graham Reynolds - Mountain (Fire)
"Alt-Classical" kannte ich auch noch nicht als Genre. Macht aber Sinn für die Musik, einen dynamisch-narrativen Mix aus orchestralen Passagen, quasi Ambient Momenten, Improvisiertem und mehr, von Graham Reynolds. Der ist seit 20 Jahren außerhalb Austin, Texas primär als Soundtrack-Komponist für Richard Linklater ("A Scanner Darkly", "Before Midnight") bekannt. In Austin ist die Golden Hornet Organisation ("A Composer Laboratory for the 21st Century") ein wichtiges Projekt von Reynolds. "Mountain" ist die erste Solo-Platte des Musikers, der in den letzten über 25 Jahren allerdings bereits mit der Band The Golden Arm Trio etliche Alben veröffentlicht hat.
Minimalistische Spiegelbilder
https://transversales.bandcamp.com/album/mirages-ii (Öffnet in neuem Fenster)JB Dunckel & Jonathan Fitoussi - Mirage II (Prototyp)
Wie ein YouTube Kommentar es ausdrückt: "Kinda like 'Air meets Neu!'". Wobei Airs Jean-Benoît Dunckel hier keinen Krautrock-Drúmmer à la Klaus Dinger trifft, sondern einen französischen Komponisten und Elektronik-Musiker, der gerade erst im November ein eigenes Album "Mobilis" mit Musik für eine Modehaus-finanzierte Installation-zu-einem-Buch herausgebracht hat.
Leichte Klänge, hohe Güte
https://wewantsounds.bandcamp.com/album/tokyo-bliss-japanese-funk-boogie-city-pop-from-king-records-1974-88 (Öffnet in neuem Fenster)Various Artists - DJ Notoya presents Tokyo Bliss: Japanese Funk, Boogie & City Pop from King Records 1974-88 (WeWantSounds/Modulor)
Der Titel verrät das Offensichtliche: Wohl-sortierte Auswahl japanischer Studio-Perlen aus überwiegend prä-digitalen Zeiten für Freunde von leicht-gängigem Sound á la Yacht Rock oder eben City Pop. Besonderes Leckerli auf dieser bereits dritten Compilation von DJ Notoya: Buzz, die Band, in der Yoshinori Takahashi, später singender Drummer beim Yellow Magic Orchestra, zusammen mit seinem großen Bruder Nobuyuki Takahasi spielte.
Der unendliche Garten kaputter Schönheit
https://messesque.bandcamp.com/album/jay-marie-comfort-me (Öffnet in neuem Fenster)Mess Esque - Jay Marie, Comfort Me (Drag City)
Intim gehaltene, erwachsene Lo-Fi Platte, die persönlichen Verlust (die titelgebende Jay Marie ist die verstorbene Schwester von Sängerin Helen Franzmann, neben Multi-Instrumentalist Mick Turner der zweite Teil des australische Duos) sublimiert und in einer grob als Velvet-Underground-meets-Singer/Songwriter beschreibbaren Ästhetik verhandelt, bei der manchmal Spuren von Sonic Youth oder auch Mazzy Star erkennbar sind.
Jarrett (und Garbarek, Danielsson, Christensen) revisiteded
https://youtu.be/W6zgib3VqbA?feature=shar (Öffnet in neuem Fenster)Branford Marsalis Quartet - Belonging (Blue Note)
Ein Klassiker des ECM-Labels von 1974 in Neuauflage: "Belonging" war Keith Jarretts erste Aufnahme mit seiner europäischen Band rund um Jan Garbarek und wird hier vom Branford Marsalis Quartet spektakulär-beherzt neu interpretiert, so dass es nun zwei grundverschiedene High-End Performances von Jarrett-Hits wie "Spiral Dance" oder der von Steely Dan beim Titeltrack von "Gaucho" (1980) legendär (und justitiabel) "zitierten" Nummer "Long As You Know Living Yours" gibt.
Elektronische Fiktion
https://pyteca.bandcamp.com/album/bove-computerissima-pyt030 (Öffnet in neuem Fenster)Bove - Computerissima (Pyteca)
Digi-Art Konzeptalbum aus Italien: Vincenzo Pizzi spinnt aus seiner Faszination für Maschinen und deren Innenleben eine Fabel zwischen Software-Bildungsroman und Post-Vaporwave Mixtape.
