Schreib’s trotzdem - Teil 2: Nein, du merkst es dir nicht!
Ich arbeite seit 25 Jahren als Autor. Das heißt, seit einem Vierteljahrhundert gibt es keine Woche, in der ich nicht irgendeinen Text schreibe und auf die ein oder andere Art veröffentliche. Mal Sketche, mal Glossen, mal Zeitungsartikel, Drehbücher, Printbücher, Stand-ups, Moderationen oder auch nur Facebook Posts. Da hat sich so einiges an Erfahrungen und Werkzeug angesammelt. Und da ich weiß, dass viele Leute gerne schreiben würden, aber nicht recht wissen, wie und womit sie anfangen wollen, möchte ich diese Werkzeuge ab jetzt in kurzen Texten weitergeben. Wohlgemerkt: Das sind meine Werkzeuge. Andere Leute haben andere. Sucht euch aus, was euch weiterhilft, vergesst, was Ihr dumm findet. Hauptsache, ihr schreibt. Denn Gründe, um nicht zu schreiben, gibt es viele (Zeit, Geld, Motivation …). Aber so nach 25 Jahren kann ich jedem nur empfehlen: Schreib’s trotzdem.
II. Nein, du merkst es dir nicht!
Der Schreiballtag eines Autors sieht, wie wir alle wissen, folgendermaßen aus: Der Dichter sitzt in seiner spärlich ausgestatteten Dichterstube, mit nichts als einem leeren Blatt Papier vor sich und wartet. Dann geht die Tür auf, eine dickbusige Muse (oder ein durchtrainierter Muserich, je nach Orientierung) kommt herein, küsst den Schreiber auf die Stirn, verschwindet wieder, und kaum ist die Tür zu, beginnt der Dichter wie ein Besessener zu schreiben, beendet sein neues Buch und bekommt einen Literaturpreis. Am nächsten Tag dann dasselbe von vorn.
Ja.
Na ja.
Schön wär‘s.
Natürlich gibt es diese Tage, an denen einem aus heiteren Himmel eine umwerfende Idee kommt und man sie quasi nur noch zu Papier bringen muss. Es gibt aber auch die anderen Tage. Die, an denen man keinen blassen Schimmer hat, worüber man schreiben soll. An denen der Kopf so leer ist, wie eine katholische Kirche zwischen Weihnachten und Ostern. Erfahrungsgemäß sind das leider die Tage, an denen man schreiben muss. Weil eine Deadline näher rückt. Weil einem ein Lektor oder ein Producer auf den Füßen steht. Und weil man sich schon viel zu lange vor der Arbeit gedrückt hat. Das sind fürchterliche Tage, an denen man sich quält und selbst beschimpft und ärgert, es sei denn - und jetzt kommt‘s: es sei denn, man hat vorher schon Ideen aufgeschrieben.
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