Die Wege der Freiheit
Die Frage von La Boëtie/Hollywood Con Queen/Savianos Falcone/Huhn Budapest
Im Sommer 1548 stellt ein achtzehnjähriger französischer Student eine simple Frage: Wie kommt es, dass ein einzelner Mann Macht über so viele andere Männer und Frauen ausüben kann? Und zwar völlig kampflos. In seinem dann erst 1574 und posthum erschienen Aufsatz über die freiwillige Knechtschaft nimmt Étienne de la Boëtie einen Perspektivwechsel vor: Er interessiert sich nicht für den König, nicht für das Gottesgnadentum oder die Machtmittel, die dem König zur Verfügung stehen. Er wechselt die Perspektive und schaut auf das Publikum, also die Untertanen. Und befindet: Die machen das ja freiwillig. Kein König könnte einem Land seinen Willen aufzwingen, wenn die Leute nicht mitmachen. Menschen geben ihre Freiheit auf und folgen den Wünschen eines mehr oder minder fähigen Anführers. Aber warum?
Diese Frage ist, aller Aufklärung, allen Informationsangeboten und aller Bildung zum Trotz sogar noch drängender geworden. In unserer Zeit sind die vermeintlich starken Männer wieder auf dem Vormarsch. Modi in Indien, Xi in Beijing, Trump in den USA, Putin in Moskau und Erdogan in der Türkei beherrschen die Nachrichten und die Weltbühne. Obwohl wir eigentlich in einem Zeitalter extremer Individualisierung leben, üben geschlossene Gesellschaften und ihre tyrannischen Chefs eine große Anziehungskraft aus. Es gilt auch für jene, die hierzulande die AfD wählen. Die Angebote der neuen Könige sind die, die schon 1548 galten: Alle an ihrem Platz und keine dummen Fragen stellen. Macht euch keinen Kopf.
Sie bieten eine Antwort auf existentielle Unsicherheiten und die Angst vor der Freiheit. Für einige wenige fällt sehr viel Geld ab und es geht extrem grausam und willkürlich zu, so läuft das und es ist allen alles klar.
Was setzen offene Gesellschaften dem entgegen? Welches Weltbild? In unseren postmodernen Zeiten gleicht die Welt einem Ikea-Markt. Es ist alles da, aber du musst es dir komplett selbst zusammen setzen. Familie, Religion, Ernährung, Wohnung und Arbeit – die flachen Pakete stapeln sich und die Einrichtung ist mühsam, voller Pannen, Missgeschicke und Hammerschläge auf Daumenkuppen. Wird es wenigstens schön? Das kann niemand garantieren. Wiegt die Freude darüber, alles in Freiheit gestalten zu können, die Mühen auf? Offenbar nicht für alle. Denen genügt das beengte, aber warme Wohnheim.
Freiheit, das war schon die Pointe bei La Boëtie, muss man erst lernen. Ein Leben in Freiheit ist dem Menschen gemäß und sie macht langfristig glücklicher als die Ordnung in geschlossenen Systemen. Sie kann sogar sehr gemütlich sein. Aber das muss man auch sagen. Immer wieder und lauter als bisher. Nicht über den Bauplan einzelner Möbel reden, nicht über die Werkzeuge und Schrauben, sondern über das große Ganze, das Leben in Freiheit. Um diesen alten Kampf geht es bei den Europawahlen am 9.Juni.
Ich bin immer wieder fasziniert von Geschichten, in denen Betrüger ihre Macht entfalten. Gegen einen geschickten Hochstapler hat man kaum eine Chance und es kann jede und jeden treffen. Doch die Geschichte, die die Basis für diese Dokuserie bildet, ist nochmal von ganz eigener Dimension: Über viele Jahre wurden Personen aus der amerikanischen Medienbranche nach Indonesien gelockt, um dort lukrative Projekte vorzubereiten. Auftraggeberin war stets eine der einflussreichen Frauen Hollywoods, sie war selbst am Apparat. Dem war ein Austausch von Botschaften und Mails vorausgegangen, eine perfekt simulierte Kommunikation. Die Spesen für die Reisen wurden erstattet, aber nach und nach waren Extras zu begleichen, die sich läppern. Und irgendwann waren die Ersparnisse der Freiberufler weg. Insgesamt betrug der Schaden über eine Million Dollar, aber die seelischen Folgen für die Opfer sind unbezifferbar, denn der Täter machte sich einen Spaß daraus, sie zu manipulieren und vorzuführen.
Die Serie macht es sich aber nicht einfach, sondern geht auch der Biografie des Täters auf den Grund. Es ist auch eine Geschichte über die Macht der Medien, der Sehnsucht nach Ruhm und einem Wunsch nach Anerkennung, der irgendwann kriminell wurde.
https://www.youtube.com/watch?v=bNAuBUSmNLw (Öffnet in neuem Fenster)Helden sind aus der Mode gekommen. Der Sport hat noch einige Idole zu bieten, aber die Verehrung für Stars ist noch mal eine andere Sache als die Bewunderung für Menschen, die für eine gute Sache enorme Gefahren eingegangen sind. Josephine Baker ist so jemand, auch Salman Rushdie und die Frauen der iranischen Revolution. Aber es gibt noch viel mehr und eine liberale Gesellschaft tut gut daran, immer wieder an solche Menschen zu erinnern. Sonst enden wir bei bei einem Menschenbild, das nur noch vom Konsumenten ausgeht. Der Staatsanwalt Giovanni Falcone, der seinen Kampf gegen das organisierte Verbrechen mit dem Leben bezahlte, gehört auch dazu. Nun hat Roberto Saviano ein kunstvolles, ambitioniertes Buch über diesen Mann geschrieben, dessen Anliegen bis heute brisant bleibt. Es ist ein stimmungsvolles Epochen Portrait und spannend ist es übrigens auch.
https://www.hanser-literaturverlage.de/buch/roberto-saviano-falcone-9783446279506-t-5219 (Öffnet in neuem Fenster)Manche Länder lasse ich links liegen, weil mich der Regierungschef so nervt. Aber natürlich stürzt auch der ärgste Strongman irgendwann und dann kann man wieder hinreisen, ärgert sich vielleicht über die verlorene Zeit. In diesem hoffnungsvollen Sinne und weil ja bald Europawahlen sind, blicke ich heute nach Budapest und schaue, was man dort so isst. (Ganz vernachlässigt habe ich diese wunderbare Stadt aber nicht, sondern bestelle regelmäßig bei der Papeterie Bomo Art. Falls Sie mal ein besonderes Geschenk möchten – sagenhaft:
https://www.bomoart.hu/ (Öffnet in neuem Fenster)Aber sicher ist sicher - ich nehme zur Anleitung für das Nationalgericht ein Video französischer Herkunft…
https://www.youtube.com/watch?v=94TvgNnx-p4 (Öffnet in neuem Fenster)Fleischlos an Pfingsten geht es mit den genialen Vorschlägen von Zucker und Jagdwurst:
https://www.zuckerjagdwurst.com/de/rezepte/vegane-spargellasagne-mit-sauce-hollandaise (Öffnet in neuem Fenster)Kopf hoch,
ihr
Nils Minkmar
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