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OK COOL gibt Bescheid #05/24

Liebe Menschen da draußen,

ich darf euch ein weiteres Mal zum monatlichen Newsletter von OK COOL begrüßen: Ein liebevoll gestaltetes Sammelsurium aus Dingen, die im Laufe der letzten 30 Tage in meinem Leben verfangen haben - Spiele, Gespräche, Gedanken und sonstiges, das ich hier endlich loswerden kann.

Bevor wir gemeinsam reinstarten, möchte ich noch einmal auf ein ganz besonderes Highlight der letzten Wochen zurückblicken: die Vorstellung von "OK COOL History", ein neuer Seitenarm von OK COOL, in dem zukünftig zusätzlich zum Hauptprogramm Texte und Podcasts erscheinen werden, die sich um das Themenfeld aus Geschichte, Spielen und Archäologie drehen - eine meiner ganz großen Leidenschaften hat nun also ein neues Zuhause und ich freue mich wirklich riesig darüber!

In der letzten Folge "OK COOL packt aus" stelle ich die Idee dahinter noch einmal etwas genauer vor - wenn ihr also ein paar Minütchen über habt, dann ist diese Podcastfolge hier genau richtig für euch:

https://okcool.space/ok-cool-packt-aus-postmortems-ok-cool-history-ist-da/ (Öffnet in neuem Fenster)

Wie immer gilt: wenn ihr für OK COOL History oder ganz generell meine Arbeit Wünsche, Feedback, Anregungen oder auch Kritik habt, schickt sie mir gerne im offiziellen Discord oder via Mail an post@okcool.space (Öffnet in neuem Fenster). Und nun: Ab in die neue Ausgabe von "OK COOL gibt Bescheid"!

Interview mit Christofer Sundberg über Mad Max (das Spiel, das alle vergessen haben, aber wirklich gut war)

Anlässlich des Kinostarts von Mad Max: Furiosa habe ich erst kürzlich ein Spiel rausgekramt, das ich damals, vor zehn Jahren, unheimlich genossen habe: Mad Max, ein Open-World-Spiel von Warner Brothers mit offizieller Filmlizenz, das 2014 im Gleichschritt mit Mad Max: Fury Road erschien und sich stilistisch stark von diesem Filmspektakel inspirieren ließ. Trotzdem war es mehr als nur ein Spiel zum Film: Mad Max erzählte eine ganz eigene Geschichte mit einer ebenso sympathischen wie traumatisierten Hauptfigur, wilden Autokämpfen, einem brachialen Kampfsystem und einer offenen Welt, die ich gerne erkundet habe.

Wie es der Zufall/Algorithmus so wollte, spülte mir zeitgleich zu meiner Mad-Max-Rückkehr die ehemals Twitter genannte Plattform auf einmal Tweets von Christfer Sundberg in die Timeline, der damals hauptverantwortlich die Entwicklung des Max-Max-Spiels geleitet hatte. In diesen Tweets ließ er durchblicken, dass er die Arbeit vor zehn Jahren durchaus als sehr anstrengend empfand - auch wegen ständiger Reibereien mit dem Publisher Warner Brothers Games. Grund genug für mich, ihn zu einem kleinen Interview einzuladen und ihn über dieses Kapitel in seinem Leben, Mad Max und sein neues Studio auszuquetschen, mit dem er nun schon seit geraumer Zeit an seinem noch immer geheimen neuen Spiel arbeitet.

OK COOL:Ich frage mich, wie du dich fühlst, wenn du heute an die Zeit zurückdenkst, als du an Mad Max gearbeitet hast. Auf Social Media hast du ja schon durchscheinen lassen, dass ihr nicht immer das umsetzen konntet oder durftet, was ihr geplant hattet. Also: Fühlst du dich im Rückblick heute etwas verbittert? Oder bist du doch vor allem stolz auf das, was ihr da geleistet habt?

CS: Ja, ich schaue heute wirklich mit gemischten Gefühlen zurück. Einerseits ging damals für mich unn mein Team ein Traum in Erfüllung: Wir alle waren Fans von Mad Max und dem Universum, das George Miller erschaffen hat. Es war traumhaft, mit großen Publishern wie Warner Brothers zusammenarbeiten zu dürfen und ich freute mich wirklich darauf, dieses Projekt mit einem Partner anzugehen, der auch angemessen tiefe Taschen hatte, um das Spiel so zu vermarkten, wie es das nun mal verdient hätte.

Andererseits war diese Zeit extrem frustrierend. Es herrschte eine "Macht, was euch gesagt wird!"-Mentalität und die tötet leider jegliche Kreativität. Ich sehe es bis heute als eine große Ehre an, mit Warner Brothers an diesem Projekt gearbeitet zu haben, aber die Freude wurde damals so oft wegen interner Streitereien ("politics") und Geldfragen gedämpft.

