TEXTE VOM VORHANDENSEIN
TEIL 22: VOM FESTHALTEN (UND LOSLASSEN) Teil 2
“The books or the music in which we thought the beauty was located will betray us if we trust to them; it was not in them, it only came through them, and what came through them was longing. These things—the beauty, the memory of our own past—are good images of what we really desire; but if they are mistaken for the thing itself they turn into dumb idols, breaking the hearts of their worshipers. For they are not the thing itself; they are only the scent of a flower we have not found, the echo of a tune we have not heard, news from a country we have never yet visited.”
― C.S. Lewis, The Weight of Glory
Im letzten Teil habe ich ein wenig über die verschiedenen Übersetzungsmöglichkeiten dieses einen Satzes geschrieben, den Jesus im Evangelium nach Johannes am Ostersonntag zu Maria von Magdala sagt: “Rühre mich nicht an” oder “Halte mich nicht fest”. Wenn du in diesen Text nochmal reinlesen möchtest, findest du ihn im Archiv oder unter folgendem Link: Zum Text (Öffnet in neuem Fenster)
Ausgehend von dem Gedanken, dass es vielleicht eher darum geht, sich nicht an einem festen Gottesbild, einem zementierten Glaubenssatz oder einer unverrückbaren Vorstellung festzuhalten, habe ich versucht eine Art Antwort auf diese Aufforderung zu formulieren:
NOLI ME TANGERE
Ich weiß, was es heißt
und wie bedeutsam es sein kann,
endlich ein passendes Bild gefunden zu haben (für dich).
Ich verstehe, wie es sich anfühlt
Frieden zu verfolgen
bis sich das Gefühl einstellt,
ihn final festhalten zu können.
Oder zu dürfen.
Oder in der Lage zu sein,
Finger darum legen zu lernen.
Hoffnung im Haltegriff.
Und Frieden im Schwitzkasten.
Im dunkel Augen verborgenen Ringen
bis du mich endlich (auch) segnest
oder zumindest ansiehst.
Vielleicht mit einem Lächeln,
einem gütigen Nicken.
Aber Absolution klingt andererseits auch
zu distanziert und fremdartig-technisch.
Ich in den Ritzen zwischen den Sitzflächen.
Der Platz der keinem angeboten wird,
auf den man selbst rutscht (oder geschubst wird).
Zwischen
Stühlen
lässt sich unbequemer sitzen, aber
aus dieser Sitzposition heraus
lassen sich auch schwerer Throne errichten.
(Für dich) oder mich selbst oder irgend ein neues Machtsystem,
das an die Stelle des Vorherigen tritt. Immer im Namen der Freiheit!
Natürlich!
Also gut, ich lasse dich los,
und meine Finger von dir
Berühre dich nicht. Vielleicht
dafür in Zukunft mich mehr,
ohne mich zu fragen, wie du das findest.
Ich zerreiße nach und nach die falschen Bilder von dir,
die ich jahrelang mit mir herumgetragen habe,
tanze um die Asche, der sich qualmend aufrollenden Polaroids,
auf denen du auf jedem einzelnen grimmig drein schaust
oder unnahbar entrückt in dich hinein lächelst
und überlege, was ich in die nun leer gewordene Schublade stecke,
in der ich dich bis dahin verwahrt hatte.
Und ich frage mich, ob es einen Ort gibt,
vielleicht eine Art Berg, auf den die
ausgeglaubten Götter kommen, wenn
die letzte Person zum letzten Mal Amen gesagt hat,
die an sie geglaubt hat
und die letzte Kerze zu deren Ehren ausgepustet wurde.
Einen Ort, an dem sie untot und unausstehlich herumspuken und ihr Unwesen
treiben und auf bessere Zeiten hoffen und glauben, dass früher alles besser war.
Klammern ist nicht sexy und jemandem Veränderung verwehren,
wo Wachstum gegen alle Fugen drückt bis es knirscht und schmerzt,
genauso wenig. Ich werde weiter wachsen und das manchmal als Schrumpfen
empfinden und dir dasselbe zugestehen, denke ich,
obwohl ich mir schon gerne vorstelle, dass du mich deinerseits
trotzdem manchmal festhälst.
Hier kannst du dir das Gedicht von mir vorlesen lassen:
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Marco
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