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Psalmcode IV

Über die Klangarchitektur einer elektronischen Psalmvertonung

Die Vertonungen von Psalmcode haben als eine sehr zurückgezogene Arbeit begonnen. Ich liebe die Zeit zwischen den Jahren, eine Zeit ohne Termine, mit wenig Ablenkung - fast wie geschenkte Zeit, die ich gerne zum konzentrierten Musikmachen nutze. Ende Dezember 2020 entsteht auf diese Weise die erste vollständige Psalmcode-Vertonung, der Psalm 139 (Öffnet in neuem Fenster).

Vorgeschaltet waren Experimente, bei denen ich Stimme und Flügelhorn gesampelt (d.h. einzelne Töne aufgenommen und abgespeichert) und diese mittels eines Samplers spielbar gemacht hatte. Die Klangfläche, die den Psalm eröffnet und immer wieder als Begleitung vorkommt, besteht letzlich nur aus zwei Tönen (einer Quinte), die aus einzelnen Flügelhorntönen gesampelt sind. Durch die unterschiedliche Abspielgeschwindigkeit jedes Tons entsteht ein Rhythmus, der sich ähnlich eines Loops periodisch wiederholt:

Im Verlauf von Psalm 139 sind viele weitere Sounds aus Klangexperimenten verwendet, die auf Aufnahmen meiner Stimme, Flügelhorn oder Gitarre basieren. Teils sind die Klänge kaum reproduzierbar, da sie aus einer komplexen Folge von Aufnahme- und Bearbeitungsprozessen hervorgegangen sind, die wiederum je eigene Effektketten und -Einstellungen hatten, sowohl im Computer, als auch an externen Effektgeräten.

Da die Psalmen der Überlieferung nach mit Saiteninstrumenten begleitet wurden (“psallo” bedeutet Saiten zupfen) lag mein Fokus beim Erstellen der Instrumentalbegleitung besonders auf der Gitarre als ein Saiteninstrument, das ich wenigsten rudimentär beherrsche:

Durch Effektierung mit dem “Microcosm”-Pedal von Hologram Electronics konnte ich aus einfachen Akkorden ganze Klangwolken entstehen lassen (hier Psalm 22 (Öffnet in neuem Fenster) Ende):

Das Flügelhorn verwendete ich wie oben gezeigt als begleitende Fläche ähnlich eines Synthesizerpads, außerdem auch ganz klassisch als Melodieinstrument. Besonders das Zusammenfügen vieler Hornstimmen zu einem mehrstimmigen Chor reizte mich und so nahm ich teils dieselben, teils unterschiedliche Harmonie- und Melodiestimmen mehrfach mit dem Flügelhorn auf und gruppierte sie wie ein Orchester in der Stereobreite.

Hier eine einzelne, jedoch schon oktavierte Flügelhornstimme:

Und das Ergebnis in der Hymne von Psalm 25 (Öffnet in neuem Fenster):

Ein Beispiel für eine mehrstimmige Akkordbegleitung mit dem Flügelhorn ist der letzte Refrain von Psalm 47 (Öffnet in neuem Fenster):

Die Musik von Psalmcode ist somit fast ausschließlich aus akustischen Instrumenten generiert, die auf diejenigen aus der Zeit zurückgehen, als die historischen Psalmtexte entstanden sein sollen. Die teils starke Verfremdung machte ein umfassendes Klangbild trotz frequenziell engem Ausgangsmaterial möglich. Wie in der Architektur braucht es in der Musik auch meist ein Fundament, einen Mittelbau, ornamentierende Elemente ect. Neben diesem technischen Aspekt war die Klangverfremdung und -prozessierung für mich ein inspirierender künstlerischer Prozess, bei dem eine Idee zum Klang und wieder zu einer Idee für den nächsten Klang führt.

Wenn Du in die Klangwelt von Psalmcode abtauchen willst, kannst Du das hier (Öffnet in neuem Fenster) digital tun, oder hier (Öffnet in neuem Fenster) die wunderschöne CD im Mediabook bestellen.

Titelbild von Sophia Hegewald.

Kategorie Kirchenmusik-Projekte

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