Zum Hauptinhalt springen

Widerstand gegen die Hamas

Hunderte Menschen in Gaza demonstrieren für ein Ende des Krieges und gegen die Hamas-Diktatur

Hunderte oder sogar tausende Menschen in Gaza versammeln sich derzeit auf Demonstrationen in unterschiedlichen Teilen des Gazastreifens und rufen Anti-Hamas-Slogans.

Sie rufen vor allem die Hamas dazu auf, dass der Krieg endlich enden soll, dass sie leben und essen wollen, also lieber leben als als Märtyrer sterben wollen. Sie rufen teilweise "Ja zum Frieden, nein zur Tyrannei der Hamas", einige sagen, sie seien „Geiseln der Hamas“.

Eines der Slogans nennt die Hamas gar "Terroristen". (Öffnet in neuem Fenster)

So gut wie alle Menschen in Gaza haben genug vom Krieg und viele wissen sehr wohl, wer diesen Krieg mit Siegpropaganda begonnen hat, nämlich die Hamas am 7. Oktober. Ebenfalls wissen sie, wer unter diesem Krieg am meisten leidet, nämlich die Zivilbevölkerung und nicht etwa die Hamas, die in ihren Tunneln in Gaza sowie Palästen in der Türkei und Qatar sitzt, gleich neben der Firmenzentrale Al Jazeeras.

Viele westliche „propalästinensische“ Gruppen sowie deren Hofmedien Al Jazeera und Middle East Eye ignorieren die Proteste oder stellen sie als Gruppe von Hochverräter:innen dar, argumentieren gar, dass es die Hamas sei, die die Zivilbevölkerung vor Israel schütze. In der Realität ist es aber vor allem auch das Verhalten der Hamas, das die Zivilbevölkerung von Gaza so massiv gefährdet.

 

Man kann sich natürlich fragen, warum diese Demonstrationen ausgerechnet jetzt stattfinden.

Das liegt an vielen Dingen. Einerseits sind die Demonstrationen eigentlich nicht neu, sie hat es immer wieder gegeben, sie wurden aber von dem Unterdrückungsapparat der Hamas immer wieder brutal niedergeschlagen. Wer etwas von den "Wir wollen leben!"-Protesten im Jahr 2019 gehört hat, diese waren ganz ähnlich wie die, die wir jetzt erleben. Sie richteten sich gegen Arbeitslosigkeit, Armut, Korruption, Unfreiheit unter der Hamas-Diktatur, die laut Freedom House zu den unfreisten Landstrichen der Welt (Öffnet in neuem Fenster) gehört. Viele Protestanführer:innen wurden jedoch inhaftiert, verprügelt oder aus dem Land gejagt und damit zum Schweigen gebracht (Öffnet in neuem Fenster). Gaza ist eines der wenigen Landstriche, das in den letzten zwanzig Jahren der Hamasherrschaft kein Wirtschaftswachstum, sondern nur ständige Rückschritte in der wirtschaftlichen Entwicklung (Öffnet in neuem Fenster) erlebt hat. Das liegt sicher an den vielen Kriegen, die die Hamas mit Israel geführt hat, in dem Versuch, an der Seite des Irans und seiner Milizen Israel zu vernichten, so wie es die Hamas-Charta vorsieht (Öffnet in neuem Fenster) und die Hamas-Anführer ständig von neuem betonen. Ebenfalls sind dafür die starken wirtschaftlichen Einschränkungen verantwortlich, die Israel als Folge der Vernichtungs- und Kriegsdrohung der Hamas gegen Israel verhängt hat. Erschwert wird das dadurch, dass die Hamas selbst Güter des alltäglichen Lebens und zivile Infrastruktur zu Kriegszwecken nutzt. So berichtete die Hamas in einem Propagandavideo stolz, dass sie selbst Abwasserrohre ausgraben ließ, um diese für Raketen einsetzen zu können (Öffnet in neuem Fenster). Das sorgte dafür, dass umso mehr Güter des alltäglichen Lebens von Israel nicht in den Küstenstreifen gelassen wurde, was die Zivilbevölkerung noch härter traf.

