Der Presserat rügt die Berichterstattung der Westfälischen Nachrichten
CDU-Pressemitteilung 1:1 übernommen
Kürzlich geriet die Lokalberichterstattung der Westfälischen Nachrichten ins Visier des Beschwerdeausschusses des Deutschen Presserates. Dieses Gremium, bestehend aus Vertretern der Journalistenverbände und Zeitungsverleger, wacht über die Einhaltung journalistischer Standards in Deutschland. Der Ausschuss reagierte auf die Beschwerde eines WN-Lesers, der bemängelte, dass ein lokaler Bericht nahezu wortwörtlich einer Pressemitteilung der CDU Amelsbüren entsprach und lediglich mit dem lapidaren Zusatz „heißt es in einer Mitteilung der CDU" versehen war. Die besagte Pressemitteilung der CDU zu den Schrottautos an einer Tankstelle ist immer noch online abrufbar. (*)
Die Chefredakteurin der WN, Anne Eckrodt, wurde vom Gremium gebeten, Stellung zu beziehen. In ihrer Antwort, die dem Beschwerdeführer übermittelt wurde und auf https://www.rums.ms (Öffnet in neuem Fenster) veröffentlicht ist, verteidigte sie die Praxis, Pressemitteilungen in redaktionelle Beiträge zu integrieren. Sie betonte, dass es üblich sei, diese Texte klar zu kennzeichnen, wenngleich sie einräumte, dass dies in diesem Fall prominenter hätte erfolgen können.
Jedoch reichte diese Erklärung dem Beschwerdeausschuss nicht aus. Er stellte fest, dass die Pressemeldung nahezu unverändert in die Zeitung übernommen wurde, ohne eine angemessene Kennzeichnung, was eine klare Verletzung des Pressekodex darstellt, da den Lesern der Ursprung des Textes verschleiert wurde. Das Gremium entschied mit einer Mehrheit von 7:1, dass dieser Verstoß so gravierend sei, dass er eine Missbilligung gemäß den Richtlinien ausspricht. Obwohl die WN nicht verpflichtet ist, diese Missbilligung zu veröffentlichen, wird es als Zeichen fairer Berichterstattung empfohlen.
Interessanterweise reagierte der Verlag Aschendorff, der die WN und die MZ in Münster sowie das Westfalen-Blatt in Bielefeld herausgibt, auf die Kritik, indem der Online-Artikel vorübergehend entfernt und dann in überarbeiteter Form mit dem Hinweis „An der Veröffentlichung wurden im Nachhinein Änderungen vorgenommen" wieder veröffentlicht wurde. (**)
Diese Reaktion zeigt, dass selbst ein „schwarzer Zeitungsriese" wie Aschendorff auf Kritik reagiert. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob die Entscheidung des Presserates zu einem Umdenken bei den Westfälischen Nachrichten und anderen Lokalzeitungen hinsichtlich der Verwendung von Pressemitteilungen im redaktionellen Alltag führen wird. (fb)
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Die WN-Schriftzug an der ehemaligen Geschäftsstelle am Prinzipalmarkt. Dort wird inzwischen Käse verkauft. Foto: Frank Biermann