Mensile: Rückblick (und Vorschau) auf unübersetzbar italienische Weihnachten
Erzkatholisch ist Italien nicht mehr.
Nur noch 18 Prozent der Bevölkerung im Land geht jeden Sonntag in die Messe. Der Anteil der treuen Kirchgänger ist nur noch um rund zwei Prozentpunkte höher als jener der Nichtgläubigen (15,9 Prozent).
Die Zahlen gehen aus einer im Oktober veröffentlichten Umfrage des christlichen Magazins Il Regno hervor. Italien ist noch überwiegend katholisch, so fasst diese Zahlen Journalist Giacomo Gambassi in der katholischen Zeitung Avvenire zusammen (Öffnet in neuem Fenster). Aber schon im nächsten Satz schränkt er ein: Oder zumindest nimmt sich das Land so wahr.
Die katholische Kirche mag an Wirkmacht verlieren – aber der Einfluss katholischer Feiertage bleibt in Italien enorm.
Mindestens vier dieser Feiertage sind bis heute viel mehr als arbeitsfreie Tage für die meisten Menschen: Es sind Einschnitte im Alltag, um die herum das Land in zwei verschiedene Ausnahmezustände verfällt.
Ausnahmezustand I:
Der 15. August, Ferragosto, markiert den Höhepunkt des Sommers, um diesen Tag herum wird das öffentliche Leben bis heute auf spektakuläre Weise heruntergefahren (Öffnet in neuem Fenster).
Ausnahmezustand II:
Der 8. Dezember, der 25. Dezember und der 6. Januar sind jeweils Anfang, Höhepunkt und feierlicher Abschluss des periodo natalizio, der Weihnachtszeit – oder der feste.
Weihnachten bedeute besonders in Italien eine Aufhebung des Alltäglichen,so hat es mir gegenüber im vergangenen Jahr der Filmwissenschaftler Alan O’Leary zusammengefasst.
O’ Leary hat ein wertvolles Buch (Öffnet in neuem Fenster) über die unübersetzbar italienische Weihnachtstradition cinepanettone geschrieben. Eine Tradition, die zwischen 1990 und 2010 zwei goldene Jahrzehnte hatte und der ich im vergangenen Jahr die erste Weihnachtsepisode von Kurz gesagt: Italien (Öffnet in neuem Fenster)gewidmet habe.
Heuer habe ich meine Weihnachtsepisode (Öffnet in neuem Fenster) dem Tag gewidmet, an dem diese Newsletter-Ausgabe erscheint: der Epifania, in deutschsprachigen katholischen Regionen Dreikönigstag.
Der 6. Januar ist der Tag, an dem Jahr für Jahr die unübersetzbar italienische Weihnachtshexe Befana die Augen vieler Kinder leuchten lässt und die Herzen einiger Erwachsener wärmt.
Die Befana kehrt mit ihrem Besen Weihnachten weg, unter anderem davon erzähle ich in dieser Folge.
Dieser Schlussakt der feste ist ein bedeutender Teil des weihnachtlichen Ausnahmezustands in Italien.
Und weil der Mensile-Newsletter ja dazu dienen soll, anders oder noch tiefer einzutauchen in das Thema der jeweiligen Podcast-Episode, geht es diesmal zum Ende der Weihnachtszeit um ein paar weitere unübersetzbare Eigenheiten des italienischen Natale.
Diese spätweihnachtliche Ausgabe ist für Weihnachtsmenschen ein Rückblick auf die Weihnachtstage und ein früher Ausblick auf die feste 2024/25, die ja auch nur noch läppische 48 Wochen entfernt sind.
Und für Weihnachtsmuffel ist sie ein (hoffentlich amüsanter) Schlüssel, um zu verstehen, worum sich zwischen Aosta und Agrigento das Leben während der festtäglichen Ausnahmezeit dreht.
Es geht um unterschätzte italienische Weihnachtsbräuche: von hochpolitischen Krippenfiguren über einen hartnäckigen Kultfilm – bis hin zu Sackpfeifenspielern ohne Kilt.
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