Antisemitismus im Mai 2025
Der Überfall der Hamas auf Israel hat nicht nur den Nahen Osten erschüttert, sondern auch eine gefährliche Entsolidarisierung mit Jüdinnen und Juden weltweit ausgelöst. Diese Vorfälle, dokumentiert in Statistiken, geben einen Überblick, doch sie können nicht die gesamte Tragweite des Problems fassen. Was in den Zahlen sichtbar wird, ist nur ein Bruchteil der Realität. Die wahre Dimension des Antisemitismus zeigt sich in den subtileren Formen von Hetze, Relativierung und der Verharmlosung von Gewalt. Die Auseinandersetzung mit diesen Erscheinungsformen ist dringend notwendig, wenn wir als Gesellschaft die drängenden Fragen nach Solidarität und Verantwortung stellen wollen. Dabei geht es nicht nur darum, Zahlen zu sammeln oder Vorfälle zu benennen, sondern darum, die tieferliegenden gesellschaftlichen Strukturen zu erkennen und ihnen kollektiv entgegenzutreten.
Die nachfolgende Chronik dokumentiert eine Reihe von Vorfällen und hinterfragt auch tiefere gesellschaftliche Strukturen. Sie verdeutlicht, dass Antisemitismus in einer zunehmend polarisierten Welt weiterhin eine ernsthafte Bedrohung darstellt – nicht nur als isoliertes Phänomen, sondern als Teil eines globalen und gesamtgesellschaftlichen Problems.
Anduze, Frankreich, 02. Mai 2025 – Älterer Jude beim Füttern von Katzen antisemitisch beleidigt und brutal angegriffen
In der südfranzösischen Kleinstadt Anduze (nahe Alès) wurde am Mittwoch, den 30.04. 2025 ein über 70-jähriger jüdischer Mann Opfer eines antisemitischen Angriffs. Das berichtete die französische Plattform Entrevue. Der Mann war laut Medienangaben mit Kippa und Zizit bekleidet, als er auf der Straße streunende Katzen fütterte. Ein stark alkoholisierter Mann in seinen 40ern beleidigte ihn als „dreckigen Juden“, schlug und trat auf ihn ein – und forderte zudem Geld.
06. Mai 2025 – Russlands hybride Einflusskampagnen zielen auch auf die israelische Öffentlichkeit – mit rechten Bündnispartnern und alten Feindbildern
Ein brasilianischer Influencer, Fake-News-Seiten, ein undurchsichtiges Netzwerk aus PR-Agenturen und Sicherheitsberatern – und mittendrin: Israel. Recherchen von t-online und der Jüdischen Allgemeinen zeigen, wie weit Russland bereit ist zu gehen, um seine Version der Realität in die Welt zu tragen – auch nach Tel Aviv. In geleakten Projektpapieren, die zunächst dem estnischen Portal Delfi und der Süddeutschen Zeitung zugespielt wurden, taucht Israel als lohnendes Ziel hybrider Einflussnahme auf. Die innenpolitische Lage sei »günstig«, heißt es dort, um die öffentliche Meinung zu manipulieren – zugunsten Russlands, versteht sich. Das Ziel soll dabei sein, Israel aus der »antirussischen Agenda des Westens« herauslösen. Und dabei rechts gegen links ausspielen. Über 50 Prozent der russischsprachigen Israelis sollen laut den Plänen ihre Solidarität mit Moskau im Ukraine-Krieg erklären. Bei der restlichen Bevölkerung will man immerhin noch 30 bis 35 Prozent mit anti-ukrainischen Narrativen erreichen.