Neues vom Planeten Kozalla
https://soundcloud.com/dj-koze-official/sets/music-can-hear-us (Öffnet in neuem Fenster)DJ Koze - Music Can Hear Us (Pampa)
Der Fixstern der Hamburger Gegenkultur, auch wenn der Lokalbezug nicht mehr überirdisch groß ist (Pannfisch intended): Koze goes outer Space und bleibt... ja was denn nun: Sonne, um die hier einiges kreist oder doch Mond, der mal näher, mal weiter weg um alles kreist, mal ganz nah dran, mal nur als Schatten zu sehen? Egal, Hauptsache im Orbit, läuft dann eh ab jetzt rauf und runter. DJ Album mit vielen Details und Kozes speziellem Balearic-Flavour, das irgendwie Flensburger-Förde-Sturheit, Hamburger-Hafentreppen-Privat-Anarchie und non-elitäres Hipster-Clubbing zwischen London und Ibiza unter einen Helm bringt.
Londoner Alternativ-Soul
https://oscarjerome.bandcamp.com/album/the-fork (Öffnet in neuem Fenster)Oscar Jerome - The Fork (New Soil)
Verhuschte Bossa Nova und 1980er Funk Zitate erweitern den Sound of London des jazzy Soul/Hip Hop Songwriters. Der ehemalige Kokoroko Gitarrist tritt hier eher als Songwriter denn als Solist auf. Herrlich verminderte Akkorde bringe blue notes wo sie hingehören, eine irgendwie heißkalte Temperatur wärmt Füße und Herz.
Keine Angst vor der Angst
https://anika.bandcamp.com/album/abyss (Öffnet in neuem Fenster)Anika - Abyss (Sacred Bones)
Im Herzen Wut und Trauer, in der Stimme Seele und Kälte, im Studio eine veritable Post-Punk Band. Will man den ewigen Nico-Vergleich bei Anika nochmal anbringen, dan klingt "Abyss" teilweise so, als wäre die Kölner Velvet-Underground-Eiskönigin mal in eine Session mit Echo&The Bunnymen ca. 1982 geraten. Aber in 2025. Wobei die Britin-in-Berlin Annika Henderson für ihr Anika Projekt eigentlich keine Fremdverweise mehr braucht. ”Abyss” ist ihre bislang beste Platte.
Staub auf den Ohren
https://thefunyears.bandcamp.com/album/baby-its-cold-inside-2025-remaster (Öffnet in neuem Fenster)The Fun Years - Baby, It's Cold Inside (Keplar)
Gerade, als die politische Lage einem den Genuss von Ambient Americana schwer macht, kommt diese Wiederveröffentlichung eines 2008er Releases von Ben Recht und Isaac Sparks ideal getimed daher. "Intriguing interrogations of ambient, drone, post-rock, and turntablism", wie es das Info will, präge die Musik der beiden als The Fun Years. Auch wenn das Material schon 17 Jahre alt ist, besser lässt sich die innere Leere vermutlich nicht vertonen, in der sich das pop-ästhetische Suchbild USA in meiner Seele derzeit zu orientieren versucht. Narkose Rock für physisch unbewegte Momente im Tumult oder so. In jedem Fall Top-Level Drohnung eines Duos in der schönen Besetzung Bariton Gitarre und Plattenspieler.
Alt-Fluxus
https://karlrecords.bandcamp.com/album/selected-recordings-from-grapefruit (Öffnet in neuem Fenster)The Great Learning Orchestra - Selected Recordings From "Grapefruit" By Yoko Ono (Karlrecords)
That’s art, that’s music: Das schwedische Ensemble/Musiker-Netzwerk nimmt sich Yoko Onos Konzeptkunst-Instruktionen von 1964 vor.
Sketches For Spring: Die Wochenkarte der Canteen (ByteFM) vom 31.03.:

Darf es auch mal wieder einfach nur etwas Schönes sein? So als Kontemplation? Die beginnende Kirschblüte zum Beispiel oder andere Erinnerungen daran, was das Leben eigentlich lebenswert macht, statt der ganzen Negativität, die sich permanent nach vorne schieben will. Ist schon klar, magisches Denken hilft nicht gegen Faschismus, aber Kraft tanken muss auch mal sein.
Sakura mit Apfel bzw. Weißdorn, wir sind ja in Norddeutschland. Trotzdem diese Woche ein bisschen mono no aware in Stereo mit Neuem u.a. von Lael Neale, Deradoorian, The Moonlandingz, Anoushka Shankar, Maya Delilah, Tortoise und Little Simz.
