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Noltes Notizen | 14. Juli 2023

Liebe KLup-Freund:innen,

ab und an werden wir - meist freundlich - daran erinnert, dass doch in der katholischen Kirche nicht alles schlecht sei, dass es doch vor allem so viel Gutes und Schönes gibt, über das zu berichten sich mindestens so lohnt. Konkret erinnere ich mich an den Kommentar eines Monsignore bei uns auf Facebook, der uns angesichts unserer Meldungen zu über einer halbe Million Kirchenaustritte fragte, ob wir denn wohl auch über die Wiedereintritte in die katholische Kirche berichten würden.

So sehr ich es verstehen kann, dass schlechte Nachrichten eben schlechte Nachrichten und nicht gerade zu guter Laune beitragen: Es ist nicht unsere Aufgabe, gute Laune zu verbreiten. Und es sind im Übrigen auch nicht wir Journalisten, die für das Schlechte in Welt und Kirche sorgen. Nicht wir machen es - sondern andere. Aber es ist unsere Aufgabe, darauf hinzuweisen, wo Dinge nicht gut laufen. Damit man sie ändern kann. Damit es besser werden kann. Damit man - pardon - wieder Grund zu guter Laune hat.

Davon ab: Solche Klage über schlechte Nachrichten sind letztlich Selbstoffenbarungen. Denn natürlich berichten wir stets und ständig über wunderbare Geschehnisse, Menschen, Aktionen, Projekte. Was etwa in Gemeinden und Verbänden, aber eben auch von Einzelpersönlichkeiten selbstverständlich und trotz allem oder gerade deshalb an Einsatz aus dem Glauben, für die Gemeinschaft der Glaubenden, für die Gesellschaft und damit als Kirche getan wird, ist und bleibt überwältigend. Merkwürdig nur, dass das gern von denen ausgeblendet wird, die uns vorwerfen, nur über das Schlechte zu schreiben. DAS jedenfalls haben ja ganz offensichtlich auch sie mindestens wahrgenommen, wenn nicht selber gelesen. Scheint wohl durchaus ein Interesse daran zu geben.

Gerade heute erst haben wir darüber berichtet, wie das Kreisdekanat Steinfurt ehrenamtliches Engagement besser fördern möchte (Öffnet in neuem Fenster). Gestern haben wir über die Rekordhilfe von Caritas International (Öffnet in neuem Fenster) in den großen Krisenregionen berichtet. Wir haben gefragt und damit gezeigt, was katholische Jugendverbände so attraktiv macht (Öffnet in neuem Fenster), dass es dort - gegen den Trend - mehr als 2.000 neue Mitglieder gab. Oder wie es die Pfarrgemeinde in Lüdinghausen, dass sie für ihre sieben Ferienlager sage und schreibe 150 (!) ehrenamtliche Betreuer gefunden hat (Öffnet in neuem Fenster), sodass 560 Kinder eine tolle Zeit haben. Um mal nur ein paar Beispiele seit gestern zu nennen. All das sind hervorragende, positive Geschichten! Und die machen sogar tatsächlich richtig gute Laune. Denn natürlich ist nicht nur das "auch" Kirche - es ist es ganz besonders. Da ist das Volk Gottes als Volk Gottes unterwegs, verändert die Welt, lässt etwas vom Grundguten des Reiches Gottes aufleuchten und erfahrbar werden. So geht Kirche. Als allerstes.

Besonders möchte ich an dieser Stelle auf unsere Themenwoche hinweisen, die sich um Ferienlager und ganz speziell um die auf der niederländischen Insel Ameland drehen. Ameland ist Kult! Generationen sind dort gewesen, längst haben die Väter und Mütter ihre Töchter und Söhne angesteckt. Mein Kollege Paul Hintzke hat sich auf der Insel ein Bild gemacht - aber auch hier nicht nur nach dem Motto: Wir machen mal was Schönes über Gute-Laune-Zeit im Ferienlager. Nein, unser Volontär ist journalistisch an die Sache herangegangen, und zwar mit einer klaren Fragestellung, auf die er - der selber bei Ameland-Ferienlagern mitgemacht hat - in Vorrecherchen gestoßen ist: Wie sieht eigentlich deren Zukunft aus, wenn der Trend anhält, dass manche Insulaner inzwischen lieber Appartements bauen, wo sie mit ruhigeren Gästen mehr Geld verdienen können? Mitunter weichen schon Gebäude, in denen bisher Kinder und Jugendliche die tollsten Zeiten erlebt haben.