Madrid, Spanien, 07. Mai 2025 – “Palästina-Aktivist:innen” attackieren spanisches Verteidigungsministerium
Die britische Gruppe Palestine Action hat ihre Aktivitäten nach Spanien ausgeweitet. Erstes Ziel war das spanische Verteidigungsministerium. Die Gruppe wirft dem Ministerium vor, Waffen vom israelischen Rüstungskonzern Elbit Systems zu kaufen – Waffen, die laut Aktivist:innen zuvor „an Palästinenser:innen erprobt“ worden seien. In der Nacht auf Dienstag postete die Gruppe Fotos auf Instagram, die rote Graffiti-Schriftzüge wie „Boycott Elbit Systems“ an der Fassade des Ministeriums zeigen. Die Aktion reiht sich ein in eine Reihe von Sachbeschädigungen durch Palestine Action, die sich offen zur BDS-Bewegung bekennen und militante Aktionsformen propagieren.
Deutschland, 08. Mai 2025 – Die Linke und die Auslöschung Israels
Ulrike Eifler, Mitglied im Parteivorstand der Linken, postet auf X eine Palästina-Karte in den Farben der palästinensischen Flagge – nicht nur über Gaza und das Westjordanland, sondern über das gesamte Staatsgebiet Israels gelegt. Dazu der Hashtag #FreePalestine. Was klingt wie ein Aufruf zur Freiheit, ist in Wahrheit ein Aufruf zur Auslöschung – Israels Existenzrecht wird in diesem Bild schlicht negiert.
Basel, Schweiz, 09. Mai 2025 – ESC-Gewinner fordert Ausschluss Israels
Nemo, gekürter ESC-Gewinner von 2024, fordert im Gespräch mit Huffpost UK den Ausschluss Israels vom Eurovision Song Contest. Mit der Begründung, Israels Politik widerspreche den Werten des Wettbewerbs – Frieden, Einheit, Menschenrechte.
Berlin, 10. Mai 2025 – Holocaust-Vergleich und Bezug auf Margot Friedländer
Wenige Tage nach dem Tod von Margot Friedländer, einer der letzten Zeitzeuginnen der Shoah, halten Demonstrierende in Berlin auf der Demo “Rheinmetall entwaffnen” ein Schild hoch: „Holocaust in Gaza“ steht darauf – darunter die Frage: „Was würde Margot Friedländer wohl zu ihm sagen?“ Gemeint ist damit “zu Israel.”

Basel, Schweiz, 11. Mai 2025 – Hassgesten bei ESC-Eröffnung
Ein Mann, eingehüllt in eine palästinensische Flagge, fährt sich mit der Hand waagerecht über den Hals – eine eindeutige Drohung in Richtung der israelischen Kandidatin Yuval Raphael. Der israelische Rundfunk Kan veröffentlichte das Video und erstattete Anzeige. Die Schweizer Polizei bestätigte den Eingang der Beschwerde.
Chemnitz, 13. Mai 2025 – Parteitag der Partei “Die Linke”
Die Linke hat auf ihrem Parteitag beschlossen, sich künftig an der sogenannten Jerusalemer Erklärung (JDA) zu orientieren – eine Antisemitismusdefinition, die vor allem dafür bekannt ist, israelfeindliche Positionen zu entlasten. Parallel dazu verabschiedete die Partei einen Antrag mit dem Titel “Vertreibung und Hungersnot in Gaza stoppen”, in dem Israel vorgeworfen wird, die Zivilbevölkerung gezielt auszuhungern – ohne ein Wort zur Hamas.
Flossenbürg, 13. Mai 2025 – Linke Parolen an der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg
In der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg ist es in den vergangenen Wochen zu massiven Sachbeschädigungen gekommen. Unbekannte beschmierten Wände und Türen mit politischen Parolen, die laut Angaben der Gedenkstätte dem linken Spektrum zugeordnet werden. Es handelt sich um die umfangreichsten Verunstaltungen des Geländes seit Jahrzehnten. Zunächst waren Ende März Graffiti am denkmalgeschützten Trafohaus auf dem Gelände des ehemaligen KZ-Steinbruchs entdeckt worden. Vergangene Woche folgte eine weitere Schmiererei an der Außentür des Gebäudes. Auf den veröffentlichten Bildern sind unter anderem die Worte “Nazis töten” sowie Symbole der linksautonomen Szene zu erkennen.