Now Always Fades - Close To Greatness ("Into The Doldrums", Northern Underground)
Miki Berenyi Trio - 8th Deadly Sin ("Tripla", Bella Union)
Lael Neale - Down On The Freeway ("Altogether Stranger", Sub Pop)
Millhope - Green Yellow Yellow ("Truth And Dare", Hey!blau)
JB Dunckel & Jonathan Fitoussi - Iris ("Mirages 2", Prototyp)
Jonathan Fitoussi - Vendanges Cosmiques ("Mobilis", Transversales)
Phoebe Rings - Drifting ("Aseurai", Carpark)
Deradoorian - Any Other World ("Ready For Heaven", Fire)
Lonnie Holley - That’s Not Art, That’s Not Music ("Tonky", Jagjaguwar)
Ralph Schuckett & Richard Butler - Alabama Song ("Lost In The Stars: The Music Of Kurt Weill", A&M)
The Moonlandingz - Roustabout (feat. Nadine Shah) ("No Rocket Required", Transgressive)
Hilke - Slack ("Am I Angry Enough?", Red Brick)
Anoushka Shankar - Daybreak ("Chapter III: We Return To Light", Leiter)
Maya Delilah - Jeffrey ("The Long Way Round", Blue Note)
Riechmann - Himmelblau (Bureau B Edit) ("Krautrock Eruption – An Introduction To German Electronic Music 1970-1980", Bureau B)
A. K. Yeboah & K. K.'s No. 2 Band - Make Me Know My Position ("The Best Of Asona Records", BBE)
Tortoise - Oganesson ("Oganesson", International Anthem/Nonesuch)
Butcher Brown - Seagulls ("Letters From The Atlantic", Concord Jazz)
Greentea Peng - Glory ("Tell Dem It’s Sunny", Greentea Peng)
Little Simz - Free ("Lotus", Little Simz)
Cleo Sol - Life Will Be ("Gold", Forever Living Originals)
Annahstasia- Villain ("Tether", Drink Sum Wtr)
Michi - Memmy (Recuerdo) (feat. Gabriel Da Rosa) ("Dirty Talk", Stones Throw)
Dave Harrington - Cafecito Dub ("Across The Horizon Vol. 1", Northern Spy)
Wiederholung der Sendung vom 31.03. „on air“ (also live im Stream für alle und via UKW in Hamburg bzw. via DAB+ in Hamburg und Berlin) wie immer Sonntag um 15:00 Uhr und wie alle Sendungen bei ByteFM für „Freunde von ByteFM“ = Mitglieder im Förderverein des Senders (Öffnet in neuem Fenster) dort im Archiv abrufbar.
Das gilt natürlich auch für die Canteens der letzten Wochen, die mangels passenden Newsletter-Aussands hier nur erwähnt, aber nicht per Playlist vorgestellt seien:
10.03. Sonnig Youth (Öffnet in neuem Fenster)
Blasinstrumente mit Heilungschancen, japanischer Jazz-Funk aus der Zeitmaschine, Manchester-Nostalgien, psychedelischer Rock und Folk, Roy Ayers (RIP), Brian Wilson (lebt noch!), Marshall Allen (ist älter als alle anderen) und sonstig aktuelle neue Musik.
17.03.: Blue Springtime (Öffnet in neuem Fenster)
Trotz der bleiernen Schwere, die ein Blick in die Nachrichten derzeit meistens auslöst, federt der Schritt dann ja doch wieder, kaum dass die Sonne mal das Thermometer über zehn Grad erwärmt. Passend tauchen von überall her beschwingte Tracks auf, die auch nichts dafür können.
24.03.: Traum & Deutung (Öffnet in neuem Fenster)
Psych-analytische Popmusik mit unterbewusster Widerstandshaltung. So unterbewusst, dass man die Playlist dieser Sendung für eine ganz reguläre Frühjahrs-Neuheiten-Parade halten könnte.
Rückkehr zum Y2K: Die (im Laufe des Jahres noch weiter wachsende) Playlist zum Bezugspunkt des diesjährigen "School Of Rock"-Mixtape Formats
Neben der wöchentlichen Canteen darf ich bei ByteFM ja noch eine weitere Sendung produzieren: Alle vier Wochen läuft die “School Of Rock” (Öffnet in neuem Fenster).