Also ist er hingefahren, hat weiter recherchiert, hat mit Ferienlager-Anbietern, mit Vertretern der Politik und mit Insulanern gesprochen und natürlich mit denen, die sich mitunter seit langer Zeit als Betreuende bei den Lagern engagieren. Herausgekommen sind Reportage, Hintergrundbericht, Interview, Historical, Social-Media-Posts. So geht Journalismus. Das lernt man bei uns! Das ist unser Anspruch. Ich muss wirklich sagen, dass ich ein bisschen stolz darauf bin, dass "unser Paul" diese Reihe so auf die Beine gestellt und bewiesen hat, dass ganz offensichtlich im richtigen Beruf unterwegs ist.

Übrigens sind diese Geschichten gewissermaßen auch Pauls Hausaufgaben gewesen: Zu seiner Ausbildung, die ja in Kooperation mit dem "Institut zur Förderung publizistischen Nachwuchses" in München läuft, gehört nämlich eine sogenannte große Recherchearbeit: ein Thema wird von verschiedenen Seiten tief recherchiert und - jedenfalls in diesem Fall - auch in verschiedenen journalistischen Darstellungsformen präsentiert. Im Kurs mit seinen Mitstreiter:innen wird seine Arbeit dann wie die der anderen von externen Journalist:innen-Profis genauestens analysiert und bewertet. Und wenn dann aus einer solchen Recherche problematische oder zumindest bedenklich Entwicklungen herauskommen, die für die Zukunft von Ferienlagern echte Auswirkungen haben können - dann ist damit eine starke Information verbunden, die womöglich zu Veränderungen führen kann. Sollten wir so etwas sein lassen, damit die gute Laune nicht flöten geht? Wohl kaum.

In der kommenden Woche übrigens, am Dienstag genauer gesagt, wird ein Journalisten-Kollege das ganz anders sehen. Johannes Loy, Feuilleton-Chef der "Westfälischen Nachrichten" beklagt in seinem Gast-Kommentar das Aufspringen auf alles Negative. Nicht nur im Journalismus, sondern auch gesellschaftlich in der allgemeinen Mediennutzung. Selbstverständlich ist auch diese Position wichtig und berechtigt und hat ihren Platz bei uns. Und nachdem ich heute morgen in meinem Kommentar beklagt habe, dass durch die womöglich massiv steigenden, zweifellos berechtigten Schmerzensgeldzahlungen auch massive Auswirkungen auf die finanziellen Möglichkeiten der Kirche zu befürchten sind - manche rechnen mit bis zu 25 Milliarden Euro, die dann sicherlich so manchen Bistumshaushalt zum Kollabieren bringen würden -, berichten wir am Nachmittag über eine gegenteilige Einschätzung: Der Bonner Kirchenrechtler Norbert Lüdecke glaubt, dass auch diese Zahlungen die Bistümer nicht in die Knie zwingen werden. Mir ging es letztlich darum zu zeigen, dass durch die Schuld der Täter wie der institutionellen Vertuscher Gelder nicht für jenes Engagement zur Verfügung steht, das Kirche eigentlich als Kirche ausmacht. Vor allem aber: Natürlich steht meine Meinung neben der von Norbert Lüdecke auf unserer Startseite.

Ach, bevor ich's vergesse, so viel Zeit muss sein: Im vergangenen Jahr sind 3.753 Menschen wieder in die katholische Kirche in Deutschland eingetreten. Das sind 0,72 Prozent der Zahl derer, die gegangen sind. Keine Wertung! Pure Analyse. Gern geschehen. Wir freuen uns über jede:n Rückkehrer:in.

Euch allen ein erholsames Wochenende - gern mit bester Laune!

Guet goahn!

Markus Nolte (Chefredakteur Online)

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