Berlin, 13. Mai 2025 – Das Landesamt für Einwanderung (LEA) drohte einer Holocaust-Überlebenden mit der Abschiebung
Das Landesamt für Einwanderung (LEA) drohte einer Holocaust-Überlebenden mit der Abschiebung. Auf Nachfrage der taz heißt es lapidar, man äußere sich „aus grundsätzlichen Erwägungen“ nicht zu Einzelfällen. Durchschnittliche Bearbeitungszeiten? Keine Angaben. Fragen? Bitte ins Kontaktformular. Dass die Behörde in der Lage ist, Mails zu verschicken, zeigt sich am selben Tag, als sie plötzlich doch handelt. Lena Kernerman erhält eine Nachricht – nach öffentlichem Druck. Man habe den Fall „nochmal geprüft“, ein Termin sei für den 15. Mai angesetzt, ein Aufenthaltstitel für fünf Jahre wird in Aussicht gestellt.
Deutschland, 13. Mai 2025 – Amnesty International veröffentlicht verzerrten Bericht zu “pro-palästinenischer Unterdrückung” in Deutschland
Amnesty International teilt einen Bericht, der klingt, als wäre er direkt aus dem Social-Media-Feed der Samidoun-Gruppe kopiert. Unter dem Titel "Anti-Palestinian Repression in Germany" wird dort jede Konsequenz für antisemitische Hetze, jede polizeiliche Maßnahme gegen gewaltbereite Demonstrationen und jede Sanktion gegen Israelhass als systematische Unterdrückung umgedeutet. Die vermeintliche „Datenbank“ des ELSC – aufbereitet von Forensic Architecture – verwandelt Rechtstaatlichkeit in Repression und macht aus legitimer Gefahrenabwehr politische Verfolgung. Amnesty reicht diesen verzerrten Aktivismus bereitwillig weiter – und diskreditiert damit nicht nur sich selbst, sondern auch jene, die tatsächlich unter staatlicher Willkür leiden.
Deutschland, 14. Mai 2025 – Antisemitischer Hass im Netz – Anzeige bleibt folgenlos
Im November 2024 erstattete ein nichtjüdischer Bürger Anzeige gegen einen eindeutig antisemitischen Kommentar auf YouTube. Unter einem Video des Senders »Arte« über Israel und Russland hatte jemand geschrieben:
„Juden erinnern an den Enkeltrick. Immer auf der Suche nach fremden Sparbüchern.“
Das ist kein harmloser Spruch, sondern codierter Hass. Dieser Satz greift auf uralte antisemitische Klischees zurück, die historisch zur Vorbereitung der Schoa dienten: Juden als Betrüger, Diebe und Bedrohung. Solche Propaganda wurde von den Nazis systematisch verbreitet. Doch die Anzeige hat keine strafrechtlichen Konsequenzen, denn die Staatsanwaltschaft Bochum sieht in dem Kommentar keine Volksverhetzung oder verhetzende Beleidigung (§130, §192a StGB). Eine einfache Beleidigung gegenüber der jüdischen Gemeinschaft könne zwar vorliegen, aber zur Strafverfolgung brauche es einen Strafantrag – also eine Anzeige von einem Betroffenen.
Deutschland, 14. Mai 2025 – Israelbezogener Antisemitismus als legitime Kritik
Die linke Zeitung nd verteidigt die Entscheidung der Linkspartei, sich künftig an der „Jerusalemer Erklärung“ (JDA) statt an der international anerkannten IHRA-Definition von Antisemitismus zu orientieren – und stellt sich damit offen gegen die Kritik des Zentralrats der Juden. In einem Artikel wirft Raul Zelik dem Zentralrat vor, unberechtigte Angriffe gegen die Linke zu führen. Der Zentralrat hatte der Partei Antisemitismus vorgeworfen und forderte, künftig keine politischen Bündnisse mehr mit ihr einzugehen. Dass nd dabei israelbezogenen Antisemitismus als legitime Kritik tarnt, fügt sich nahtlos in die Traditionslinie einer deutschen Linken, die Antizionismus gern als moralisches Gewissen ausgibt.
