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Die Stimme in deinem Kopf: WhatsApp und Vertrauen!

„Wenn ich mit Tom auf WhatsApp schreibe, höre ich immer den Steirer reden, obwohl ich Hochdeutsch lese.“ Das sagte zu mir jüngst eine Kollegin. Und sie hat recht. Tom ist der Gründer von Mimikama. 

Er ist gebürtiger Steirer und an manchen Tagen bellt er (Erklärung hier (Öffnet in neuem Fenster)), da ist sogar Bürohund Pauli neidisch. Ich verstehe meine Kollegin in ihrer Aussage und gehe davon aus, dass dieses Phänomen jeder von uns kennt. Also nicht jetzt, wenn man mit Tom Nachrichten hin und her schickt, sondern mit einer beliebigen Person aus dem persönlichen Umfeld.

Und genau diese Stimme in deinem Kopf, die du hörst, wenn du eine Nachricht liest, kann auch ein Problem bei Falschmeldungen darstellen. Denn diese Stimme in deinem Kopf leistet einen Vorschuss an Vertrauen gegenüber dem Absender der Nachrichten. Das ist auch einer der Gründe, warum WhatsApp sehr problematisch in Bezug auf Falschmeldungen ist. Sicherlich, einerseits gibt es keinerlei Vergleichs Instanzen, welche auf Falschmeldungen hinweisen können.

WhatsApp, speziell in der 1:1 Kommunikation, ist ein geschlossenes System. Auch in WhatsApp Gruppen gibt es keinerlei Instanzen, die auf Falschmeldung in diesem Sinne hinweisen. Das lässt Falschmeldungen, Verschwörungstheorien, in Kriegszeiten aber auch Propaganda freien Lauf. Wenn alle beteiligten Gesprächspartner eine Falschmeldung nicht erkennen, kann diese nicht korrigiert werden und wird unreflektiert weitergeleitet.

Zudem ist WhatsApp der beliebteste Messenger. Und das bei allen Altersklassen. Die jüngste Version des Jugend-Internet-Monitors (Öffnet in neuem Fenster) von SaferInternet hat erneut gezeigt, dass 96 % aller jungen Menschen zwischen 11 und 17 Jahren in Österreich WhatsApp nutzen. Das ist jetzt überhaupt nicht überraschend. Diese Ruhe Nutzungsrate zieht sich relativ gesehen durch alle Generationen.

Selbst in der „älteren“ Generation zeigt sich: Einer ARD-ZDF Onlinestudie nach nutzen 54% der 50-69 jährigen Menschen WhatsApp täglich, ja sogar 22% der über 70-Jährigen schauen täglich in den Messenger [siehe hier (Öffnet in neuem Fenster)]. Wir sehen also, dass wir über den Messenger besonders viele Menschen erreichen können. Und das gilt auch für Falschmeldungen.

Vertrauen aka „Toms Stimme“

Nein, Tom schreibt in der Regel nicht mit steirischen Dialekt. Er schreibt Hochdeutsch. Zwischendurch rutscht ihm zwar ein Euler aus, aber in der Regel schreibt er Hochdeutsch. Das Phänomen, dass meine Kollegin oder ich einen Steirer mit Dialekt sprechen hören im Kopf während wir seine Texte lesen, basiert darauf, dass wir uns ihn auch als Absender vorstellen. Und wir diese Worte, die wir lesen, ihm auch zuordnen. Mit allen dazugehörigen Konsequenzen. Auch mit dem Vertrauen.

Wer nun also über den Messenger wissentlich oder unwissentlich Falschmeldungen verbreitet, hat genau dieses Vertrauens als Wind im Rücken. Denn wir konnten bereits mehrfach feststellen, feststellen, dass Informationen, die über WhatsApp empfangen werden, einen Vertrauensvorschuss besitzen, da man den Absender der Mitteilung kennt. Es handelt sich auf WhatsApp im Regelfall um eine Person, die du als Kontakt abgespeichert hast. Du kennst die Person also irgendwo her. Wenn du von dieser Person eine Nachricht liest, hast du nicht nur ein Gesicht vor Augen, sondern sogar die Stimme im Ohr, welche die Nachricht vorliest. Und wenn es ein hochdeutscher Text ist, du hörst ihn im Kopf steirisch. Zumindest, wenn er von Tom stammt.