Eine repräsentative Umfrage noch im September 2023 aus Gaza offenbarte, dass die Hamas kaum beliebt war, eine Mehrheit war unzufrieden mit der Partei (Öffnet in neuem Fenster). Kurz zuvor hatte es erneut „Wir wollen leben“-Proteste gegeben (Öffnet in neuem Fenster). Diese Stimmung hat sich während des Krieges wohl kaum gebessert, vor allem gemessen an dessen apokalyptischen Folgen für die Zivilbevölkerung.

Offensichtlich sind die "wir wollen leben"-Proteste wieder zurück und die Missstände sind eindeutig noch größer.

 

Jetzt ist sicher die Frage: Warum trauen sich die Sympathisant:innen der Proteste wieder auf die Straße?

Das hat mehrere weitere Gründe:

Erstens: Viele Menschen in Gaza sind enorm frustriert und haben bereits im von der Hamas begonnenen Krieg sehr viel verloren, ihr Eigentum, ihren Job, ihre Häuser, ihren Lebensstandard, ihre Gesundheit, aber auch Verwandte und Freund:innen. Die Lebensbedingungen in Gaza sind erbärmlich, die Hilfsgüter werden seit Wochen wieder von Israel blockiert. Die Hamas kümmert sich wenig darum, eine Lösung für dieses Problem zu finden und versucht, das Problem auszusitzen.

Ein Teil der Bevölkerung von Gaza ist mittlerweile bereit, viele Risiken einzugehen, um den tödlichen Krieg zu beenden, nachdem das letzte Waffenstillstandsabkommen nicht über die erste von 3 Phasen hinausging. Lieber in Haft geraten oder von der Hamas getötet werden, als sinnlos weiter als menschliches Schutzschild und "Märtyrer" verheizt zu werden.

 

Zweitens: Die Hamas wurde vor einigen Tagen von heftigen Luftschlägen Israels getroffen, viele hochrangige Hamas-Mitglieder wurden gezielt getötet, darunter neben militärischen Befehlshabern vor allem auch leitende Personen, die als Regierungsmitglieder die Unterdrückung der Bevölkerung zu verantworten haben (Öffnet in neuem Fenster). Deren Macht ist gerade also etwas geschwächt, das Hamas-Regime kann also weniger Einfluss ausüben als sonst, sodass dies den Demonstrierenden möglicherweise in die Karten spielen könnte.

 

Drittens: Viele Menschen in Gaza dürften sich deutlich werden, dass vor allem eine Sache noch zwischen einem Ende des Krieges steht, nämlich die Hamas. Diese weigert sich nämlich beharrlich, nach dem Krieg die Macht in Gaza abzugeben. Das ist aber die Grundbedingung Israels dafür, irgendeine Nachkriegsordnung in Gaza zu ermöglichen. Dabei steht Israel nicht allein. Auch der ägyptische Nachkriegsplan für Gaza sieht ein Ende der Herrschaft der Hamas vor. (Öffnet in neuem Fenster)

Der Grund ist offensichtlich: Genau diese Organisation neben anderen Terrorgruppen ist dafür verantwortlich, am 7. Oktober über 800 Zivilist:innen absichtlich nur aufgrund ihrer jüdischen Herkunft ermordet und Hunderte weitere entführt zu haben. Genau diese Organisation beharrt weiterhin darauf, dass der Krieg gegen Israel weitergeführt wird (Öffnet in neuem Fenster), aber zu einem späteren Zeitpunkt, wenn die Hamas sich militärisch erholt hat.

 

Viertens: Die Hezbollah und der Iran sind nach eineinhalb Jahren Krieg weitgehend aus dem Spiel, die Terrororganisationen im Westjordanland sind geschwächt, die Hamas steht nun weitgehend allein. Gleichzeitig steht die Trump-Regierung der israelischen Regierung deutlich zur Seite und unterstützt dessen völkerrechtlich fragwürdigen Kurs. Trumps Gaza-Plan öffnete die Büchse der Pandora, ethnische Säuberungen von Palästinenser:innen wurden im politischen Diskurs normalisiert. Die sehr rechte israelische Regierung hat daraufhin die "freiwillige Ausreise" der Bewohner:innen von Gaza ins Spiel gebracht und droht damit, die Nahrungsversorgung weiterhin zu blockieren und den Krieg wieder fortzuführen (Öffnet in neuem Fenster) oder sogar Gebiete Gazas zu annektieren, falls die Hamas nicht die restlichen Geiseln freilässt und von der Macht abtritt.