Berlin, 15. Mai 2025 – Drohungen gegen jüdischen Lokalpolitiker in Berlin
In Berlin ist der jüdische Grünen-Bezirksverordnete Daniel Eliasson Ziel rechter Drohungen geworden. Mutmaßliche Rechtsextreme veröffentlichten seine Telefonnummer und E-Mail-Adresse im Netz. Der Berliner Staatsschutz ermittelt. Für Eliasson sind antisemitische Hasspostings keine Seltenheit – doch seit er öffentlich Jan Böhmermanns jüngste Enthüllungen über den rechten YouTuber „Clownswelt“ unterstützte, hat die Bedrohung deutlich zugenommen. Ein Nutzer mit dem Namen „Your Local Bastard“ teilte die sensiblen Daten des Politikers.
Berlin, 15. Mai 2025 – In Kreuzberg eskaliert eine Demo zum Nakba-Tag
Bei einer pro-palästinensischen Demonstration in Berlin-Kreuzberg kam es am Donnerstagabend, dem 15. Mai 2025 zu heftigen Ausschreitungen. Rund 1100 Menschen versammelten sich unter dem Motto „Nakba 77“ und protestierten teils aggressiv gegen Israel und den Gaza-Krieg. Dabei wurden elf Polizisten verletzt, einer davon schwer. Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin hat die Ermittlungen zum Fall des schwer verletzten Beamten übernommen. Aus der Menge flogen Flaschen und Steine, Teilnehmer versuchten, einen Aufzug zu starten. Die Polizei setzte Wasserwerfer ein und löste die Demonstration auf.
Berlin, 15. Mai 2025 – Schöne neue Medienwelt
Das “Publix-Haus” in Berlin-Neukölln versteht sich als neuer Ankerpunkt für gemeinwohlorientierten Journalismus. Doch an diesem Anspruch regt sich Zweifel – spätestens seit ein dort tätiger Journalist einen Film produziert, der Mitgliedern des Netzwerks #Samidoun (Öffnet in neuem Fenster) eine Bühne bietet.
Hessen, 15. Mai 2025 – 926 antisemitische Vorfälle in Hessen gemeldet
Die Zahl der judenfeindlichen Vorfälle in Hessen ist 2024 drastisch gestiegen – um rund 75 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Das zeigt der aktuelle Jahresbericht der landesweiten Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (Rias), der am Donnerstag in Gießen vorgestellt wurde. Insgesamt wurden 926 Vorfälle gemeldet. Für Jüdinnen und Juden bedeutet das: Angriffen und Drohungen kann kaum noch entkommen werden. Antisemitismus durchdringt mittlerweile alle Bereiche der Gesellschaft.
16. Mai 2025 – Hitler-Verehrung in den Charts
Ye, früher bekannt als Kanye West, landet mit seinem neuen Song WW3 weltweit auf Platz 1 der Spotify-„Viral 50“ – auch in Deutschland, Israel und den USA. Der Text des Songs? Eine Mischung aus offener Hitler-Verehrung, Opferumkehr und antisemitischer Provokation. In WW3 inszeniert sich Ye als verfolgter Künstler, der zu Unrecht des Antisemitismus beschuldigt werde. Wörtlich heißt es: „Sie sagen, ich benehme mich wie Hitler. Aber wie kann ich mich wie Hitler benehmen, wenn ich ein verdammter N***** bin?“ Eine rhetorische Entgleisung, die nicht nur rassistische Stereotype aufgreift, sondern auch den Nationalsozialismus relativiert und Antisemitismus leugnet – mit Verweis auf die eigene Hautfarbe.
