Der Mut der Frauen
Der gewaltsame Tod der Iranerin Mahsa Amini (kurdisch Jina Amini) zeigt eindringlich die Misogynie der iranischen Politik und gleichzeitig den Mut der Iranerinnen sich gegen das Regime zu stellen.
von Natalia Mleczko (Öffnet in neuem Fenster)

Das Schicksal Mahsa Aminis hat sich in kürzester Zeit um den Globus verbreitet. Auf zahlreichen Social-Media-Kanälen zeigen sich Menschen überall auf der Welt empört und erschüttert, wie das iranische Regime mit Frauen umgeht. Die Kurdin Mahsa Amini wurde letzte Woche aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes von der Sittenpolizei festgenommen. Kurz danach starb sie auf der Polizeiwache. Was genau passiert ist, das weiß bisher niemand. Laut Angaben der Sittenpolizei starb die 22-Jährige an Herzversagen. Kritiker:innen sagen dagegen, dass Amini mehrmals auf den Kopf geschlagen wurde, eine Hirnblutung dadurch entstanden sei und schließlich der Hirntod als Folge der Schläge einsetzte.
Die Kritiker:innen äußerten auch die Vermutung, dass eine Haarsträhne, die sich auf Aminis Kopftuch gelöst haben soll, der Auslöser für die Verhaftung gewesen sei.
Im Iran gelten seit der Islamischen Revolution im Jahr 1979 strenge Kleidervorschriften. In den letzten Jahren sah man häufiger und vor allem in den Großstädten, dass Frauen diese strikte Kleiderordnung für sich neuinterpretierten. Ein Affront aus Sicht erzkonservativer Politiker und Hardliner. Deshalb wurde in den letzten Monaten verschärft im Madschles, dem iranischen Parlament, debattiert, ob das islamische Gesetz strenger umzusetzen sei. Die Sittenpolizei setzt diese Forderungen als Exekutivorgan um. Teilweise äußerst gewalttätig, wie am Fall Mahsa Amini. Der Polizeichef der Hauptstadt äußerte sich gegenüber der Nachrichtenagentur Mehr zu der Kleiderordnung mit den Worten: "Es ist gesetzlich nun mal unsere Aufgabe, Frauen an die Kleidervorschriften zu erinnern. Was sie zu Hause tragen, ist ihre Sache, aber nicht in der Öffentlichkeit."
Mahsa Aminis Tod löste als Reaktion auf die Geschehnisse eine Welle des Protestes im Iran aus. In den Sozialen Medien kursieren zahlreiche Videos, in denen sich Iranerinnen aus Solidarität mit Amini ihre Haare abschnitten oder sich unverschleiert zeigten. Einige prominente Iranerinnen, wie z. B. Anahita Hemmati oder Schabnam Farschaddschu, schlossen sich dem Protest an. Doch auch auf den Straßen regte sich Widerstand gegen das repressive iranische Regime. In knapp 15 Städten ist es in den letzten Tagen zu Ausschreitungen gekommen. Es gibt auch schon erste Todesopfer. Schon jetzt kann man sagen, dass es die größten Proteste seit Jahren in der islamischen Republik sind. Ihr Verlauf ist momentan völlig ungewiss.
Mahsa Aminis Schicksal zeigt, dass das weibliche Haar politisch ist. Lange Haare gelten als ein Symbol der Weiblichkeit und haben eine große Bedeutung in vielen Kulturen. Mahsa Amini stammt aus der kurdischen Provinz im Iran. Dort ist es Brauch, sich Haar bei Trauer abzuschneiden und an das Grab des Verstorbenen abzulegen. Viele kurdisch-stämmige Iranerinnen erweisen ihr jetzt damit die letzte Ehre, zeigen ihre Trauer offen und gleichzeitig begehren sie damit medienwirksam auf. Mehrere Nachrichtenagenturen melden bereits, dass einige Soziale Netzwerke, wie zum Beispiel Instagram, im Iran gesperrt wurden. Das Ziel dieser Aktion ist es, dass der Protest an Fahrt verliert sowie die Unterbindung der Sozialen Netzwerke als Informations- und Mobilisierungsquelle.
Wie sich die Proteste entwickeln, ist bisher noch nicht abzuschätzen. Aber Eins ist zu dem Zeitpunkt gewiss: der Mut der iranischen Frauen.
Es ist äußerst riskant sich unverschleiert in den Sozialen Medien zu zeigen, da die Sittenpolizei diese Beiträge ebenfalls verfolgt. Es wird wahrscheinlich sehr gefährlich werden, wenn die Proteste abflauen sollten, für lange Monate sichtbar abgeschnittenes Haar zu tragen, auch wenn es versucht werden wird dieses zu verschleiern. Schon jetzt ist es gefährlich auf der Straße zu protestieren. Damit setzen viele Frauen ihr Leben aufs Spiel. All diese Handlungen erfordern unheimlich viel Wut und vor allem noch mehr Mut.
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Quellen:
Tagesschau (Öffnet in neuem Fenster) Vogue (Öffnet in neuem Fenster) Spiegel Online (Öffnet in neuem Fenster)