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Bilder-gewaltig

Frei lizensierbare, für andere User kostenlose Bilder sind ein Segen des Internets. Ehrenamtlich arbeitende (mithin: verrückte) wie moderneREGIONAL, die in der Regel kein Bildhonorar zahlen können, haben die Möglichkeit, ihre Seiten zu illustrieren, ebenso Vereine, mittellose Kleinunternehmer, Schulen, öffentliche Einrichtungen und so weiter. Die gängige Lizenz CC BY-SA sagt Folgendes: "Sie dürfen das Werk kopieren, verändern und für eigene Zwecke verwenden. Dabei ist egal, ob die Nutzung kommerziell ist oder nicht. Allerdings müssen Sie den Urheber angeben. Falls Sie das Original verändern, muss die veränderte Version unter den selben Bedingungen lizensiert werden." Es gibt noch eine ganz Zahl weiterer Lizenzen, meist älteren Datums, sie heißen etwa GNU oder GFDL. Ihre Bedingungen sind häufig nur in kompliziertem Englisch nachzulesen (vor dem ein Übersetzungs-Tool in der Regel kapituliert). Internetaffine Nutzer:inen, die nicht ganz zu Unrecht überall Kostenfallen vermutem, meiden derlei Lizenzen lieber. Es geht aber noch sicherer: Bilder, deren Lizenz CC0 lautet, sind "gemeinfrei" und dürfen von Ihnen ohne jede Auflage für alle Zwecke verwendet werden. Die kostenlose Bildnutzung ist also im Grunde paradiesisch, nicht wahr? Nein, ist sie natürlich nicht!

Bild: Wikipedia

Mitte Dezember 2023 erreichte uns (wieder einmal) ein Formbrief eines Foto-Inkasso-Unternehmens, das unrechtmäßig verwendete Bilder ehrenwerter Fotografen im Internet aufspürt. Und natürlich nur ganz freundlich fragt, ob wir denn in Besitz der erforderlichen Bildlizenz seien. Falls nicht, werden wir sogleich mit rund 630 Euro zur Kasse gebeten. Wie in den vergangenen - jeweils abgewehrten - Fällen, handelte es sich um ein kostenloses (!) Bild mit entsprechenden Lizenzangaben. Welchen Fehler wir in der Wiedergabe des Bildes gemacht haben sollen, wurde uns dabei nicht mitgeteilt (um es kurz zu machen: Wir haben keinen Fehler begangen). Der "geschädigte" Bildautor hat aber ein Geschäftsmodell: Das Netz mit kostenlosen Bildern füllen und hinterher kontrollieren (lassen), ob die Verwender auch wirklich die kleinste Kleinigkeit im kleinsten Kleingedruckten zur Urheber- und Bildtitelnennung beachtet und korrekt befolgt haben. Wenn nicht, wird ohne Umschweife zur Kasse gebeten. Das Perfide daran: Der Mann war bis vor Kurzem (seit 2020 finden sich keine neuen Einträge mehr) engagiert bei Wikipedia und Wikimedia Commons - Plattformen, die die Verbreitung kostenfreier Bilder fördern!

Bild: Daniel Bartetzko

Es gibt einen ganze Reihe derartiger Bildrechte-Verfolger. Der bekannteste von ihnen, mit dem wir auch schon zu tun hatten, produziert eine wahre Foto-Flut. Würde er all seine Bilder selbst knipsen, müsste er von morgens bis abends hinter der Kamera sitzen. Stattdessen investiert er aber seine Zeit in ein Tool, mit dem Bildrechteinhaber das Internet auf der Suche nach ihren (unrechtmäßig) verwendeten Bildern durchforsten können. Komischer Zufall. Unter den Gewohnheits-Abmahnern sind sogar einige Fotografen, deren Bilder für Ausstellungen und Museen entstanden sind. Teilweise sind deren Pressebilder mit Fallstricken verbunden (die man, wenn sie klar und vernünftig kommuniziert werden, auch akzeptieren kann), teilweise arbeiten sie immer wie die oben genannten Personen, mit denen wir zu tun hatten. Ein Blick auf die Homepage des Medienanwalts Markus Kompa bringt da Erhellendes wie Erschreckendes - und Namen - zu Tage.

Bild: Daniel Bartetzko

Es ist völlig korrekt, für seine Arbeit entlohnt zu werden. Und wer haptberuflich Fotograf:in ist, hat jedes Recht, sich gegen missbräuchliche Nutzung seiner Bilder zu wehren. Selbstverständlich kann man auch Schadenersatz einfordern. moderneREGIONAL arbeitet selbst mit Fotograf:innen zusammen, es ist ein hingebungsvoller Beruf, der nur wenige reich macht. Gerade deshalb ist die Bildrechtsabzocke mehrfach verwerflich: Sie zieht gewissenhaft arbeitende Koleg:innen mit ins Zwielicht. Sie versucht, nicht nur von der Unwissenheit vieler User zu profitieren, sondern selbst die Aufmerksamen aufs Kreuz zu legen. Und schließlich setzt sie dem Paradox die Krone auf: Man stellt etwas kostenlos zur Verfügung - und fordert hinterher Geld für materiellen Schaden. Selbst bei tatsächlicher Verletzung einer jeweiligen Lizenz ist das völlig irre: Wie kann man für etwas, dessen Wert man  selbst mit Null definiert und der Allgemeinheit überlässt, hinterher einen mittleren dreistelligen Euro- Betrag als Wiedergutmachung verlangen? Mittlerweile mehren sich die Gerichtsurteile, die derartige Forderungen unter Verweis auf die Unlogik abschmettern. Doch noch ist dies nicht allgemeines Recht. Und solange muss jeder, der kostenfreie Bilder nutzt, damit rechnen, mindestens mal eben 450 Euro für eine Anwältin zu bezahlen, die ein Schriftstück aufsetzt.

Daniel Bartetzko, 30. Januar 2023

   

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