Amsterdam, Niederlande, 17. Mai 2025 – Stolpersteine in Amsterdam beschmiert
In Amsterdam wurden mehrere Stolpersteine mit roter Farbe beschmiert. Über die Steine, die an deportierte und ermordete Jüdinnen und Juden erinnern, sprühte jemand das Wort „Propaganda“.

Basel, 18. Mai 2025 – Farbattacke beim ESC-Auftritt Israels
Es waren nur wenige Sekunden, doch sie reichten, um das politisch aufgeladene Klima rund um den diesjährigen Eurovision Song Contest auf die Bühne zu tragen. Während Yuval Raphael in der St. Jakobshalle ihren Beitrag New Day Will Rise performte, versuchten zwei Personen, die Absperrung zur Bühne zu überwinden. Im Gepäck: Farbbeutel, offenbar gefüllt mit roter Farbe – Symbolik, die kaum zufällig gewählt war. Laut SRF handelt es sich um eine Frau und einen Mann, die am Ende des Auftritts versuchten, die Bühne zu stürmen. Ein Crew-Mitglied wurde dabei von einem der Farbbeutel getroffen. Der gezielte Angriff zeigt, dass es den Tätern nicht um performative Kritik ging, sondern um maximale Sichtbarkeit für ihren israelbezogenen Hass.
Frankfurt, 18. Mai 2025 – Antisemitische Schmierereien an der Goethe Universität in Frankfurt
An der Goethe-Universität Frankfurt wurden Anfang der Woche antisemitische Schmierereien entdeckt. Fotos davon kursieren derzeit in sozialen Netzwerken, unter anderem auf Bluesky. Die genaue Botschaft der Schmierereien wurde bisher nicht öffentlich gemacht, laut Beobachtungen vor Ort soll es sich um klar judenfeindliche Inhalte handeln.

Kaiserslautern, 20. Mai 2025 – Stolpersteine in Kaiserslautern entfernt – Stadt spricht von antisemitischem Angriff
In Kaiserslautern haben Unbekannte mehrere Stolpersteine entfernt, die an Mitglieder der jüdischen Familie Hené erinnern. Wie die Stadt am Freitag mitteilte, wurden die Gedenksteine in der Steinstraße gewaltsam aus dem Gehweg herausgerissen. Die entstandenen Lücken wurden inzwischen provisorisch geschlossen. Die Stadt verurteilt die Tat scharf und geht von einer gezielten antisemitischen Motivation aus. “Dieser feige Akt der Zerstörung ist nicht nur ein Angriff auf die Erinnerung an die Opfer des Holocaust, sondern auch auf die Werte unserer Stadt: Respekt, Menschlichkeit und das entschiedene Eintreten gegen Antisemitismus, Hass und Gewalt”, sagte Bürgermeister Manfred Schulz (CDU). Die Polizei ermittelt. Weitere Angaben zu möglichen Täter:innen oder Hintergründen lagen zunächst nicht vor.
Berlin, 20. Mai 2025 – Antisemitismus in Deutschland erreicht traurigen Höchststand
Es sind nicht nur Zahlen. Es sind Schläge, Schmähungen, Drohungen. Es sind Angriffe auf Jüdinnen und Juden, auf Israelis, auf Menschen, die sich solidarisch zeigen – verbal, digital, physisch. 2.521 antisemitische und antiisraelische Vorfälle wurden im vergangenen Jahr von der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Berlin (RIAS) dokumentiert – so viele wie noch nie seit Beginn der Erfassung. Ein Anstieg um fast 100 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Der 7. Oktober und der darauf folgende Krieg in Gaza wirken wie ein Brandbeschleuniger für einen Antisemitismus, der längst nicht mehr nur auf rechten Demos oder in obskuren Telegram-Kanälen auftritt. Er marschiert über deutsche Straßen, versteckt sich hinter Pali-Tüchern und ruft nach einem Boykott Israels – und meint damit oft genug jüdisches Leben an sich.
