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Ankündigung MikroBuch040 Ist der Krieg in der Ukraine ein Krieg gegen den US-Dollar?

Barbara hat uns eine Einführung zur nächsten Buchbesprechung geschrieben, die im Laufe der Woche erscheinen wird.

Im nächsten MikroBuch – es wird unser vierzigstes – werden Jenni, Marco und Barbara das Buch Economic War: Ukraine and the Global Conflict Between East and West (Öffnet in neuem Fenster) des Londoner Risikoanalysten Maximilian Hess besprechen. Ziel des Autors ist es, zu erläutern, wie und warum der Konflikt zwischen Russland und dem Westen eskaliert ist und einen weltweiten wirtschaftlichen Schock ausgelöst hat, der langfristig zu einer kompletten Umkehr des jetzigen Finanzsystems führen könnte.

Worum geht es?

Natürlich wissen wir alle um die wirtschaftliche Dimension des Krieges, den Russland gegen die Ukraine führt. Als Reaktion auf die Invasion im Februar 2022 haben die USA und die EU massive Sanktionen gegen Russland verhängt. Diese Sanktionen reichen vom Ölembargo über das russische Bankensystem bis hin zu Sanktionen gegen 1.800 Personen und Organisationen. In Europa hatten die Menschen Angst vor einem kalten Winter ohne Öl und Gas aus Russland, zahlreiche Produkte wurden teurer. Die Inflation sprang an.

Doch Hess geht weiter. Während die Wirtschaftssanktionen in erster Linie aus der westlichen Perspektive bewertet würden, werde die wirtschaftspolitische Strategie Russlands zu wenig berücksichtigt, meint Hess. Für ihn geht es um eine gänzlich neue Art der Kriegführung. Deren Ziel ist die Ablösung des US-Dollars als weltweiter Reservewährung.

Die Hegemonie des US-Dollars

In der Einleitung bereitet Hess seine Argumentation systematisch vor. Putin, so Hess, wende sich nicht nur aus geostrategischen Gründen gegen die westliche Ordnung, sondern auch, weil es ihm darum gehe, die internationale Wirtschaftsordnung zu zerstören, die «undoubtedly a Western-led order» (S. 5) sei. Das sei Putin ein Dorn im Auge. Der US-Dollar ist dabei das wichtigste Instrument, das den USA die Position der Überlegenheit verschafft. Hess erläutert sie wie folgt:

At the core of these institutions [gemeint sind u.a. die Weltbank, der IMF oder auch der Paris Club, Anm. B.Bohr] —and in turn the international economic order—is the US dollar, which serves as the ultimate reserve currency around the world, from the vaults of central banks to individual savers. Whereas the world once depended on gold to regulate international finance and commerce, today it depends on dollars. This grants the United States a form of economic power known as ‘exorbitant privilege’. While the United States is not alone in its ability to bail out its banks and businesses in times of crisis—other countries with internationally traded currencies can also do so, as can some with closed markets, such as China—the difference is that the United States can shrug off concerns over the impact of such actions on its government balance sheet. The dollar is in such sufficient demand internationally that other countries effectively finance its growing deficits, which have little impact on the value of its currency.

M. Hess, Economic War: Ukraine and the Global Conflict Between East and West, S. 6-

Die «would-be great power» steuert dagegen

Im ersten Buchteil beschreibt Hess die Ursprünge des Wirtschaftskrieges nach den Euromaidan-Protesten und der Annexion der Krim (2013-2021). Dieser Teil zeichnet die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Russland und der Ukraine detailliert nach und zeigt die korrupten Verflechtungen zwischen Politik, Wirtschaft und den Aktivitäten auf den internationalen Kapitalmärkten auf. Darüber hinaus beschreibt Hess, wie sich der Wirtschaftskrieg über Russland und die Ukraine hinaus auf andere Regionen und Sektoren in Europa, Asien und insbesondere im Nahen Osten, Lateinamerika und Afrika ausgeweitet hat. Diese Aktivitäten sind für Hess ein Beleg dafür, dass Russland zwar versuche, als «would-be great power» (S. 1) zu agieren, dies aber wirtschaftlich und finanziell aus einer Position der Unterlegenheit heraus.

Die Eskalation nach dem Einmarsch

Der zweite Teil des Buches geht dann ausführlich auf das Sanktionsregime seit Beginn der Invasion am 24.02.2022 ein. Nie zuvor in der Geschichte haben die USA und ihre Verbündeten derart harte Sanktionen gegen eine vergleichbar große Wirtschaftsmacht verhängt. Die Wirksamkeit der heutigen Sanktionen wird intensiv im Buch analysiert.

Abschliessend gibt Hess einen Ausblick, was der Wirtschaftskrieg für den Westen und die ganze Welt bedeuten könnte, auch wenn es zum Publikationszeitpunkt des Buches so aussieht, als sei Putins Strategie, die westliche Wirtschaft in eine existenzielle Krise zu stürzen, vorerst nicht erfolgreich.

Diskussion

Vor dem BRICS-Gipfel im August in Südafrika (Öffnet in neuem Fenster) hätte ich gedacht, dass Hess’ These etwas weit hergeholt ist. Der Historiker Putin hat sicherlich andere Prioritäten als den US-Dollar. Seit dem Gipfel kann ich diesen Punkt besser nachvollziehen. Das Treffen scheint Hess in seiner Argumentation zu bestätigen: Russland versucht, seinen Wirtschaftskrieg gegen den US-Dollar in Form einer erneuten Intensivierung der Kontakte mit den anderen BRICS-Staaten fortzusetzen – was mit dem Treffen in Südafrika auch gelungen ist. Bei diesem Gipfel, an dem Putin aufgrund der Sanktionen nicht persönlich teilnehmen konnte, wurde deutlich, dass es den jetzigen und zukünftigen Mitgliedsländern darum geht, sich vom US-Dollar und der wirtschaftlichen Überlegenheit des Westens zu entkoppeln.

Wie geht es euch mit Hess‘ Argumentation? Stützt Ihr sie? Was sonst macht das Buch lesenswert? Lest das Buch mit uns oder lest diesen Ausschnitt (Öffnet in neuem Fenster), um die Intention des Autors besser zu verstehen. Auf jeden Fall seid Ihr herzlich eingeladen, bei uns mitzudiskutieren.

Die Rezensionsexemplare wurden uns freundlicherweise kostenlos von Hurst Publishers zur Verfügung gestellt.

Kategorie MikroBuch

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