Der Name ist eher einer launigen Referenz der vermeintlichen Ähnlichkeit meinerseits auf manchen Fotos mit Schauspieler Jack Black geschuldet, als einer Vorliebe für Rockmusik (was auch immer alles darunter genau zu verstehen ist).
Aber mir schien der “pop-didaktische” Ansatz spannend: “Monografien in Stereo - Eine Stunde, ein Artist. Meistens jedenfalls“, hab ich das mal beschrieben.
Nur, um festzustellen, dass auf dieser Spur schnell die Falle der Kanon-Perpetuierung zuschlägt. Es sind schnell immer wieder dieselben Bands, Künstler, Alben und dabei immer wieder dieselben alten Muster: Die ca. 75 Jahre Rockgeschichte bilden, erzählt man sie anhand der eigenen Musiksozialisation oder auch der gängigen Popkultur-Historien, ein irgendwie scheinbar fast rein männliches, sehr anglo-amerikanisch geprägtes, von Geniekult durchdrungenes Geschehen.
Um nun nicht noch ein Autor zu sein, der immer wieder die gleichen Geschichten von ein bis fünf ach-so-genialen jungen Männern erzählt, die irgendwann irgendwo auszogen, die Welt das Rocken zu lehren (so sehr einzelne davon auch meinen Musikgeschmack widerspiegeln und von mir verehrt werden), habe ich die Reihe seit einiger Zeit überwiegend weiblichen Acts gewidmet.
Das bringt mit sich, dass die Quellenlage oft eher mies ist. Gerade in Sachen Soul & Co. aber auch sonst wurde/wird die Rolle der weiblichen Acts z.B. in den Standard-Büchern teils sehr nebensächlich, wenn überhaupt verhandelt. Der Blick in den Index mancher Referenzwerke offenbart hier regelmässig Lücken.
Sobald man das es-gibt-doch-Joni-Mitchell-Debbie-Harry-Nina-Simone-etc.-Vorzeigelager der gefühlt zehn weiblichen Superstars verlässt, wird die Recherche-Luft gerne dünn.
Entsprechend macht so eine Sendung über Sylvia Robinson, Lene Lovich, Marlena Shaw oder Virginia Astley (um mal ein paar Beispiele aus den letzten Jahren zu nennen) einige Arbeit.
Arbeit, die nicht immer drin ist (Fun-Not-Fun Fact: Sendungen bei ByteFM haben nicht das Budget, um davon den Lebensunterhalt zu bestreiten).
Also bestreite ich eine Teil der School-Of-Rock-Sendungen mit dem, was ich ein Mixtape-Format nenne: Mit weniger Deep Dive Recherche und mehr Schöpfen aus dem eigenen Fundus an Erinnerung und Repertoire.
In den letzten Jahren gab es darum bereits die den jeweiligen Jahrgängen 1983 und 1974 gewidmeten Reihen “83 ’til Infinity” und “Nur ‘74 Stunden”.
Das School-Of-Rock-Mixtape-Format für 2025 ist eine Zeitmaschine in die Jahrtausendwende und heißt “Rückkehr zum Y2K”. Das Jahr 2000 als Spiegel der Gegenwart: Funktioniert musikalisch besser als im Rest der Betrachtung. Während sich die Welt an sich seit damals stark verändert zu haben scheint, klingen viel tolle Sachen von damals auch ein Vierteljahrhundert (!) nach Veröffentlichung noch frisch.
Erste Vorlage waren die Sounds der Downtempo- und Turntablisten-Szene, die manchmal auch als Trip-Hop durchgegangen sind. Samples, Beats und großartige Sound-Ideen in 60 Minuten mit einigen der damals wie heute relevantesten Namen: DJ Shadow, Thievery Corporation, Tosca, Amon Tobin und mehr (Öffnet in neuem Fenster).
Teil zwei habe ich dem gewidmet, was ich Post-Britpop genant habe: Oasis versus Blur, Suede, The Verve, Pulp - all das war zur Jahrtausendwende mehr oder weniger abgehandelt, die große Ära des Britpop vorbei. In den Charts regierten wieder Mainstream-Pop-Klänge und der Union Jack war längst nicht mehr edgy, eher nur noch spice-girly und etwas last century. Doch natürlich lieferten die Künstler*innen aus Großbritannien auch im Jahr 2000 viel tolle Musik, zum Beispiel von Saint Etienne, Goldfrapp, PJ Harvey oder Radiohead (Öffnet in neuem Fenster).