Köln, 20. Mai 2025 – Antisemitismus auf Rekordniveau
229 antisemitische Vorfälle meldet die Kölner Fachstelle für 2024 – ein Anstieg um 30 Prozent. Schmierereien, Bedrohungen, tätliche Angriffe: Der Hass hat längst ein Zuhause in der Innenstadt gefunden. Die meisten Taten – 108 – ereigneten sich im Herzen der Stadt. Ausgerechnet dort, wo Sichtbarkeit eigentlich Schutz bedeuten sollte.
Wien, Österreich, 22. Mai 2025 – Aber bitte ohne Juden
ESC-Sieger JJ fordert den Ausschluss Israels vom Eurovision 2026 – ganz im Stil seines Vorgängers Nemo. Der 24-Jährige nennt Israels Teilnahme “sehr enttäuschend” und stellt sich damit in eine Tradition selektiver Moral. Menschenrechte, ja bitte – aber nicht, wenn sie jüdisch verteidigt werden. Israels Teilnahme wurde in den vergangenen Monaten immer wieder kritisiert. Hintergrund ist der Krieg gegen die Terrororganisation Hamas, ausgelöst durch das Massaker am 7. Oktober 2023, bei dem palästinensische Terroristen über 1.200 Menschen in Israel ermordeten, hunderte verschleppten und sexualisierte Gewalt einsetzten.
Washington D.C., USA, 22. Mai 2025 – Antisemitischer Doppelmord in Washington D.C.
Am Mittwochabend sind in der US-amerikanischen Hauptstadt Washington D.C. zwei Mitarbeitende der israelischen Botschaft erschossen worden. Der Angriff ereignete sich in unmittelbarer Nähe des Jüdischen Museums. US-Heimatschutzministerin Kristi Noem bestätigte die Tat via X (ehemals Twitter). Ein Verdächtiger, Elias Rodriguez, wurde festgenommen. Nach Angaben der Ermittlungsbehörden begründete der Täter die Tat mit seiner Unterstützung für die Palästinenser. “Ich habe es für Palästina getan, ich habe es für Gaza getan”, sagte er laut einer eidesstattlichen Erklärung der zuständigen FBI-Agentin bei seiner Festnahme. Augenzeugenberichten zufolge soll er dabei “Free, free Palestine” gerufen haben.
Deutschland, 22. Mai 2025 – Jüdische Identität hinterfragt
Mit der ersten Ausgabe der neu aufgelegten „Weltbühne“ will der Berliner Verlag unter Holger Friedrich offenbar an die Tradition großer Enthüllungen anknüpfen – und scheitert dabei an der eigenen Inszenierung. Im Zentrum der vermeintlichen „Sensationsgeschichte“ steht der Chefredakteur der Jüdischen Allgemeinen, Philipp Peyman Engel. Die Autorin Deborah Feldman stellt in ihrem Beitrag dessen jüdische Identität öffentlich infrage – gestützt auf Andeutungen, Vergleiche und Mutmaßungen. Der Titel ihres Textes: „Die Deutsche Lebenslüge“. Eine gezielte Spitze gegen Engel, der im vergangenen Jahr ein viel beachtetes Buch über Antisemitismus veröffentlichte – mit dem fast identischen Titel: Die deutsche Schande. In einem begleitenden Instagram-Post zieht Feldman eine direkte Linie von Engel zu Fabian Wolff – jenem Journalisten, der sich über Jahre fälschlich als Jude ausgegeben hatte. „Erstaunliche Parallelen“ sieht sie zwischen beiden. In früheren Posts, mittlerweile gelöscht, bezeichnete sie Engel sogar als „Kostümjuden“. Die taz konnte die entsprechenden Dokumente einsehen.
