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Wider den Alarmismus

Ein weiterer prophetischer Text von mir, diesmal aus dem Jahre 2021, mahnt zu mehr Gelassenheit. Dazu stehe ich auch heute noch.

Unsere Welt zeigt sich in den letzten Jahren zunehmend gespaltener, kontroverser. Nicht, dass es nicht schon immer unterschiedliche Meinungen und heftige Auseinandersetzungen gegeben hätte, aber die Polarisierung hat in den letzten Jahren, sicher auch durch die sozialen Medien, extrem zugenommen. Besonders deutlich sieht man in den USA, wo es ja von vornherein nur zwei (große) politische Lager gab und gibt. Aber auch bei uns zeigen sich immer wider polarisierende Bruchlinien, besonders bei den großen Konfliktthemen wie Ukraine, Klimawandel und – bis vor noch nicht allzu langer Zeit – Corona.

Zwar gibt es auch jetzt noch Leute, die versuchen das Corona-Thema, pardon, viral am Köcheln zu halten (oder gar revanchistisch hochzukochen), aber die meisten Leute wollen damit inzwischen einfach in Ruhe gelassen werden. Interessant auch, dass diese Bruchlinien oft ziemlich synchron verlaufen. Wer Corona für eine „Plandemie“ (mit L) hält, für den gilt auch eine signifikant höhere Wahrscheinlichkeit, dass er oder sie den Klimawandel für eine Erfindung der Eliten (warum auch immer) und Putin für ein armes Opfer (warum auch immer) hält.

Zurück zum eigentlichen Thema. In allen diesen Diskussionen bemühe ich mich seit Jahren um Mäßigung. Ich versuche ruhig und sachlich mit Menschen mit Extremmeinungen zu diskutieren, beruhige und beschwichtige, gegebenenfalls in beide Richtungen. Denn wenn ich eine Lebenserfahrung mit einbringen darf, selbst wenn sie nach Binsenwahrheit klingt: nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Und ich persönlich sehe keinen Gewinn darin, mich irgendeinem Lager anzuschließen, um das andere (die anderen) danach bis aufs Blut zu bekämpfen. Ja cool, ich bin jetzt Mitglied einer Gruppe, damit bin ich der Gute und alle anderen sind die Bösen! Echt jetzt?

Ich sehe die Dinge lieber möglichst objektiv. Und Alarmismus ist, nach wie vor gerne gefördert durch die allmächtigen Algorithmen, in den meisten Fällen nicht viel mehr als Clickbait. Allerdings, manche Leute fühlen sich erst so richtig wohl, wenn sie sich ausreichend gruseln (oder empören) können. Nach dem Prinzip funktionieren Boulevardzeitungen mindestens seit Jahrzehnten, wenn nicht Jahrhunderten. Heutzutage nennt man dieses Verhalten, weil vorwiegend online durchgeführt, „Doomscrolling“. Also das ständige Weiterwischen von einer Horrormeldung zur nächsten.
Ein bisschen mehr Mäßigung, ein bisschen mehr Augenmaß und, ja, auch ein bisschen mehr Verständnis für das jeweilige Gegenüber täte nicht nur den erhitzten Diskussionen, sondern generell jedem von uns gut.

Dafür habe ich hier ein Beispiel. Vor kurzem hatte ich ja bereits einen „prophetischen“ Text (Öffnet in neuem Fenster) aus meinem alten Blog als Kopfsalat repostet, weil ich zu dessen Aussagen, wenn sie sich auch noch nicht alle realisiert haben, nach wie vor stehe.
Hier hätte ich noch einen.

Noch mitten in der heftigsten Coronazeit, als sich die Wende aber immerhin schon langsam abzeichnete, schrieb ich einen Text, der von der nachlassenden Kraft der besonders extremen Kassandra-Rufer handelte. Den möchte ich hier noch einmal publizieren. Nicht um meine prophetischen Gaben zu beweisen (obwohl natürlich auch, zwinker-zwinker), sondern eher um darzulegen, wie sich die Dinge mit Abstand doch meist ganz anders darstellen, als mitten in der heftigsten Panik. Der Text trägt den Titel:

Das Verblassen der Besorgten

(15. April 2021)

Ich muss sagen, dass ich die diversen besorgten bis hysterischen Absonderungen unserer leerdenkenden Freunde der Pandemie immer gelassener nehme.

Ich habe auch immer weniger Lust mich über Prozente, Promille und die Sinnhaftigkeit von Maßnahmen und Masken sowie die Gefährlichkeit von Impfungen zu streiten.

Die normative Kraft des Faktischen sorgt sowieso langsam aber gründlich dafür, dass all diese Diskussionen zunehmend irrelevant werden:

Bis Ende des Sommers sind alle, die wollen, geimpft, wenn wir Pech haben Mitte Herbst, die Wirtschaft wird sich erholen, der Tourismus ebenfalls, die Geschäfte und Kultureinrichtungen werden wieder öffnen und wir können zu einem normalen Leben zurückkehren. Wenn nötig, zücke ich halt zur Überbrückung meinen grünen Impfpass, um zum Friseur oder ins Kino zu gehen.

Der Faschismus wird dennoch nicht ausgebrochen sein und die Geschichte vom ‚Great Reset‘ wird ihren wohlverdienten Platz neben dem Weltuntergang aufgrund des Endes des Mayakalenders oder irgendwelcher vorhergesagter und niemals eingetroffenen Katastrophen und Kometen einnehmen.

Kein eingeimpfter Microsoft-Chip wird uns über 5G steuern, die Pharmakonzerne und Regierungen werden genauso viel oder genauso wenig Macht haben wie schon zuvor. Niemand wird uns noch mehr überwachen oder unseren freien Willen beeinflussen, als Facebook und Google es bereits jetzt schon tun.

Alle besorgten Bürger können sich dann neuen Windmühlen zuwenden.

Oder alten:

Der Klimawandelleugnung, der allgemeinen Impfskepsis, den Chemtrails und der großen Umvolkung, also dem Austausch wackerer europäischer Christen gegen bösartige orientalische Moslems, der von jüdischen Millionären gesteuert wird (ja, eh).

Ich kann’s kaum erwarten.

Tja, die Ukraine hatte ich damals noch nicht auf dem Radar. Aber sonst …

Also, Contenance, meine Freunde und Freundinnen, mehr Gelassenheit und Ruhe. Egal, worum es geht, und sei es Künstliche Intelligenz.

Ich meine … Wachsamkeit? Natürlich. Das Übel an den Wurzeln packen, wo es zu sprießen beginnt? Selbstverständlich. Kämpfen für Humanismus, Gerechtigkeit und die Schwachen der Gesellschaft? Ohne jede Frage. Aber auf jeden Schnellzug zum Abgrund, egal ob von rechts („Das ist ja [Buzzword]-Diktatur“) oder auch von links („Das sind ja alles [Buzzword]-Nazis!“), aufspringen … meiner Meinung nach keine gute Idee.

Das sein zu lassen, ist außerdem deutlich blutdruckschonender.

Don Quixote attackiert eine Windmühle


Kategorie Politik

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