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Der Wolf (Canis lupus)

Moin Wolf!

Wölfe gibt es inzwischen auch wieder in unserer Region.  In Niedersachsen wird derzeit die Anzahl der Wolfsrudel auf über 30 geschätzt. Und selbst wenn in der eigenen Gegend noch kein Wolfsrudel heimisch ist, dann hat jeder bestimmt schon von nicht weit entfernten Wolfssichtungen gehört oder gelesen.

Warum sind Wölfe für ein Ökosystem positiv?

Die Wirkung auf Ökosysteme durch die Anwesenheit von großen Beutegreifern bezeichnet man als trophische Kaskade. Dies muss man so verstehen, dass zunächst einmal die Beutetiere des Wolfes, bei uns vor allem Rehe und Wildschweine, ihr Fressverhalten ändern, um die latente Gefahr eines Wolfangriffs zu verringern. Das bedeutet konkret, dass sie ihre Nahrungsplätze öfter wechseln und an einzelnen Stellen weniger intensiv fressen. Dies hat nachweislich einen positiven Einfluss auf die Artenvielfalt der Pflanzen. Kaskadenartig wirkt sich dies nun auf die Artenvielfalt der bestäubenden Insekten positiv aus, was wiederum die Zusammensetzung der Insekten fressenden Arten beeinflusst.

Eine ähnliche Kaskade bewirkt auch unmittelbar das Reißen eines Beutetieres, welches in der Regel nicht sofort und nicht komplett gegessen wird - im Gegensatz zum menschlichen Jäger, der das tote Wild komplett mitnimmt und so den Kadaver aus dem Ökosystem entfernt. So profitieren von der Anwesenheit von Wölfen aasfressende Arten wie Würmer und Käfer sowie dann in der Folge natürlich wiederum deren Predatoren und so weiter.

Muss man vor einem Wolf Angst haben?

Ja und Nein. Selbst ein einzelner gesunder Wolf besitzt mit seiner Körpergröße, seiner Schnelligkeit und seinen scharfen Zähnen durchaus das Potenzial, einem Menschen gefährlich zu werden. Auf keinen Fall darf man einen Wolf unterschätzen.

Aber, obwohl der Wolf weitgehend ein Fleisch fressendes Tier ist, steht der Mensch nicht auf seinem Speiseplan. Die Wissenschaft ist sich einig, dass Wölfe den Menschen als mögliches Beutetier weitgehend komplett ignorieren.  Bei den wenigen weltweit dokumentierten Angriffen von Wölfen auf Menschen spielten immer andere Faktoren eine Rolle, hierbei ist vor allem zu nennen, dass Wölfe aggressiv werden, wenn sie sich unmittelbar bedroht fühlen.

Wölfe sind sehr scheu gegenüber dem Menschen und sie versuchen selber unnötige Konfrontationen zu vermeiden. Die Wahrscheinlichkeit einem Wolf zu begegnen ist daher sehr klein, selbst wenn ein Wolf in der Nähe sein sollte. Auch in Gebieten, in denen der Wolf heimisch ist, wie in Nordwest-Kanada sagen die Einheimischen als Faustregel, einem Wolf begegnet man „once in a lifetime“. Hier in Nordwestdeutschland wird es auch zukünftig kaum häufiger sein. Deswegen der völlig unverbindliche Rat an alle diejenigen, die irgendwann einen Wolf sehen: Bei aller Aufregung und Unsicherheit - Genieße den Moment!

Wie erkenne ich einen Wolf?

Einen Wolf auf die Schnelle hundertprozentig von einem Hund zu unterscheiden ist schwierig. Zumal heutzutage neben Schäferhunden auch immer mehr sogenannte Wolfshunde beliebter werden, bei denen in die jüngere Abstammungslinie mal ein Wolf eingezüchtet worden ist.

Wölfe zeigen allerdings in der freien Wildbahn fast immer das typische Verhalten eines gradlinigen Laufes, während Hunde eher in unregelmäßigen Schlangenlinien herumeiern. Der Schwanz hängt dabei beim Wolf meist herunter. Auch die Ohren sind beim Wolf nie eingeknickt und vergleichsweise klein. Natürlich gibt es noch weitere Erkennungszeichen, gerade bei der Fellzeichnung, aber es gibt da immer wieder auch Hunde, die diese Merkmale zeigen, oder Wölfe bei denen das Fell nicht eindeutig wölfisch gezeichnet ist.

Wie verhalte ich mich richtig, wenn ich einem Wolf in der Natur begegne?

Zunächst muss man sich selbst klarmachen: Der Wolf will mich nicht fressen! Er will vor allem von Ihnen in Ruhe gelassen werden.