Berlin, 23. Mai 2025 – Antisemitische Hassbotschaft an der Humboldt-Universität
An der Humboldt-Universität Berlin wurde am Freitag, den 23. Mai 2025 ein Plakat entdeckt, das kaum eindeutiger sein könnte. Zu sehen ist das Porträt des israelischen Diplomaten Yarón Lischinsky, daneben die Daten “1994–2025”, darüber in Großbuchstaben: “Make Zionists Afraid”. Gemeint ist die Ermordung Lischinskys, der gemeinsam mit seiner Freundin in Washington D.C. erschossen wurde – ein Tatmotiv mit antisemitischem Hintergrund gilt als wahrscheinlich. Nur einen Tag später taucht nun in Berlin eine öffentliche Drohbotschaft auf, die seine Ermordung nicht nur relativiert, sondern gezielt feiert.
Frankfurt, 27. Mai 2025 – Besetzung der FAZ durch “Pro-Palästinensische” Aktivist:innen
Rund 20 pro-palästinensische Aktivist:innen haben am Montagvormittag kurzzeitig den Eingangsbereich der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ in Frankfurt am Main besetzt. Mit Transparenten und Parolen protestierten sie gegen den Krieg im Gazastreifen und die aus ihrer Sicht einseitige Berichterstattung deutscher Medien. Laut Polizei blieb die spontane Aktion friedlich.

Bern, Schweiz, 26. Mai 2025 – Illegale propalästinensische Demo in Bern eskaliert
Am Wochenende kam es in Bern zu einer nicht genehmigten propalästinensischen Demonstration, bei der rund 2000 Teilnehmer Parolen wie „From the river to the sea, Palestine will be free“ riefen – ein Slogan, der als Aufruf zur Vernichtung Israels gilt. Die Demonstranten in Bern versuchten zur nahegelegenen Synagoge vorzudringen – diese liegt nur 700 Meter vom Bahnhofsplatz entfernt. Die Polizei stoppte den Zug laut Augenzeugen nur 20 Meter vor dem jüdischen Gotteshaus. Um die eskalierende Lage unter Kontrolle zu bringen, setzten die Einsatzkräfte Tränengas, Gummischrot und Wasserwerfer ein. Die Demonstranten griffen die Polizei mit Feuerwerkskörpern und Wurfgeschossen an. Nach Angaben der Kantonspolizei wurden fünf Beamte verletzt.
Sachsen, 28. Mai 2025 – Antisemitismus in Sachsen auf alarmierendem Niveau
Im Jahr 2024 wurden in Sachsen 349 antisemitische Vorfälle dokumentiert – das entspricht nahezu einem Vorfall pro Tag. Laut dem aktuellen Jahresbericht von RIAS und OFEK Sachsen bedeutet dies einen Anstieg von 82 % im Vergleich zum Vorjahr. Der Bericht macht deutlich, wie sehr antisemitisches Gedankengut im Alltag angekommen ist – eine zutiefst beunruhigende Entwicklung.
Mecklenburg-Vorpommern, 28. Mai 2025 – Deutlicher Anstieg antisemitischer Vorfälle in Mecklenburg-Vorpommern
Im Jahr 2024 wurden der Meldestelle für Antisemitismus in Mecklenburg-Vorpommern 92 antisemitische Vorfällegemeldet – das entspricht einem Anstieg von 72 % im Vergleich zu 2023. Die Zunahme sei laut Jahresbericht auch auf die größere Bekanntheit der Meldestelle sowie eine gestiegene gesellschaftliche Sensibilität zurückzuführen. Erfasst werden dabei auch Vorfälle, die nicht strafrechtlich relevant, aber dennoch eindeutig antisemitisch sind.
