Die Reise des Tischs
Der Trost, der in einem Möbeltransport gefunden werden kann/ #metoo in der französischen Politik/ Ein französisches Staatsgeheimnis in New York verraten
(Fun aber mit Vorahnung. Es sind stürmische Zeiten. man muss sich das Leben schön machen und Tagebuch schreiben.)
Es ist schon später Abend, als es an der Tür klingelt. Die Katzen verstecken sich, man weiß ja nie. Zwei Männer kommen, sie haben es eilig. Ihr Laster ist groß und man kann in unserer Straße nicht parken. Dann nehmen sie den schmalen, hölzernen Schreibtisch unter den Arm, verpacken ihn, laden ihn ein und fahren mit ihm durch die Nacht nach Nordosten, nach Berlin.
Unsere Tochter hat sich den Transport dieses Tischs organisiert.In ihrer Wohnung studierte sie bis dato am Küchentisch. Nun ist Abhilfe geschaffen.
Es ist nicht irgend ein Tisch, sondern der Schreibtisch, an dem mein französischer Großvater nach seiner Pensionierung morgens immer Radio hörte, Zeitung las und seine Korrespondenz erledigte. Weite Reise für dieses leichte Möbelstück, von Bordeaux nach Berlin. Sie symbolisiert die Reise der Menschen in Europa.
Als mein Großvater 1918 zur Welt kam, war sein Vater im Ersten Weltkrieg gefallen - das dachte er zumindest Zeit seines Lebens. Ich habe etwas recherchiert und vermute, dass sich dieser Vorfahre in einem Sanatorium das Leben genommen hat. Später war mein Großvater dann Pilot im Zweiten Weltkrieg. Kurz – Deutschland war ein Thema in der Familie. Was würde er wohl sagen, wenn er wüsste, dass sein Tisch nun in der deutschen Hauptstadt steht?
Von Bordeaux-Caudéran nach Berlin-Ost.
Er nähme es als Zeichen seines persönlichen Triumphs über das Reich. So wie er, bei seinen Reisen durch Deutschland, alle Knöllchen in den Müll warf mit der Begründung, er habe schließlich den Krieg gewonnen (Die Knöllchen wurden damals aber noch nicht nachgeschickt)
Wenn sich die Gegenwart so verdichtet wie in diesen Tagen, kommt die Geschichte irgendwie zu kurz. Wenn ich Studierenden von Horst Köhler, gar von Helmut Kohl und François Mitterrand erzähle, schauen sie, als wären gerade die mesopotamischen Stadtzivilisationen dran. Die lange Sicht erlaubt uns aber, zu erkennen, was gut ist. Heute werden weder in Frankreich noch in Deutschland Söhne in dem Bewusstsein groß, irgendwann gegen das Nachbarland kämpfen zu müssen. Immerhin etwas.
Es ist atemberaubend, was für gesellschaftliche und kulturelle Debatten derzeit in Frankreich toben. Während die Politik den Faden verloren zu haben scheint, kurzfristig, ist die Frauenbewegung in Hochform. In dieser Woche wurde ein Fernsehbeitrag (Öffnet in neuem Fenster) über die sexuellen Übegriffe des populären Naturfilmers und Politiker Nicolas Hulot gesendet.
Bis vor wenigen Jahren war solchen Männern überhaupt nicht beizukommen, auch die hier betroffenen Frauen haben lange schweigen müssen, weil ihnen niemand geglaubt hätte. Hulot war lange Zeit eine französische Lichtgestalt, eine Synthese aus Popstar und Philanthrop in der Politik – seinen Fans ist er John F. Kennedy und Sting in einem. Offenbar nutzte er seine gleißende Aura, um junge Frauen zu blenden, zu begrapschen und zu belästigen. Wie viele von ihrer eigenen Güte beeindruckten Narzissten – man denke an Priester und Pfarrer, die Täter von der Odenwaldschule, an Michael Jackson, Bill Cosby oder Jimmy Savile – hat er sich eine Art moral self licensing erteilt: Ich bin so gut, wie kann ich etwas schlechtes tun? Lizenz zum Erniedrigen.
Hulot funktionierte außerdem im Rahmen eines soziokulturellen Systems, in dem Männer davon ausgehen konnten, straffrei zu bleiben. Eines seiner Opfer, auf die er sich einmal in Moskau in einem Taxi gestürzt hatte, antwortet auf die Frage, ob sie seinerzeit zur Polizei gegangen ist nur mit einem verzweifelten Lachen. "Einen persönlichen Freund von Jacques Chirac wegen so etwas anzeigen?"