In der Regel reicht es da, wenn man dezent auf sich aufmerksam macht, durch sprechen, klatschen oder irgendetwas anderes - dann geht er meist von allein weg. Man selber entfernt sich ruhig und aufrecht gehend. Dann ist die Situation meist geklärt.

Aber jede Situation ist anders und junge Wölfe können auch aus Neugier unangenehm nah kommen. Generell gilt: Man zeigt sich selbstbewusst und suggeriert damit dem Wolf, dass man sich selbst für ausreichend wehrhaft hält.

Wolfsmanagement

Zurzeit breitet sich der Wolf weiter in Niedersachsen aus. Von einer möglichen maximalen Populationsdichte ist der Wolfsbestand noch weit entfernt. Gleichzeitig ist der nötige Transformationsprozess zu einer Gesellschaft, die fähig ist, souverän und konfliktarm mit dem Wolf zu leben, noch völlig am Anfang.

Erfahrungen aus Regionen, in denen die Wolfspopulation bereits ein hohes stabiles Niveau erreicht hat, zeigen, dass ein aktives behördliches Wolfsmanagement notwendig ist. Für ein sinnvolles Wolfsmanagement sind wenige grundsätzliche Erkenntnisse zu berücksichtigen:

Zum einen bilden Wölfe standorttreue feste Rudel im Familienverband. Die Anzahl der Wölfe in deren Revier bzw. in der Region wächst nicht weiter, sondern stagniert dann auf einem Endniveau. Überzählige Wölfe wandern aus oder verhungern, der Bestand reguliert sich also weitgehend von allein. Eine regulatorische Jagd ist grundsätzlich nicht erforderlich. Das Wolfsmanagement sollte sich auf das Rudel als zu schützende Einheit konzentrieren. Das heißt konkret: Ein besonderer Fokus muss auf dem Schutz des Lebensraumes liegen und entsprechende Maßnahmen sind zu ergreifen.

Desweiteren ist zu bedenken, dass es keinen hundertprozentigen Schutz für Nutztiere vor dem Wolf gibt. Erfahrungen aus osteuropäischen Regionen, die eine lange Tradition mit der Anwesenheit von Wölfen in landwirtschaftlich genutzten Gegenden haben, zeigen, dass mit einer durchschnittlichen Tötung von etwas unter einem Prozent der frei lebenden Nutztiere gerechnet werden muss.  Wobei es hierbei natürlich je nach Art der Landwirtschaft in jeder Region und je nachdem wie weit diese auf Wolfsanwesenheit vorbereitet ist von dieser Daumen-Regel starke Abweichungen geben kann.

Entsprechend sollte eine Ausgleichszahlung für regional betroffene Nutztierhalter nicht fallbezogen sein, sondern pauschal, Die Höhe müsste sich je nach potenzieller Betroffenheit bemessen - zum Beispiel nach Entfernung der eigenen Flächen zum Reviermittelpunkt. Umso höher die Pauschale, desto größer die Akzeptanz bei den Tierhaltern. Die fallbezogene Entschädigung bei nachgewiesenen Wolfsrissen, wie es in Niedersachsen praktiziert wird, ist unnötig bürokratisch, aufwändig, teuer und fördert psychologisch geradezu bei Tierhaltern die Widerstandshaltung gegenüber Wölfen. Dies ist dringend zu ändern. Um diese falsche Entschädigungspraxis zu kompensieren, ist auch die Einführung von regionalen Pauschalen zu prüfen.

Einen alten Freund neu kennenlernen

Und ein weiterer Punkt ist, dass das friedliche Zusammenleben von Wölfen und der Bevölkerung vor allem durch Unwissenheit und daraus resultierendem Fehlverhalten gefährdet ist. Die Menschen müssen gezielt über Wölfe informiert werden und im Verhalten bei Wolfsbegegnungen geschult werden. Insbesondere Kinder müssen hier trainiert werden, da diese durch Fehlverhalten, wie unüberlegtem Weglaufen, einem besonderen Risiko ausgesetzt sind. Die Schulbehörde hat sicherzustellen, dass alle Kinder während ihrer Schulzeit ausnahmslos eine Wolfsschulung mitgemacht haben.

Manche öffentlichen Regelungen müssen zudem angepasst werden. Zum Beispiel sollte Müll nicht mehr in Säcken an die Straße für die Abholung gestellt werden, sondern ausschließlich in Tonnen. Die oft im Müll vorhandenen Essensreste locken Wölfe an, die Plastiksäcke bieten den Wölfen keinerlei Widerstand und machen so Wohngegenden für Wölfe interessant, die ansonsten aufgrund der fehlenden Beutetiere keinerlei Anziehungskraft für Wölfe hätten.

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