18. Dezember 2021
Was bleibt von der Europapolitik der vergangenen Woche? Der Konflikt mit Russland spitzt sich weiter zu. Der EU-Gipfel findet keine Antwort auf die Energiekrise. Und die Alleingänge in der Coronakrise häufen sich.
Die Ära Merkel ist vorbei, die hochgelobte Krisenmanagerin hat Platz für ihren Nachfolger Scholz gemacht. Doch keine einzige Krise ist gelöst – im Gegenteil: Von der “Polykrise” (J.-C. Juncker) schlittert die EU in die Permakrise.
Gleich drei Problemthemen haben den letzten EU-Gipfel des Jahres überschattet. Da war zunächst Russland: Wie soll man mit dem Truppenaufmarsch in Westrussland umgehen? Die EU-Chefs waren sich alles andere als einig.
Während Polen und Balten sofortige Sanktionen forderten, wollten Deutschland und Frankreich die Tür zum Dialog offenhalten. Der Kompromiss ist eine Sanktions-Drohung, die mit einem Dialog-Angebot garniert ist.
Aber auch USA und Nato dürfen mitreden. (Öffnet in neuem Fenster) Das zeigt, dass es mit der “europäischen Souveränität” nicht weit her ist. Im Zweifel wird US-Präsident Biden den Befehl zu Strafmaßnahmen geben – und nicht Scholz oder Präsident Macron.
Die EU hat sich zwar eine neue Einflußzone in Osteuropa gesichert, wie der Gipfel mit der “Ostpartnerschaft” am Mittwoch gezeigt hat. Doch sie hat weder eine funktionierende Russland- noch eine ernstzunehmende Sicherheitspolitik. Ein Trauerspiel.
Nicht viel besser sieht es um die Energiepolitik aus. Während die Gaspreise auf neue Rekordhöhen klettern und auch die CO2-Zertifikate immer teuer werden, konnten sich die 27 nicht auf eine gemeinsame Antwort einigen.
Nicht einmal Deutschland und Frankreich ziehen an einem Strang – sie streiten über die “Taxonomie” und die Frage, ob Atomkraft und/oder Gas als “grün” eingestuft werden. Die Zeche werden die Bürger zahlen, es drohen sogar Blackouts. (Öffnet in neuem Fenster)
Last but not least gab es auch noch Streit über die Coronapolitik. Da häufen sich wieder die nationalen Alleingänge – mit Impfpflicht in Österreich und wohl auch Deutschland sowie Testpflicht in Italien, Griechenland und Portugal.
Brüssel verliert die Kontrolle
Die Omikron-Variante bedroht die ohnehin brüchige Solidarität – und Brüssel verliert mal wieder die Kontrolle. Wenn es so weiter geht, wird der EU-weite Impfausweis bald wertlos sein, nationale Regeln erschweren schon jetzt wieder das Reisen.
Zudem müssen sich die EU-Bürger darauf einstellen, bald “ungeimpft” zu sein, obwohl sie “vollständig” (zweimal) geimpft sind – nach neun Monaten soll die Gültigkeit des EU-weiten Impfzertifikats ablaufen (Öffnet in neuem Fenster). Nur wer “geboostert” ist, behält seine Rechte.
Mich ärgert das – denn so werden die Probleme der Impfstoffhersteller und das Versagen von Politik und “Experten” auf die Bürger abgewälzt. Aber hey – nirgendwo läuft der Verlauf und Export von Vakzinen besser als in EUropa.
Von der Leyen hat gerade eine neue Bestellung bei Biontech (Öffnet in neuem Fenster) aufgegeben. In spätestens hundert Tagen soll ein neues Vakzin auf den Markt kommen, das wir dann bestimmt auch alle verabreicht bekommen. Es wäre die vierte Impfung…
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