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TEXTE VOM VORHANDENSEIN

TEIL 10: VOM BEACHTEN

„I listened for lions

all I heard was elephant“

-Allen Ginsberg, The lion for real

Das Wort Gott ist ein ausgedachtes Geräusch. Das Hintergrundrauschen lässt sich kaum herausfiltern. Da schwingt so viel mit. Da hängt so viel dran und jeder, der es neu spricht fügt eine weitere Schicht hinzu.

Ich liege auf einer Insel und schaue auf eine andere Insel. Sie sieht leicht erschwimmbar aus, ist in Wahrheit aber 11 Kilometer entfernt. Das behauptet zumindest Google Maps. Ich blicke auf die Berge, oder eher die Hügelkette der Insel, die wie der Rücken eines schlafenden Drachen, oder eines sehr großen Krokodils aussehen. Über dem Hügel mit dem sich windenden braunen Pfad beobachte ich eine einzelne Wolke. Seltsam symmetrisch. Sie sieht ein bisschen aus wie Idefix im Seitenprofil. Links Schwanz. Rechts Schnauze. Und im nächsten Moment eine ganz andere Form.

Zehn Minuten Meeresschwimmen. Dann Rückkehr zur halbausgetrunkenen und halbkühlen Bierdose am Strand und der Frage, woher ich jetzt wissen soll, dass in der Zwischenzeit niemand darin ertrunken ist.

Eine blau-weiße Fähre fährt durchs Bild. Sie braucht etwa zwei Minuten durch mein Blickfeld. Danach wechselt die Szene und sie ist fort. Für mich zumindest.

Ameisen im Gegenverkehrgewusel auf dem Holzstamm, der falschen Palme unter der ich zum Rauchen liege. Ich lese lieber verstorbene Dichter. Die lebenden ändern ihre Meinung und Haltung zu oft, um sich am geschriebenen orientieren zu können. Und ich bin einer davon. Suche ständig nach Bestätigung für mein unsicheres Schreiben. Einen Hinweis vielleicht auf der richtigen Spur zu sein. Was bescheuert ist, weil ich glaube, wahre Dichtung entsteht einfach, ohne sich darum zu scheren, ob das so richtig ist, oder wie es irgendwer findet, wenn man das so formuliert.

Der Klang der Zwergohreule nach Sonnenuntergang. Wir finden heraus, dass kleine Eulen und Vögel Ästlinge heißen und freuen uns sehr über das Wort. Perfekte Halbmondsichel plus 1-2 Sterne schimmern durch die Zweige der Pinie. Darunter Weißwein-Gespräche mit Fremden, die nach zwei Gläsern und Geschichten keine mehr sind.

Das Wort Gott ist ein ausgedachtes Geräusch. Das Hintergrundrauschen lässt sich kaum herausfiltern. Da schwingt so viel mit. Da hängt so viel dran und jeder, der es neu spricht fügt eine weitere Schicht hinzu.

Wir sitzen in einer kleinen Bucht und ziehen unsere Liegen dem Schattenwurf hinterher. Ich denke, wie eigenartig es ist, dass es die Gedanken verändert, je nachdem, ob ich aufs Meer, oder in die andere Richtung, aufs Landesinnere, blicke. Beim ersten habe ich Allen Ginsbergs Briefwechsel gelesen und an die Weite gedacht. Beim zweiten mache ich mir direkt wieder Sorgen, um die Aufgaben der nächsten Wochen und alles, was gerade eher eng ist im Leben. Ich mache mir manchmal Sorgen darüber mir zu viele Sorgen zu machen. Das ist doch absurd.

Das Wort Gott ist ein ausgedachtes Geräusch.

Hier kannst Du Dir den Text von mir gesprochen anhören:

Liebe Grüße und bleib neugierig <3

Marco

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