Das “Herz von Limburg” schlägt
Liebe Kulturinteressierte,
Vor kurzem habe ich euch geschrieben, warum Fastnacht zur Kultur dazugehört (Öffnet in neuem Fenster). Letzte Woche hatte ich es bereits angekündigt, heute gibt es eine Fastnacht-Sonderausgabe und ich berichte von der Kappensitzung beim Rauchclub 1884 Limburg e.V. Für mich immer wieder eine sehr schöne Sitzung, da man zum einen im Kolpingsaal immer das Gefühl von Wohnzimmer hat und zum anderen aufgrund der vielen Generationen, die zum Gelingen beitragen. Und für mich ist es auch immer ein Stück nach Hause kommen, denn im Rauchclub haben wir als Familie auch eine Heimat gefunden.
Viel Spaß beim Lesen!
Viele helfende Hände
Bevor ich in die Sitzung einsteige, möchte ich das Engagement der vielen Beteiligten loben. So eine Sitzung kann nur ein voller Erfolg werden durch die vielen helfenden Hände. Und das beginnt nicht um 19.11 Uhr der ersten Sitzung. Dies beginnt bereits Monate vorher mit den Proben für das Programm, mit den Vorbereitungen zur Sitzung – viele Arbeiten, die dem Besucher so nicht sichtbar sind. Ich möchte an dieser Stelle gar nicht mit eigenen Worten beschreiben, was da alles läuft, sondern leihe mir die Worte von Nicola Bischof, Sitzungspräsidentin:
„Der Auftakt ist gemacht!
Monate langes Gedankenmachen, Ideensammeln, unzählige Besprechungen, Reden und Konzepte schreiben, Aktualisieren, Streichen und Kürzen, Musik aussuchen, Lieder schneiden, Aktive motivieren, Absprachen treffen, Proben, Kulisse bauen, Auftrittskleidung auswählen, ggf. neu nähen, verzieren, ändern, Sprechübungen, Kinder behutsam heranführen, Ängste nehmen, Tränen trocknen, bei Laune halten, Accessoires besorgen und gestalten, Bühnenaufbau, Saal vorbereiten, Strippen ziehen für die Licht- und Toninstallation, Imbiss vorbereiten, Getränke, Kisten, Technik und notwendiges Mobiliar für sechs Abende, für ca. 1200 Gäste, in die erste Etage schleppen, Toilettenpapier, Seife und Handtücher auffüllen, Gläser spülen, Programm für verschiedene Altersstufen und Geschmäcker zusammenstellen, Eintrittskarten verkaufen und dabei Wunschtermine koordinieren, Ehrengäste einladen, Programmablauf sinnvoll gestalten, am Morgen nach den Sitzungen, nach max. fünf Stunden Schlaf, alles wieder aufräumen, spülen, das komplette Kolpinghaus putzen, WCs reinigen, alles wieder für die Abendveranstaltung herrichten, um dann paar Stunden später, gut gelaunt und voller Vorfreude, das nächste Publikum begrüßen und hoffentlich auch mit unseren Darbietungen begeistern zu können...D a s a l l e s g e h t n u r z u s a m m e n !!!
Mit vielen Menschen, die sich alle auf ihre ganz eigene Art und Weise, im Rahmen ihrer Möglichkeiten, mit ihrem Talent, für ein und das gleiche Ziel ehrenamtlich einsetzen: Anderen Menschen für ein paar Stunden Freude zu bereiten und sie an ihrer eigenen teilhaben zu lassen.“
Und dies ist nur eine Zusammenfassung des gesamten Engagements, welches hinter einer solchen Sitzung steckt. Doch nun möchte ich Euch in die Sitzung mitnehmen und ein wenig Frohsinn mit euch teilen.
„Herz von Limburg“
Prinz Holger I., der mit seiner Prinzessin Tanja I. vom Staffeler Berg und seinem Gefolge seine Aufwartung machte, hatte genau die richtigen Worte mit im Gepäck: „Das Kolpinghaus ist das Herz von Limburg“ und somit auch die Sitzung. Mitten in der Altstadt wird Frohsinn mit ganzem Einsatz gelebt. Und auch wenn die Welt draußen krisengeschüttelt und zum Verzweifeln ist, schafften es die zahlreichen Akteure vor und hinter der Bühne, diesen ganzen Irrsinn vor der Tür zu lassen und einfach nur zu lachen, zu tanzen und Spaß zu haben. Dazu tragen Aktive von 2,5 Jahren bis über geschätzt 80 Jahre bei. Ein guter Beweis dafür, dass Fastnacht auch jung hält. Zahlreiche Zahnrädchen greifen ineinander, vom Ton über die Technik bis hin zum Ablauf. Für jeden ist etwas dabei und auch wenn nicht jedem jeder Programmpunkt gefällt, so ist es doch gerade diese bunte Mischung, die zu einem unvergesslichen Abend führt.