Aus der Musik dieser Sendungen habe ich eine Playlist angefangen, die ich im Laufe des Jahres weiter vervollständigen werde.
In der kommenden Woche steht dann die nächste School of Rock mit Blick auf das Jahr 2000 an. Dann im Blick: Die Soulquarians, also das Kollektiv um D’Angelo, J Dilla, James Poyser und Questlove, die damals in den zuvor verwaisten New Yorker Electric Ladyland Studios von Jimi Hendrix Stunden der vielleicht besten Neo-Soul Musik aller Zeiten produziert haben und den Spirit von Jimi, Sly Stone, Marvin Gaye und Prince in den Hip Hop der Neuzeit brachten.
Sobald die Sendung erstmalig gelaufen ist (Donnerstag 10.04., 17:00-18:00 Uhr), sehe ich zu, dass ich die Playlist erweitere.
Und sonst?
German Schwermut im Kino: Am 14.03.1975 feiert "Falsche Bewegung" Premiere, Wim Wenders covert Goethe - "Wilhelm Meisters Lehrjahre" als neuer deutscher Autorenfilm. Teil zwei von Wenders' "Road Movie"-Trilogie (Zwischen "Alice in den Städten", 1974 und "Im Lauf der Zeit", 1976), allesamt mit Rüdiger Vogler als Hauptdarsteller. In diesem Fall mit zusätzlichen Rollen u.a. durch Hans-Christian Blech, Hanna Schygulla und mit einer 13-jährigen Nastassja Kinski noch vor ihrem "Reifezeugnis"-Tatort. Knapp zehn Jahre später würden Wenders und Kinski wieder zusammen drehen und "Paris, Texas" als Höhepunkt beider Filmografien entstehen.
https://youtu.be/Ji8pxpAEYX8?feature=shared (Öffnet in neuem Fenster)Die Woche im Blues: "They call it stormy Monday, but Tuesday's just as bad; Wednesday's worse, and Thursday's also sad; Yes, the eagle flies on Friday, and Saturday I go out to play; Sunday I go to church, then I kneel down and pray". Am 16.03.1975 jährte sich der Todestag von T-Bone Walker, des Autoren dieser Zeilen ("Call It Stormy Monday"), zum 50. Mal. Der Blues-Sänger und Songschreiber war vor allem als Gitarrist einflussreich. Ab 1940 benutzte er eine elektrische Gitarre und wurde von keinen Geringeren als u.a. Chuck Berry, B.B. King, Jimi Hendrix und Steve Miller als Vorbild genannt. Der 1910 geborene Musiker war Showman und etablierte Routinen wie das Spielen hinter dem Rücken oder mit den Zähnen, während er stets zusammen mit Top-Musikern auftrat.
1962 war Walker Teil der ersten "American Folk Blues Festival"-Tournee, bei der die Frankfurter Veranstalter Horst Lippmann und Fritz Frau eine Riege in ihrer US-Heimat of nur lokal bekannter Blues-Pioniere nach Europa holten und damit nicht zuletzt die zukünftige britische Rock-Szene nachhaltig inspirierten. Mick Jagger, Keith Richards, Brian Jones, Jimmy Page, Eric Burdon, Eric Clapton und Steve Winwood zählten zum begeisterten Publikum dieser Tour, die somit Einfluss auf die sogenannte British Invasion nahm, mit der britische Musiker den Amerikanern wenig später ihre eigene Musik überaus erfolgreich neu verkaufen würden.
Das Festival-Konzept von Lippmann und Rau basierte auf einer vom Jazzkritiker Joachim-Ernst Berendt 1960 in Chicago veranstalteten Session. Als Redakteur beim Südwestfunk nahm Berendt das Line Up der legendären ersten "American Folk Blues Festival"-Tournee 1962 im Kurhaus Baden-Baden im Rahmen einer nachgestellten Blues-Party auf. Neben T-Bone Walker sind u.a. Helen Humes, Memphis Slim, Willie Dixon und Terry McGhee zu hören.
https://youtu.be/VYGGO5pyUjw?feature=shared (Öffnet in neuem Fenster)Hier noch mehr T-Bone Walker, diesmal aus dem Jahr 1966 im Rahmen einer "Jazz at the Philharmonic"-Konzerts in London, neben Jazz-Musikern wie Dizzy Gillespie, Teddy Wilson, Louis Bellson, Clark Terry und Coleman Hawkins.
