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Die Lehren aus Lützerath

von Natalia Mleczko (Öffnet in neuem Fenster)

Unzählige Fotos aus Lützerath füllten in der letzten Woche Nachrichtensendungen, Social-Media-Plattformen und Zeitungen. Lützerath war praktisch überall. Doch was lernen wir aus Lützerath?

Das Dorf Lützerath liegt in Nordrhein-Westfalen und ist zum Symbol der Klimaschützer für die fossile  Energiepolitik in Deutschland geworden. Jahrelang skandierten Klimaschützer "Lützi bleibt" - nun ist der Kampf, um den Erhalt des Dorfes augenscheinlich zu Ende gegangen. Obwohl noch einige Aktionen durch Klimaschutzaktivisten durchgeführt werden, können bereits einige Lehren aus dem Fall gezogen werden.

Lehre #1: Klimaschutz mobilisiert!

Die Zahl der Teilnehmenden bei der Demo am 14. Januar gingen stark auseinander. Die Polizei schätzte die Anzahl der Demonstrierenden auf 8.000 Menschen, die Veranstalter schätzten auf weit mehr - auf knapp 35.000 Demonstranten. Welche Zahl stimmt, weiß keiner genau, aber seit den globalen Klimastreiks wissen wir, dass Klimaschutz die Massen mobilisiert. Das aktuelle Beispiel zeigt die Mobilisierungskraft hinter der Klimaschutzbewegung. Lützerath ist kein urbaner Raum, wo man "nebenbei auftaucht". Nach Lützerath musste man schon hinwollen. Bundesweit organisierte die Klimaschutzbewegung zig Bus-Shuttles in die Nähe des Ortes. Menschenschlangen bildeten sich, um die letzten Kilometer Fußmarsch auf sich zu nehmen, um in die Nähe der Abbruchkante zu gelangen. Dank Social Media wurden Menschen, die nicht angereist sind, dennoch digital mitgenommen. Luisa Neubauer fasste die Anstrengung der Klimaschutzbewegung gut zusammen: "Klimaschutz ist Handarbeit." Unzählige Menschen haben mit der Arbeit erst angefangen. Klimaschutzdemos ziehen an.

Lehre #2: Der Kampf ist noch nicht vorbei

Klimaschützer konnten das Dorf Lützerath zwar nicht vor den Baggern von RWE retten, aber der Kampf ist noch lange nicht vorbei. Zwar ist das 800 Jahre alte Dorf niedergewalzt worden, doch die Kohle ist noch unter der Erde und laut den Klimaschützern soll dies auch bleiben. Deshalb gehen die Prostest noch weiter. Greta Thunberg höchstpersönlich hat sich dem Protest in Lützerath angeschlossen. Die Kohle, die unter der Erde liegt, wird laut den Klimaschützern für die Versorgungssicherheit nicht gebraucht und wenn diese verfeuert werden sollte, könne Deutschland nicht mehr das 1,5-Grad-Ziel erreichen. Wie lange der Protest noch andauern wird und wer am Ende seine Interessen durchsetzt, ist bisher nicht abzusehen.

Lehre #3: Das Problem grüner Parteien

Keine andere Partei stand im Fall Lützerath so sehr in der Kritik wie Bündnis90/Die Grünen. Sie selbst haben für das Abbaggern des Braunkohledorfs gestimmt. Die Kompromisslösung der Wirtschaftsministerien im nordrhein-westfälischen Landtag und im Bund - beide Ministerien geleitet durch Grüne - mit dem Energiekonzern RWE ist, dass Lützerath weichen muss und der Kohleausstieg für das Jahr 2030 vereinbart wurde. Ein Kompromiss den die Klimaschutzbewegung ablehnt. Aber ein notwendiger laut den Grünen, sonst hätten noch fünf weitere Dörfer dem Bagger weichen müssen. Die Kritik zeigt, dass grüne Parteien den Ansprüchen von Klimaschutzaktivisten oftmals nicht gerecht werden.

Lehre #4: Gewaltausbrüche an der Abbruchkante

Gewaltexzesse seitens der Polizei und einigen Klimaschützern gingen viral. Während die Mehrzahl friedlich protestierte, gab es Ausschreitungen, besonders viele vor der Abbruchkante. Diese Bilder überschatten die Aktionen. Während es bei Friday for Future bisher keine Ausschreitungen gab, war das in Lützerath anders. Dort versammelten sich einige Aktivisten, die Gewalt nicht kategorisch ablehnen. Die Klimaschutzbewegung ist einigermaßen heterogenen. Radikalere Maßnahmen sind, wie schon im Fall der Letzen Generation, unter den Klimaschutzaktivisten fast mehrheitlich akzeptiert. Doch nützen Fotos und Video, in denen sich Polizisten und Klimaschützer bekämpfen, der Klimaschutzbewegung? Schadet es nicht eher der Sache, die Aufmerksamkeit stattdessen auf die verfehlte Energiepolitik des Landes zu lenken?

Lehre #5: Die Stille aus der Politik

Während sich das halbe deutsche Internet mit Lützerath solidarisiert, war aus der Politik-Bubble kaum etwas zu hören. Zwar solidarisierten sich Konservative kurz danach mit der Polizei, aber insgesamt hörte man wenige Stimmen aus Berlin oder Düsseldorf zum Thema Lützerath.

Lehre #6: Das Mahnmal Lützerath

Lützerath gilt schon heute als Symbol für den Hunger nach fossilen Brennstoffen. Die Politik erhoffte sich, dass die Räumung des Dorfes still und heimlich vollzogen wird, wie viele andere Dörfer schon zuvor. Einen solchen Aufschrei hatten wohl Politiker und Politikerinnen nicht erwartet. Überall waren Fotos und Videos aus dem Braunkohlerevier zu sehen. Kein weiteres Thema dominierte in den letzten Wochen mehr als dieses. Die Klimaschutzbewegung entsandte ein starkes Signal des Unmutes und der Mobilisierungsstärke an die Politik und an die Bevölkerung. Es wird sich gegen profitorientierte fossile Energiekonzerne und klimafeindliche Politik zur Wehr gesetzt. Jemand sagte in der öffentlichen Debatte, dass es ein "vor Lützerath und nach Lützerath geben wird". Die Klimaschutzbewegung versucht Lützerath als Wende zu stilisieren. Ob das Gelingen wird, bleibt abzuwarten.

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Kategorie Climate Change
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