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Schrödingers Wurst

„Alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei“, das sagt sich so leicht. Oder singt sich – im Fall von Stephan Remmler – so leicht. Aber ist es tatsächlich wahr?

Eine philosophisch-physikalische Betrachtung unter Berücksichtigung biologischer, geologischer, astro- sowie gastronomischer Aspekte.

Nun, auf den ersten Blick betrachtet, also, wenn eine Wurst so vor einem liegt, besitzt sie tatsächlich und nachweisbar zwei Enden. Wenn man aber genau darüber nachdenkt …
Es ist nämlich so: in dem Moment, in dem man beginnt an einem Ende der Wurst zu knabbern, wird dieses Ende automatisch zu ihrem Anfang! Womit sich das andere ebenso automatisch, definitiv und ausschließlich zum eigentlichen Ende wandelt! Woraus folgt, dass diese Wurst, wie alle anderen Dinge auf dieser Welt, fortan ebenfalls nun doch nur ein einziges Ende besitzt.

Man kann diesem Problem auch nicht entgehen, indem man die Wurst in der Mitte teilt und das Verzehren von diesem Mittelschnitt aus beginnt: Denn in diesem Fall hat die zuvor gesamtheitliche Wurst zwar noch immer zwei separate Enden, aber durch den Schnitt wurde sie tatsächlich in zwei individuelle Wurstteile (oder auch zwei separate Würste) geteilt, die jede für sich doch wieder nur ein Ende besitzen!

Exkurs: Ja, selbst würden wir eine dieser Neo-Teilwürste bei dem zuvor vorhandenen Ende (vulgo Wurstzipf) zu verzehren beginnen, was voreilig betrachtet zu einer Wurst führen würde, die überhaupt kein Ende(sic!) mehr hat, stimmt das doch nicht, weil die Schnittmitte auf diese Weise ohne Zeitverzögerung zum neuen Ende werden würde.

Die Conclusio muss daher ergo ipso facto lauten: ja, es stimmt zwar, dass alles eine Ende hat, die Wurst per se und ab initio jedoch zwei; diese Voraussetzung gilt allerdings nur, solange man sie als Ur-Wurst in der ihr eigenen einheitlichen strukturellen Integrität existieren, also wesen, lässt. In dem Moment hingegen, wo sie ihrem eigentlichen Zweck zugeführt wird, wird durch den Beginn des Verzehrs ihr Ende (sowohl im Sinne von Endstück als auch im Sinne vom Ende ihrer Existenz her) endgültig definiert.
Ein bisschen wie bei der quantenphysikalischen Wellenteilchenproblematik, bei der der Beobachter den zuvor in einem unklaren Quantenzustand befindlichen Objekt seiner Beobachtung den endgültigen Kick in die eine oder andere Richtung gibt. Es handelt sich bei dieser Problematik ergo um „Schrödingers Wurst“.

Letztlich sei noch darauf hingewiesen, dass auch eine nicht verzehrte Wurst früher oder später ein Ende findet. Sei es durch den Prozess des Verwesen oder einer anderen Form der Auflösung in ihre Bestandteile – wie dem Vertrocknen und irgendwann darauf folgenden Zerbröckeln, Zerbröseln und zu Staub Zerfallen.

Ja, sogar in dem unwahrscheinlichen Fall einer Versteinerung würde diese nunmehr versteinerte Wurst irgendwann einmal erodieren – oder, sollte sie tatsächlich alle Wirrnisse und Wechselfälle der Zeit überstehen, spätestens dann untergehen, wenn unsere Erde in der sich aufblähenden Sonne verglüht. Und würde sie vorher noch von irgendwelchen Außerirdischen gerettet oder auf einem fliehenden Schiff der letzten Überlebenden der Menschheit mitgenommen werden, ja, sogar dann würde sie ihr ultimatives Schicksal nur aufschieben.

Alternativ könnte man eine Wurst freilich auch in einen Mixer werfen, dann würde sie ebenfalls enden, ohne dass eines der beiden Enden als das endgültige der zuvor zwei Enden zu definieren wäre.

In jedem dieser Fälle würde sie jedoch ihr Ende – und zwar nur eines! – finden.

Der Satz „Alles hat ein Ende nur die Wurst hat zwei“ ist daher zwar ein schöner und philosophisch anregender Gedanke, letztendlich lässt er sich aber falsifizieren.

Wurst

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Grafik by macrovector (Öffnet in neuem Fenster)

Kategorie Satire

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