AfD-Verfahren am OVG-NRW
Beim nächsten Prozesstag könnte es um die bereits angekündigten 457 Beweisanträge gehen
Der vierte Prozesstag im Verfahren Alternative für Deutschland (AfD) gegen das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) endete schon vergleichsweise früh, verglichen zur neunstündigen Sitzung am Donnerstag, nämlich um 14 Uhr. Auch die Verfahrensbeteiligten (Rechtsanwälte ,haupt- und ehrenamtliche Richter, das Justizpersonal) brauchen mal etwas Zeit zum Durchschnaufen. Die Zuhörer und professionelle Zuhörer*innen auch: Denn - auch wenn das Thema „Ist die AfD ein rechtsextremer Verdachtsfall" hochpolitisch und emotional aufgeladen ist - verströmt das Verfahren eine eher akademische Atmosphäre. Das mag auch daran liegen, dass auf der Richterbank gleich drei promovierte Juristen sitzen, der Chef-AfD-Anwalt ebenfalls promoviert ist und das Bundesamt für Verfassungsschutz sogar mit Wolfgang Roth, einem Professor und juristischen Kommentator in Standardwerken aufwartet. Da wirken die AfD-Politiker mit ihren empirisch gestützten Beschreibungen des emsigen und kontroversen medial angetriebenen Politikbetriebs manchmal schon fast etwas hemdsärmelig. Durch die Aussagen des AfD-Spitzenpersonals Peter Böhringer und Maximilian Krah erfährt man aus erster Hand wie aktiv und selbstverständlich die AfD die sozialen Medien nutzt - und damit Politik macht. Auch wenn das nicht Gegenstand des Verfahrens ist. Immerhin hat das wechselseitig höfliche Verfahren eine Form gefunden, die weitgehend reibungsfrei ist. Die eine Seite antizipiert schon, was die andere vorhat. Wenn das Gericht keine Beweisanträge zulässt, nimmt sie die entsprecchende Rüge der AfD-Anwäte schon gleich mit zu Protokoll.. Ein juristisches Schachspiel, oder ein „diskursives PingPong", wie das Richter Dr. Thomas Jakob formuliert, der neben dem Vorsitzenden Richter Dr. Gerald Buck eine nach und nach aktivere Rolle in dem Verfahren wahrnimmt.
Am Prozesstag selber hatte die AfD noch einmal Mitglieder mit Migrationsgeschichte als Zeugen laden lassen, dieses Mal aus Thüringen, womit sie angesichts der gerichtsnotorischen Bekanntheit dieser Zeugen keineswegs Punkten konnte. .
Obwohl das Verfahren teilweise doch recht zähflüssig voranging, wenn auch auf hoihem Niveau das teilweise einem juristischen Repetitorium glich, konnte Gerichtssprecherin Dr. Gudrun Dahme, die selber einen Senat leitet, verkünden: Der Senat ist mit dem Programm laut seiner Gliederung, die wir am 12. und 13. März 2024 verteilt haben, durch.
Der nächste Sitzungstermin ist schon fix: Am Montag, 29. April um 9 Uhr im Sitzungssaal. Dort soll es wohl um die schon im März gestellten und/oder die weiteren angekündigten 457 Beweisanträge gehen. (*)
Dieser Termin wird sicher noch in Präsenz weitergehen, wie es dann mit den zehn weiteren Terminen weitergeht, wird man sehen. Denn, so die Gerichtssprecherin weiter: Diskutiert wurde ferner über die Frage, ob ggf. eine Videoverhandlung möglich wäre; einen Antrag gab es insoweit aber bisher nicht. Das mag auch damit zu tun haben, dass AfD-Prozeßbeteiligte teilweise Schwierigkeiten haben, Hotelzimmer in Münster zu finden. Deren Nachfragen nach Zimmern würden mit dem Hinweis auf eine gerade in Münster stattfindende Messe (fragt sich nur welche) abschlägig beschieden, ist in den Prozesspausen zu hören.
Für die Medienvertreter würde sich durch die Videoverhandlung nichts ändern: Sie können sich nicht zu einer Verhandlung per Video zuschalten lassen, sondern müssten – wie der Senat auch – persönlich in den Sitzungssaal kommen. (fb)
(*) Mit einem Tweet bei X (vormals Twitter) hatte RA Conrad die 457 Beweisanträge angekündigt. Conrad vertritt in einem anderen Verfahren gegen das Bundesamt für Verfassungsschutz inzwischen auch den ehemaligen Präsidenten des Bundesamtes für den Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen
https://x.com/RA_Conrad/status/1777651498823926070 (Öffnet in neuem Fenster)
Er kam für einen Tag nach Münster. Der Spitzenkandidat der AfD bei der Europawahl Maximilian Krah, der sich demnächst selbst vor Gericht verantworten muss. Foto: Frank Biermann