Eine starke Jugendarbeit prägt den Rauchclub seit Jahren. Allein bei den Rauchclub-Minis standen über 20 Kinder zwischen 2,5 und 17 Jahren auf der Bühne. Da sind die Lacher vorprogrammiert, wenn die Jugendlichen davon sprechen, bereits seit 30 Jahren im Geschäft zu sein. Es habe Gerüchte gegeben, sie aus dem Programm zu streichen, also haben sie kurzerhand eine Agentur zum Glücklichsein gegründet und bei verschiedenen Aktivitäten in der Stadt für gute Laune gesorgt. Imposant Pfarrer Gereon Rehberg als riesige Taube, die zu „Komm lass uns leben“ über die Bühne lief. Überhaupt das Taubenthema in Limburg – sehr dominiert im letzten Jahr, weil sie einmal gezählt und nochmal gezählt und wieder gezählt wurden, mal sollten sie getötet, dann umgezogen werden. Dieses Thema wurde dann auch von verschiedenen Akteuren aufgegriffen. So fragte sich Alexandra Meurer als Müllfrau, warum es für die einen Tiere eine riesen Lobby gibt (Tauben), während andere so gar keine Lobby haben (Ratten). Ansonsten drehte sich beim Protokoll der Müllfrau viel um das Thema Wasser. Die Idee, den Georgsbrunnen auf dem Neumarkt durch ein Wasserspiel zu ersetzen, sei aufgrund von Spargründen zum Glück vom Tisch. Beim 2. Brückenfest wehrte sich der Rauchclub gegen die Wassermassen von oben und ein Keim machte das Trinkwasser unbrauchbar. Kurz und prägnant gelingt es ihr immer wieder, ein Jahr kompakt und lustig zusammenzufassen.
Und nochmal kurz zu den Tauben zurückzukommen – auch der Mann mit der Gitarre, Dirk Jung, nahm sich dem Thema an und fand in seiner Plattensammlung Lieder von 1956, die das Taubenproblem in Wien besangen und daher sehr gut auch auf Limburg passen.
Fastnacht lebt davon, die zurückliegende Politik mit spitzer Feder zu sezieren und wieder zusammenzusetzen, so dass man manchmal nicht weiß, ob man lachen oder weinen soll. Sehr gekonnt gelingt dies immer wieder dem Chroniker Jürgen Fritsche, der den Irrsinn der Welt vor Augen führt, indem er als Leuchtturm der Schöngeistigen wacker standhält. Über Trump-Wähler und die ersten Tage von Trump bis hin zur überbordenden Bürokratie, KI und aus der Ampelkoalition zeigt er gekonnt auf, dass es nur noch Irre auf der Welt gibt und daher würde es ihn auch nicht wundern, wenn es einen „irren Wahlausgang“ gibt.
Szenen mitten aus dem Leben
Doch genug von Politik, denn es sollte ja ums Abschalten gehen. Nicht wegzudenken von der Rauchclub-Bühne sind Jaqueline, Gaby und Imke im Trigespräch, gespielt von Carmen Adamzent, Nicola Bischof und Silke Seelbach. Diesmal trafen sie sich in der Fankurve bei einem Fußballspiel und sprachen über Männer, vegane Stadionbratwurst, Kleidung und verletzte Fußbälle, heißt es doch Fußballverband.
Alex Sommerfeld, in den letzten Jahren immer mit Kai Diefenbach auf der Bühne als verkannte Balletttänzer und Superstars. Nun war sie auf der Suche nach ihm, aber irgendwie auch froh ihn nicht zu finden. Doch alleine wollte sie auch nicht sein und meldete sich bei Tinder an. Ein falscher Wisch nach rechts und sie traf sich mit einer schillernden DragQueen (Max Menneckenmeyer). Auch wenn es nicht Liebe auf dem ersten Blick war, empfanden die beiden Stück für Stück Sympathie füreinander. Der „voluminöse, pailettenbesetzte Resonanzkörper“ von Max traf auf die Frau, für die innere Werte mehr als das äußere zählten (Alexandra) und beide waren sich einig: „Ich habe auf Tinder was gefunden, was ich so gar nicht gesucht habe.“
Der Eschhöfer Thomas Raab hatte seinen zweite Auftritt und geht mit offenen Augen durch die Welt. Was er dort erlebt, arbeitet er gekonnt auf und bringt das Publikum zum lachen mit seltsamen Angewohnheiten, schieffahrenden Einkaufswagen und dem Älterwerden. Er räumte mit dem Mythos auf, dass Männer mit dem Alter weniger Haare haben, „die verteilen sich nur anders am Körper“. Aber auch er ist über die aktuelle Zeit nur den Kopf am schütteln: „Seit rund 300.000 Jahren existiert der Mensch und ausgerechnet wir erwischen die Epoche der Idioten.“
Komplett ist eine gelungene Sitzung erst durch die zahlreichen Tänze und musikalischen Einlagen. Da standen die Besucher, die Hände klatschten den Rhythmus mit bei dem Tanzmariechen Lia Möhlheinrich, dem Gardetanz und dem Showtanz der Musketiere oder dem Fastnacht-Medley des Chors „Fiftyniners“. Die Waldgeister nahmen die Besucher mit auf die Balearen und der Damenelferrat entführte nach Afrika.
Kurzweilig und gewohnt charmant führten Markus Kiesewetter, Peter Meurer und Nicola Bischof als Sitzungspräsidenten durch den Abend.
Ich kann nur Danke sagen, denn das Engagement der vielen hat für einen kurzweiligen, vergnüglichen Abend gesorgt.
Ihr seid nun neugierig geworden? Dann schaut gerne auf dem Instagram-Kanal (Öffnet in neuem Fenster)vorbei, ab und an werden noch Karten frei und ihr habt kurzfristig die Möglichkeit, mal kurz vom Alltag abzuschalten und euch von guter Laune mitreißen zu lassen.
Ich wünsche Euch ein schönes Wochenende und allen Fastnachtern eine tolle Saison.
Eure Heike
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