Alles in allem bin ich zufrieden mit dem Spiel. Ich hätte es mir gerne noch offener und Sandbox-artiger (spielt ja immerhin in einer Wüste!) gewünscht, ein bisschen wie Just Cause. Das hätte allerdings auch bedeutet, den SpielerInnen mehr Autonomie zu geben und sie machen zu lassen, was sie wollten, um ihre ganz eigene Geschichte zu schreiben. Von Anfang an war klar, dass ich genau das niemals durchsetzen könnte, also habe ich diese Vision früh aufgegeben.

Insgesamt bin ich super stolz auf das, was mein Team erschaffen hat und den Release haben wir damals mit einer abgefahrenen Party gekrönt.

Was hast du rückblickend als Chef eines Teams, aber auch als Entwickler von dieser Arbeit an Mad Max und all den Herausforderungen, die damit verbunden waren, gelernt?

Eine ganze Menge! Erstens: Mit einer großen Lizenz zu arbeiten, kann gleichermaßen riesiger Spaß oder ein Albtraum werden, je nach dem, wer die Lizenzrechte und damit bei jeder Entscheidung das letzte Wort hat.

Zweitens: Sobald ein Publisher damit beginnt, als erste Reaktionen auf Konflikte Zahlungen zurückzuhalten statt das Gespräch zu suchen, dann ist das der Beginn einer toxischen Publisher-Entwicklerteam-Beziehung. 

Drittens: Neben dem Kernteam noch weitere externe MitarbeiterInnen zu haben kann gleichzeitig super motivierend wie auch frustrierend sein. Und viertens: Nur weil dein Titel auf deiner Visitenkarte sagt, dass du für deine Firma wichtig bist, bedeutet das nicht automatisch, dass du auch für mich so wichtig bist und dein Wort Gesetz ist.

Als Mad Max fertig war, hatte ich einen kompletten Zusammenbruch ("mental breakdown"), nicht nur von der Arbeit am Spiel selbst, sondern auch von anderen Dingen, die rund um die Entwicklung des Titels vorgefallen sind. Jahrelang musste ich Medikamente und Therapie in Anspruch nehmen und auch körperlich an mir arbeiten, um wieder auf die Beine zu kommen. Das wird für immer meine Freude über den Release trüben,

Spielst du das Ding heute manchmal noch? Wie würdest du deine Beziehung zu diesem Spiel beschreiben?

Nachdem wir erst kürzlich anlässlich des neuen Mad-Max-Films viele liebe Nachrichten aus unserer Community erhalten haben, spielte ich das Spiel fast täglich. Ich suchte nach Dingen, die uns nicht so gut gelungen sind und machte mir Gedanken, wie wir diese Probleme besser hätten lösen können. Das macht wirklich Spaß und bringt ein paar schöne Erinnerungen zurück.

Mad Max gilt heute als ein Geheimtipp, der nie so viele Menschen erreicht hat, wie er eigentlich verdient hätte, und alleine deswegen nimmt dieser Titel einen besonderen Platz in meinem Herzen ein. Alleine im letzten Monat sind 300 neue, positive Steam-Reviews dazugekommen, das ist einfach fantastisch! Ihr da draußen, ihr Spielerinnen und Spieler, führt den ganzen Menschen von damals vor Augen, wie falsch sie mit ihrer Kritik lagen.

Zurück in die Gegenwart: Du und dein Team von Liquid Swords arbeitest gerade an einem Spiel, das einen starken erzählerischen Ansatz verfolgen will. Kannst du schon irgendwas verraten, an was ihr da gerade werkelt?

Noch darf ich nicht allzu viel verraten, was sich hinter unserem Projekt "Game1" verbirgt. Eines aber kann ich bereits sagen: Es wird sehr ähnlich wie Mad Max sein, auch wenn es kein postapokalyptisches Spiel ist.

Eine der größten Herausforderungen darin, eine offene Spielwelt zu erschaffen, ist es, eine Geschichte zu erzählen, die SpielerInnen nicht vorschreibt, wohin sie als nächstes gehen sollten. Dieses klassische Game-Design-Problem wollen wir mit unserem Spiel lösen, indem wir ein neues Feature vorstellen, das der Geschichte erlaubt, den Handlungen des Spielers zu folgen und dynamisch auf die Geschehnisse zu reagieren, statt ganz klassisch den Spieler dazu zu zwingen, früher oder später wieder zur Hauptstory-Quest zurückzukehren.

Diese Geschichte, die wir uns dafür ausgedacht haben, wird sich um Rache, Vergeltung und die menschlichen Abgründe drehen. Oh, und falls dir die Kämpfe mit den Autos in Mad Max gefallen haben, dann kann ich dir verraten: Unser Team bemüht sich sehr, genau diese Spielerfahrung zehn Jahre später wieder einzufangen und Auto-Kämpfe möglich zu machen, die “Game1” zu etwas ganz besonders machen sollen.