Damit ist auch das Vertrauen verbunden, was diese Person genießt. Dieses Vertrauen geht entsprechend auch auf den Inhalt über, da man in erster Linie nicht davon ausgeht, dass die vertraute Person einen belügen will. Und jetzt kommt ein Problem zustande, dass uns nicht unbekannt ist, gerade wenn es um Kettenbriefe geht, die durch den Absender selbst bereits weitergeleitet wurden und womöglich gar nicht geprüft wurden, sondern ebenfalls auf Vertrauensbasis hingenommen wurden.

Kettenbriefe stammen in der Regel gar nicht von der weiterleitenden Person, sondern von wem anderes. Die ursprüngliche Person kennen wir meist nicht, dennoch genießt die Nachricht unser Vertrauen, da wir das Vertrauen aus der zuletzt weiterleitenden Person schöpfen. Das „freut“ wiederum die Nachricht und die darin steckende Information, da durch diesen Mechanismus eine Selbstlegitimierung der Information stattfindet.

Umso wichtiger ist es daher an dieser Stelle, diese Information zu prüfen. Es geht gar nicht um einen Vertrauensbruch zum Absender selber, sondern lediglich um die versendete Information.

Unsere Tipps daher:

Unsere Empfehlungen sind jetzt nicht neu (welch Wunder). Auch auf WhatsApp gilt „Zuerst denken, dann klicken“. Viele der weitergeleiteten Nachrichten oder Bilder sind so konzipiert worden, um sich der sogenannten „partizipativen Kulturen“ auf WhatsApp zu bedienen. Sie sind also so aufgebaut worden, dass sie einfach konsumierbar sind und ebenso entsprechend einfach verbreitet werden können.

Also auch hier immer vorsichtig sein und die Botschaft genau betrachten. Schreibt dort wirklich der „Tom“, den ich gerade in meinem Kopf bellen höre? Oder ist es nur ein Kettenbrief eines vielleicht sogar anonymen Verfasser? Auch bei meinungslastigen Informationen aus dem eigenen Freundes- und Bekannten ist es nie verkehrt, einen kurzen Re-Check zu starten. Vor allem, wenn du selbst dazu tendierst, den Inhalt weiterleiten zu wollen.

Hier empfiehlt es sich allein aus Eigenschutz, Suchmaschinen zu nutzen und kurz zu vergleichen, wer noch über eine bestimmte Information schreibt. Der klassische Ablauf des „Debunkings“ (Entlarven) ist echt nützlich. Also du sortierst erstmal ein, ob eine Information plausibel ist oder schon dramatische übertrieben ist. Es gibt ebenso bestimmte Indikatoren, die recht zügig schon auf Verschwörungstheorien oder bestimmte Narrative hinweisen. Ein dieser Indikatoren für Verschwörungstheorien ist übrigens die Behauptung, dass „die Medien“ darüber ja schweigen müssen. An dieser Stelle entlarven sich Verschwörungstheorien und Falschmeldungen gerne selbst.

Und wenn du dann merkst, dass eine Nachricht nicht mehr ganz so vertrauenswürdig ist, solltest du vielleicht die Finger von einer Weiterleitung lassen. Gerade bei Kettenbriefen ist das gar nicht so dumm, wenn diverse Ketten einfach mal unterbrochen werden. An dieser Stelle ist es dann auch nicht verkehrt, ein kurzes Feedback zu geben. Das muss nicht böse sein, sondern der kleine freundliche Hinweis an den Absender, dass sie oder er da eine klitzekleine Falschmeldung verbreitet hat, kann manchmal Gold wert sein. Denn du solltest nicht vergessen: Nicht nur du hörst die Stimme des anderen beim Lesen seiner Nachricht in deinem Kopf. Die andere Person hört auch deine Stimme beim Lesen deines Feedbacks und vertraut dir entsprechend.

Kategorie Aktuelle Neuigkeiten

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