F & G auf der Suche nach des Pudels Kern
Gefeierte Premiere von „Faust in Space“ im Planetarium
Wer eine Karte für den „Faust in Space“ von Freuynde & Gaesdte gekauft hat, der hat ein Ticket gelöst für eine Reise in unbekannte Galaxien, betritt unbekanntes Terrain, weit weg von Corona-Pandemie, Ukrainekrieg, Inflation und Flüchtlingsquoten. Und bekommt eine gute Gelegenheit, einmal den Boden unter den Füßen zu verlieren. Zur Reise ein laden Faust (Helge Salnikau), in der Inszenierung ein ehrgeiziger Astrophysiker) und sein Famulus Wagner (Zeha Schröder), der seinem Chef durchaus nicht unkritisch gegenübersteht.
Faust befindet sich zum Beginn des Stückes keineswegs in einer guten Verfassung, er ist dabei sein gesamtes Lebenswerk zu zerstören, redet von einem verpfuschten, vergeudeten Leben, weil er als Forscher nicht das gefunden hat, was er gesucht hat, einen Hinweis auf außerirdische Intelligenz. Sein Famulus Wagner stoppt ihn gerade noch rechtzeitig in Sektor E, da wo er unbekanntes Leben entdeckt hat. Und dann machen sich die beiden Kollegen und Antagonisten auf die Reise in ferne Galaxien und machen die Bekanntschaft mit m_phi, Mephisto. Und m_phi der noch aus dem Off als Stimme zu erleben ist, macht Faust Angebote, bietet ihn einem Handel an. Und dann geht es um die bekannten zeitlos aktuellen Fragen: Wo endet der Forscherdrang und beginnt die Hybris? Gibt es Grenzen für den menschlichen Geist? Sollte er sich selbst welche setzen? Welches persönliche Risiko sollten Forscher bei ihren Experimenten noch eingehen?
Zeha Schröder, der den Text für Stück geschrieben hat, ist es gelungen, den mächtigen Stoff vom Johann Wolfgang Goethe zu einer kompakten 70 minütigen Fassung „einzuzudampfen". Eine Version, an der auch noch „Faust"-Kenner ihre Freude haben werden, ob der zahlreichen Querverweise und versteckten und verbalhornten Zitate wenn „Aus des Pudels Kern" des „Strudels Kern wird". Die beiden Schauspieler (Schröder und Salnikau sind wie immer ein brillant eingespieltes Team und haben sichtlichen Spaß auch an Raumschiff Enterprise-Anleihen) müssen im frisch modernisierten Planetarium am Aasee unter der zwanzig Meter weiten Kuppel, mit einer sehr reduzierten Form des Schauspiels auskommen. Im Halbdunkel kommen Gestik, Mimik und Körpersprache kaum noch zum Tragen, die Inszenierung ist teilweise nah am Hörspiel gebaut. Und die Schauspielkunst begibt sich in Kooperation (oder Konkurrenz?) mit imposanten Full-Dome-Projektionen aus der Werkstatt des preisgekrönten Animationsspezialisten Matthias Ries. Ein komplexer 37-Kanal-Soundtrack entführt das Publikum auch akustisch in völlig neue Sphären. Lasereffekte und eigens fürs Stück programmierte Sternenfahrten komplettieren diese Multi-Media-Inszenierung. Wer sich fallen lässt und hineinbegibt in diese Sphären, der spürt welche suggestiv Kraft dieser Art von Inszenierung innewohnt. Dem Premierenpublikum gefiel das. Und wer zu weit entrückt war, den holte Zeremonienmeister Zeha Schröder mit einem Hinweis auf die bitte schön noch zu entrichtenden Parkgebühren (Achtung: Digitales Parksystem) wieder zurück auf den Boden der Tatsachen.
Frank Biermann
Bild: In der Rolle des Faust ist der Schauspieler Helge Salnikau zu sehen. Foto: F&G
Karten für die weiteren Aufführungen auf der Homepage des Theaters: www.f-und-g.de (Öffnet in neuem Fenster)