Ersteindruck: SKALD - rollenspielen wie ganz, ganz, ganz früher

Alles in allem bin ich glücklich mit meinem Alter und den Spielen, mit denen ich sozialisiert wurde: King's Quest, Monkey Island, Day of the Tentacle und einige andere Adventures in den frühen 90-ern, dann der Sprung zur Echtzeitstrategie mit Age of Empires und Cossacks, die erste LAN-Party mit Call of Duty und lange Nächte mit Diablo 2, während ich eigentlich für das Abitur lernen sollte. Ich habe bis heute viele Teile der Spielkultur bewusst miterlebt, fast genauso viel nachgeholt - und doch klaffen noch immer gigantische Lücken. Und diese Lücken nun nach und nach aufzufüllen, das ist verdammt aufregend.

Eine dieser Lücken ist die Frühgeschichte der Rollenspiele und Dungeoncrawler, beginnend irgendwo in den 1980-ern: Titel wie Rogue, Wizardry, Ultima, Pool of Radiance. Und auf genau diesen Spuren wandelt SKALD (Öffnet in neuem Fenster), ein Rollenspiel, das alt aussieht, aber unter der Haube modern und zugänglich gestaltet ist.

Ich bin verliebt. Und ihr solltet es auch sein.

SKALD erzählt die Geschichte eines in Ungnade gefallenen Adligen (das sind wir!), der eines Tages unverhofft an seinen alten Hof zurückgerufen wurde, um eine verschwundene junge Frau (unsere Kindheitsfreundin!) zu suchen und zu finden. Diese Quest führt uns an die Küste eines seltsamen Fantasy-Landes, in dem Monster, obskure NPCs, willige Begleiter und zahllose Quests bereits begierig auf uns warten. So viel zur Story, das genügt erst mal.

SKALD nennt sich selbst “Retro-Rollenspiel “und das trifft sowohl den spielmechanischen wie auch ästhetischen Nagel auf den Kopf: Die Spielwelt präsentiert sich in farbenfroher 8Bit-Garnitur und zeichnet Details nur grob mit Pixelblöcken vor, während wir in der isometrischen Perspektive  Dungeons, Städte, antike Tempel, Wälder und Gipfelhöhen erkunden.

Trotz des groben Zeichenpinsel bleibt genug Raum für stimmungsvolle Details: Schmiedewerkzeuge liegen fein säuberlich aufgereiht auf einer Werkbank, Käseräder und Schinkenbeine zieren die Wände einer Vorratskammer und Kleintiere hoppeln vor unseren entschlossenen Schritten davon. SKALD sieht alt aus, aber ist alles andere als oll anzusehen.

Inszenatorische Highlights warten darüber hinaus in den Gesprächen und "Cutscenes", wenn man sie denn so nennen kann. Denn dann wird der Spielbildschirm ausgetauscht gegen riesige Pixelillustrationen, die vor Details nur so strotzen. Hier, schaut doch nur, ich bin verknallt, jedes davon ein eigenes Wandposter:

Außerdem schön: Während die Kämpfe zumindest in meinen ersten Spielstunden recht gleichförmig ablaufen und auch trotz erlernter neuer Skills wenig taktische Finesse erfordern, sind die sozialen Konflikte ungleich spannender. In fast allen Gesprächen dürfen wir immer wieder unser Würfelglück versuchen und auch abwegige Entscheidungen ausprobieren. So stolperte ich recht früh im Spiel über einen verschlagen wirkenden, alten Mann, der als Händler unser early-game-Inventar aufbessern sollte. Statt ihn ehrlich für seine Ware zu bezahlen, wollte ich ihn aber stattdessen überzeugen, mir einen kräftigen Rabatt auf sein Angebot zu geben, was er nach einem misslungenen Würfelwurf ablehnte - und ich ihn daraufhin zu Tode prügelte, um eben auf diesem Weg an seine Schätze zu gelangen.

Hey, hört auf, mich so anzusehen, ich war einfach neugierig, ob das funktioniert, okay? Und ja, es funktionierte, und zog später im Spiel sogar spürbare Konsequenzen nach sich - hach, toll. 

Auch nach einigen Stunden kratze ich gefühlt noch an der Oberfläche von SKALD, aber herrje, was habe ich einen Spaß mit diesem Rollenspiel. Und wenn das so bleibt, dann werde ich mich nach den Credits tatsächlich mal an die großen Vorbilder der 80-er wagen, dieses Rollenspielschätzchen so stark inspiriert haben. Ich freu mich jetzt schon darauf!

(Apropos freuen: Ein Podcast zum Spiel ist bereits in Planung, sobald ich durch bin - mit einem kundigen Gast, den ihr da draußen wohl alle kennen dürftet!)

Zum Schluss gibt es hier noch eine kleine Übersicht über das Steady-Programm des vergangenen Monats: Für alle, die noch etwas nachholen wollen - oder über ein Abo noch nachdenken! Tadaaaa:

Und damit: ein herzliches Dankeschön für eure Zeit, Augen und Ohren - ich drück euch liebevoll!

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