https://youtu.be/pFqK6PBq-hA?feature=shared (Öffnet in neuem Fenster)Teenage Terror als Filmhit und Beginn der Rock'n Roll Ära: Am 19.03.1955 wird "Blackboard Jungle" in New York uraufgeführt. Im Vorspann ertönt „Rock Around the Clock“ von Bill Haley & His Comets, der erste Einsatz eines Rock'n'Roll-Songs in einem Mainstream-Film. Der Film machte nicht nur den Titeltrack zu Mega-Hit sondern war auch der Durchbruch für den Schauspieler Sidney Poitier, der 1964 als erster POC-Schauspieler einen Oscar gewinnen konnte.
Der 1955er Film war ein damals als ultra-brutal angesehener Film über Jugendgewalt an Schulen. Der deutsche Titel "Die Saat der Gewalt" spiegelt das skandal-trächtige Sujet des aus heutiger Sicht eher harmlosen Streifens.
Noch 1973 liefert der Film den Titel eines der einflussreichsten jamaikanischen Alben der Musikgeschichte, Lee 'Scratch' Perrys Produktion von The Upsetters' "Blackboard Jungle Dub". Hier ein paar Einschätzungen von DJ Spooky zur Bedeutung dieser Platte:
https://youtu.be/48XrdG_fT8A?feature=shared (Öffnet in neuem Fenster)Am 20.03.1965 gewann die 17-jährige France Gall, als luxemburgische Kandidatin angetreten, die zehnte Ausgabe des damals "Grand Prix Eurovision de la Chanson" genannten Musikwettbewerbs in Neapel, mit dem Titel "Poupée de cire, poupée de son", den Serge Gainsbourg geschrieben hatte. Die Positionierung Gainsbourgs als buchstäblicher "Strippenzieher" wird Teil seiner Macho-Legende als französisches Pop-Genie.
https://youtu.be/JLMuZ517jfk?feature=shared (Öffnet in neuem Fenster)Dass am 22.03.1965 das Bob Dylan Album "Bringing It All Back Home" erschienen ist, haben euch ja meine Kollegen landauf landab hinlänglich in Erinnerung gerufen. Trotzdem auch hier nochmal eine der einflussreichen Nummern das Album, aber wenigstens in einer "alternate version" des berühmten D.A. Pennebaker Videos.
https://youtu.be/2Mb3CoWwNyY?feature=shared (Öffnet in neuem Fenster)Am 25.03. jährte sich der Todestag von Chris Cross zum ersten Mal. Der britische Musiker ist vor allem als Bassist der Band Ultravox bekannt geworden. Als Pop-Snob bevorzuge ich natürlich fast ausschließlich die Früh-Phase dieser Band mit John Foxx an den Vocals und dem der deutschen Krautrock Band Neu! geschuldeten Ausrufezeichen im Namen.
Hier also Ultravox! mit Chris Cross und “I Won’t Play Your Game” 1977:
https://youtu.be/KSa2X_3CpbA?feature=shared (Öffnet in neuem Fenster)Und mit “Slow Motion” & “Hiroshima Mon Amour” 1978:
https://youtu.be/iolAiF77DNg?feature=shared (Öffnet in neuem Fenster)Ich gebe zu, die Idee von Musicals oder eben auch "Rock Opern" erzeugt bei mir einen eher unangenehmen Geschmack im Mund. Da gibt es wenig, das ich mir antun mag und als Ganzes ist auch The Whos "Tommy" da keine Ausnahme. Dennoch ist der schön überproduzierte "Tommy"-Film von Ken Russell natürlich ein prägender Eindruck auf mein junges Ich gewesen, und wenn es nur die Vorschauen im Programmkino meiner Kindheit und Jugend (Magazin, Fiefstücken, Hamburg) waren.
Am 26.03.1975 feierte der Film (u.a. mit Oliver Reed und unüberseh- und hörbar Tina Turner und Elton John, sowie natürlich The Who selber) in London Premiere.