Hulot dementiert alles, äußerte sich vor wenigen Tagen in verstörender Ironie: Da er bekanntermaßen nicht gut aussähe, habe er es doch gewiss nötig, Gewalt anzuwenden? Aber die Zeiten ändern sich, auch in Frankreich. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Nicolas Hulot.
Im aktuellen Heft des "New Yorker" (Öffnet in neuem Fenster)wird ein französisches Staatsgeheimnis gelüftet, das Rezept für das legendäre Püree des auch ziemlich legendären Joel Robuchon. Autor ist der große Bill Buford, dessen Buch über die französische Küche etwas unglücklich in der Pandemie erschien, das aber sehr empfohlen sei: Dreck: Wie ich meine Familie einpackte, Koch in Lyon wurde und die Geheimnisse der französischen Küche aufdeckte (Öffnet in neuem Fenster)
(Es ist Teil eines größeren Thankgsgiving-Menüs, aber das ist der beste Part:)
Purée de Pommes de Terre, à la the Late Chef Joël Robuchon
A basic bowl of mashed potatoes is made with spuds that have been peeled and boiled, then dried out at the bottom of a pot, whipped with a little butter, and mixed with warm milk. Apart from a few technical tricks, the “puree” confected by the chef Joël Robuchon is no different, except in one overwhelming respect. There is not a little butter. According to the recipe in The Complete Robuchon (Öffnet in neuem Fenster), translated and published in 2008, the ratio of butter to potato is about 1 to 4—that is, half a pound of butter to 2 pounds of potatoes. (For comparison, Joy of Cooking (Öffnet in neuem Fenster) recommends 3 tablespoons.) When I lived in Lyon and worked at a restaurant there, the ratio was more like 1 to 2—a full pound of butter to 2 pounds of potatoes. In fact, the actual ratio Robuchon used in his purée de pommes de terre was probably higher.
Ingredients
¼ lb. good butter (or ½ lb.; or ¾ lb.; or 1 lb.; or 2 lbs.? IMHO, ¼ lb. is a revelation; ½ lb. verges on a vegetable dessert. More than ½ lb.? Haven’t tried it and have no plans to.)
2 lbs. fingerling potatoes, preferably la ratte, scrubbed but unpeeled (Mountain Sweet Berry Farm, at the Union Square Greenmarket, sells rattes grown from a Lyonnais spud courtesy of chef Daniel Boulud)
2 cups whole milk
Salt and pepper, to taste
Equipment
Potato ricer or a tamis sieve or (best) both a ricer and a tamis
Pastry scraper or spatula
Latex gloves
Directions
1. Dice butter and refrigerate. Set a mixing bowl in a warm place—e.g., on the stovetop—for later.
2. Set up a peeling station: one bowl for peels, another for peeled potatoes, a third with ice water. Alert family members that you are about to invite them to participate in a nostalgic exercise of a favorite childhood game.
3. Wash potatoes, place in a pot, add water to cover, and boil until a knife or skewer passes through easily, 15 to 20 minutes. Drain, do not let potatoes cool, and rush them to your peeling station. Quickly return pot to stove and set over very low heat, also for later.
4. Peel the potatoes. Summon family members, give each a pair of latex gloves, and demonstrate peeling by hand. (After the demonstration, dip fingers, ever so casually, into ice water.) Move fast, even while apologizing pathetically. When done, crush the potatoes through the ricer and into that pot that has been sitting on a very low heat. Increase it slightly, and stir with a wooden spoon. The objective is to dry out the already pretty dry potatoes.
5. Wash out the bottom of (yet another) pot, keep wet, pour in milk, and set it, too, over low heat.
6. Add butter to potatoes, bit by bit, and stir in vigorously. As more and more of the butter is incorporated, check heat of milk in that pot—if not on the verge of boiling, increase heat. When it boils, quickly reduce to just less than a simmer. Once the butter is fully incorporated into the potatoes, add the hot milk in a slow stream, while continuing to stir. Season to taste with salt and pepper.
7. Place tamis over that mixing bowl that has been warming all this time on the stovetop. Add potatoes to the tamis by the spoonful, and, using a pastry scraper or a spatula, smoosh them through the wire mesh. (It won’t be pretty, but the result will be.) Keep in a warm place, e.g., back on that stovetop. Serve.
Kopf hoch,
Ihr
Nils Minkmar
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