 

Der erste Grund in meiner Liste ist sicherlich der Wichtigste. Die Hamas hat den Menschen von Gaza beim Abschluss des Waffenstillstandsabkommens dieses als angeblich glorreichen "Sieg" verkauft, nach fast 50.000 sinnlosen Toten und der Zerstörung des Großteil des Küstenstreifens.

Diese Propaganda war schon der pure Hohn, als das Abkommen abgeschlossen wurde, selbst die antisemitischsten und Hamas-freundlichsten Gaza-Bewohner:innen konnten sich darüber nicht freuen (Öffnet in neuem Fenster). Dass dieses groß angekündigte Versprechen der Hamas auf Frieden, Wiederaufbau und eine Zukunft nur wenige Wochen später wieder zusammenbrach und jetzt der Krieg wieder brutal zurückkommt, hat der Glaubwürdigkeit der Hamas nun vollends den Rest gegeben.

Mit der Hamas gibt es keine Zukunft für Gaza. Ohne die Hamas jedoch sehr wohl.

Ich kann nur eines sagen:

Ich wünsche den Menschen in Gaza viel Erfolg bei ihren Demonstrationen und dass die Hamas endlich den Weg in eine bessere Zukunft für Gaza freimacht, ohne sinnlosen Dauerkrieg und totalitäre Propaganda, die nur dafür da ist, mehr Menschen in den Fleischwolf weiterer sinnloser Kriege zu werfen. 2005 gab es anders als im Westjordanland in Gaza keine Siedlungen mehr und keine direkte Besatzung durch Israel, Ariel Sharon hatte sie einseitig räumen lassen und plante dasselbe für das Westjordanland, fiel aber ins Koma, bevor er dies tun konnte. Sein politischer Nachfolger Ehud Olmert bot dies fürs Westjordanland den Palästinenser:innen an (Öffnet in neuem Fenster), doch Verhandlungen dazu führten zu nichts und die ständigen Anschläge der Hamas auf israelische Zivilist:innen schadeten ihm im Wahlkampf.

Gaza hatte eine Chance und hätte ein florierendes Dubai am östlichen Mittelmeer werden können, wenn man im Sinne der palästinensischen Bevölkerung statt auf Krieg auf Entwicklung gesetzt hätte.

Stattdessen wurde Gaza unter der Hamas zum stärksten Argument der israelischen Siedlerbewegung dafür, warum Siedlungen und Besatzung niemals beendet werden dürften. Sonst entstehe daraus nur Terror und eine Sicherheitsbedrohung (Öffnet in neuem Fenster). Mit den Massakern des 7. Oktobers wurde dieses Argument noch größer, zumal viele der Opfer der Massaker linke und progressive Israelis gewesen waren (Öffnet in neuem Fenster), die sich für die Palästinenser:innen eingesetzt hatten.

Gaza hat eine Zukunft verdient.

Zurück zu einer Zeit, wo Israelis palästinensischer Herkunft mal eben nach Gaza reisten, um zum örtlichen Krämer zu gehen und Verwandte zu besuchen (Öffnet in neuem Fenster). Zurück zu einer Zeit, wo das Wort "Wiederaufbau" wirklich das bedeutet, was es heißt und nicht bloß ein Codewort für "Wiederaufrüstung" ist.

 

Was in Damaskus passiert ist, kann vielleicht auch in Gaza passieren, nämlich der Sturz einer Diktatur und dem Ende des Krieges, das diese Diktatur lostrat. Zumindest hätten die geschundenen Menschen in Gaza dies nach all den Leiden der letzten Jahre verdient.

Kategorie Israel/Palästina

0 Kommentare

Möchtest du den ersten Kommentar schreiben?
Werde Mitglied von lupen_rein und starte die Unterhaltung.
Mitglied werden