Zur Erinnerung hier nochmal die "Acid Queen"
https://youtu.be/Gbzph7d5V80?feature=shared (Öffnet in neuem Fenster)Und der "Pinball Wizard"
https://youtu.be/NJbsTKoNtd0?feature=shared (Öffnet in neuem Fenster)Am 02.04. jährt sich der Todestag von John Sinclair zum ersten Mal. Als Gründer der White Panthers, Aktivist und Manager der Band MC5 in ihren Anfangstagen ist John Sinclair eine der Ikonen der us-amerikanischen Counterculture der 1960er und 1970er. Hier ein gut zusammenfassender Nachruf auf ihn aus der New York Times.
https://www.nytimes.com/2024/04/04/us/john-sinclair-dead.html (Öffnet in neuem Fenster)Und hier ein Live-Mitschnitt von MC5 in Detroit aus der Zeit kurz nach dem Ende der Phase, in der sie von Sinclair gemanaged wurden, der damals auch den jungen Iggy Pop mit Ratschlägen unterstützte.
https://youtu.be/74jS3dW0DtE?feature=shared (Öffnet in neuem Fenster)Am 03.04. jährt sich der Todestag von Kurt Weill zum 75. Mal. Weill ist der große Crossover-Komponist der ersten Hälfte des 20.Jahrhunderts, dessen Nichtbeachtung der vermeintlichen Grenzen von U(nterhaltung) und E(rnster Kunst), die in dieser Trennung eh nur in der deutschen Kultur behauptet wird, ihn davor bewahrt haben, hierzulande die ganz große Anerkennung zu bekommen. Dafür sind Stücke von ihm zu Jazz Standards geworden.
Hier eine Doku aus dem Jahr 2011:
https://youtu.be/GOKGoZRHjPw?feature=shared (Öffnet in neuem Fenster)Und hier eine Aufnahme von zwei Weill-Klassikern mit seiner Witwe, der großartigen Lotte Lenya, die wesentlichen Anteil an seiner Karriere und der Würdigung seines Andenkens hatte. Mit einer Einführung durch den amerikanischen Komponisten Aaron Copland.
https://youtu.be/1quSB7DceUw?feature=shared (Öffnet in neuem Fenster)Am 04.04. jährt sich der Todestag von Keith LeBlanc, eines der einflussreichsten Drummers der letzen 40+ Jahre von den Tagen als Session-Musiker beim ersten Hip-Hop-Label Sugarhill Records an, wo er mit denselben Musikern als Rhythmusgruppe im Studio stand, die später als Tackhead den Industrial-Dub Sound von on-U & Co definieren sollten.
Hier der Nachruf auf der On-U Sound-Website
https://on-usound.com/Keith-LeBlanc-Obituary (Öffnet in neuem Fenster)Hier LeBlanc zu sehen mit Tackhead 2023
https://youtu.be/19pOkZvY0K4?feature=shared (Öffnet in neuem Fenster)Ebenfalls am 04.04. feiert Max Headroom bzw. feiert seine TV Premiere 40. Jahrestag. Der Pseudo-KI-Moderator ist ein klassisches TV-Motiv der 1980er und irgendwie nicht ganz unzeitgemäß im Jahr 2025.
Hier eine kleine Doku über Max Headroom:
https://youtu.be/egCOO7Zzq0U?feature=shared (Öffnet in neuem Fenster)Und zum Abschluss noch eine kleine Zeitreise in den März 1990, sozusagen als Snapshot einer dmals unaufhaltsamen Welle von Club-Kultur, Techno und Hip-Hip verwandter Musik, die die kommende Dekade prägen würde.
Als Seal noch Haare hatte und für Adamski sang:
https://youtu.be/mPvoXlS8psU?feature=shared (Öffnet in neuem Fenster)Unzählige Male aufgelegt: Was mal Rave genannt wurde:
https://youtu.be/mFBQ0PH5rM4?feature=shared (Öffnet in neuem Fenster)Weniger bekannte aber damals eindrucksvolle Gangster-Rap Pioniere:
https://youtu.be/DQz6lvh9dKI?feature=shared (Öffnet in neuem Fenster)Unerreicht gut:
https://youtu.be/rbyKZua2Ug8?feature=shared (Öffnet in neuem Fenster)Norman Cook zwischen den Housemartins und Fatboy Slim vermählt u.a. The Clash und die S.O.S. Band:
https://youtu.be/0LeEmhHh3rk?feature=shared (Öffnet in neuem Fenster)Das P-Funk Kontinuum lebte
https://youtu.be/CcQuVe6wxSU?feature=shared (Öffnet in neuem Fenster)Und damit von mir Bye Bye.
Christian
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