Baltimore, USA, 28. Mai 2025 – Rabbiner nachts auf Parkplatz angegriffen – rettet sich mit Schusswaffe
In Baltimore wurde Rabbiner Emanuel Goldfeiz am späten Samstagabend gegen 23 Uhr auf einem Parkplatz von einem maskierten Angreifer unvermittelt ins Gesicht geschlagen. Der Rabbiner beendete den Angriff, indem er seine Schusswaffe zog. Der Täter flüchtete. In einem Interview schilderte Goldfeiz den Vorfall als hinterhältigen Angriff – es sei ein klarer Fall von Gewalt gegen einen jüdischen Geistlichen.
29. Mai 2025 – Gabor Steingart: Merz-Kritik an Israel als „Befreiung von der Hitlerzeit“
In einem Kommentar für den Focus begrüßt Publizist Gabor Steingart die Kritik von Bundeskanzler Friedrich Merz an Israels Kriegsführung. Steingart spricht von einem historischen Wendepunkt: „Deutschland war Gefangener der Hitlerzeit“, nun aber könne das Land aus dem “langen Schatten der Geschichte” heraustreten. Empathie mit Palästinensern spielt in seiner Argumentation keine Rolle – vielmehr sieht er in Merz’ Worten das Ende einer historischen Zurückhaltung.
London, UK, 29. Mai 2025 – Dreharbeiten mit Gal Gadot in London gestört – fünf Festnahmen
Die Londoner Polizei hat fünf Personen festgenommen, die die Dreharbeiten zu einem neuen Actionfilm mit der israelischen Schauspielerin (vermutlich) Gal Gadot gestört haben sollen. Laut Polizeiangaben richteten sich die gezielten Störungen allein gegen Gadots israelische Herkunft. In den vergangenen Wochen sei es wiederholt zu ähnlichen Vorfällen gekommen. Medienberichten zufolge handelt es sich um ein neues Filmprojekt mit der 40-jährigen Schauspielerin, bekannt aus Wonder Woman 1984 und Schneewittchen.
30. Mai 2025 – Greta Thunberg plant Protestfahrt nach Gaza
Die Klimaaktivistin Greta Thunberg will an einer Schiffsaktion gegen den Nahost-Krieg teilnehmen. Laut einer EU-Abgeordneten plant sie, nach Gaza zu segeln, um gegen den von ihr so bezeichneten „Völkermord Israels“ zu protestieren. Es wäre bereits Thunbergs zweiter Versuch, auf diese Weise ein politisches Zeichen im Nahost-Konflikt zu setzen.
Der vorliegende Artikel erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Was er jedoch bietet, ist eine Momentaufnahme nicht nur antisemitischer Vorfälle, sondern auch der zugrunde liegenden Haltungen zu Israel sowie der Dynamiken, die Antisemitismus begünstigen, und der wiederholten Mahnungen jüdischer Menschen, die uns alle zum Nachdenken anregen. Die Recherche basiert auf den zum Zeitpunkt der Veröffentlichung verfügbaren Informationen, doch die Situation ist alles andere als statisch. Ich werde die Entwicklungen weiterhin verfolgen und den Artikel gegebenenfalls aktualisieren.
Wer sich vertieft mit der Thematik auseinandersetzen möchte, dem sei geraten, sich auch mit weiterführenden Quellen und Perspektiven auseinanderzusetzen:
https://www.juedische-allgemeine.de/israel/wie-russland-hass-auf-die-ukraine-schuert-auch-in-israel/ (Öffnet in neuem Fenster)https://taz.de/Unsicherer-Aufenthaltsstatus/!6086889/ (Öffnet in neuem Fenster)https://taz.de/Chef-der-Juedischen-Allgemeinen/!6089553/ (Öffnet in neuem Fenster)https://www.belltower.news/esc-2025-pop-glitzer-und-antisemitismus-159953/ (Öffnet in neuem Fenster)https://jungle.world/artikel/2025/20/pubix-neukoelln-terrorunterstuetzer-schoene-neue-medienwelt (Öffnet in neuem Fenster)