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“Jetzt bin ich politisch” - Was euch politisiert hat!

Menschen, Straße, Gehen, Stadt

Mein Artikel zur Politisierung (Öffnet in neuem Fenster) hat für viel Resonanz gesorgt. Eure Rückmeldungen haben mir nicht nur gezeigt, dass meine These stimmt: Politik ist überall. Sie haben mir ebenso gezeigt, dass wir - entgegen der regelmäßig zu lesenden Vorurteile, niemand interessiere sich mehr für das gesellschaftliche Miteinander - durchaus eine Gesellschaft engagierter Bürger und Bürgerinnen sind.

Auf meinen verschiedenen Plattformen habe ich euch nach euren Politisierungserfahrungen gefragt:

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Heraus kamen so viele unterschiedliche Geschichten, Ereignisse und biografische Anekdoten, quer durch Generationen und Jahrzehnte hindurch, dass ich einige Auszüge gerne mit euch teilen möchte, als Sinnbild für unsere radikale Vielfalt.

Hier also eine unvollständige, anonymisierte O-Ton-Sammlung eurer Antworten auf Bluesky, Threads, Instagram usw., die weniger ein Best Of darstellen soll als vielmehr den Blick darauf lenken, welche Ereignisse, welche anderen Menschen uns “wachrütteln” und wieso (hier und da habe ich Links ergänzt, zur weiterführenden Lektüre):

Es begann mit den Ereignissen bei der Olympiade 1972 (Öffnet in neuem Fenster). Da war ich 12. Aber richtig los ging es 1977: Schleyer-Entführung (Öffnet in neuem Fenster), Entführung der "Landshut (Öffnet in neuem Fenster)" nach Mogadischu, Tod der Stammheimer (Öffnet in neuem Fenster) RAF-Gefangenen. Dann der Nato-Doppelschluss, die Anti-Atomkraftbewegung etc.

Meine Eltern. Sie waren und sind immer politisch engagiert. Bei uns am Essenstisch wird bis heute auch mit meinen bereits erwachsenen Kids zusammen über politische Entwicklungen und Entscheidungen diskutiert. Weil es uns alle betrifft.

In meiner Familie sind alle Familienzusammenkünfte auch Weltanschauungskämpfe. Ansonsten: Erzählungen aus dem Krieg, Sankt Martin, Nikolaus und der barmherzige Samariter, Misereor-Hefte, Anne Frank, Klaus Kordon (Öffnet in neuem Fenster), die Jungs in meinem Dorf, Lehrer und das Schulsystem. Ich war nie unpolitisch.

Eher ein schleichender Prozess. Viel über meine Eltern, später Peergroup. Musik, Punk (Öffnet in neuem Fenster), Hip Hop (Öffnet in neuem Fenster). Die ersten Demos mit 16-17. Was sich durch meine Kindheit gezogen hat: “Atomkraft, Nein Danke” (Öffnet in neuem Fenster).

Als Angehörige einer marginalisierten Gruppe (bin NICHT von Rassismus betroffen, aber von Queerfeindlichkeit (Öffnet in neuem Fenster)und Ableismus (Öffnet in neuem Fenster)) kann ich mir es definitiv nicht leisten, mich nicht für Politik zu interessieren

Brokdorf (Öffnet in neuem Fenster), Wyhl, Club of Rome (Öffnet in neuem Fenster) („Limits to Growth (Öffnet in neuem Fenster)” von den Meadows) Leute wie Horst Stern (Öffnet in neuem Fenster), Hoimar von Ditfurth (Öffnet in neuem Fenster), Herbert Gruhl (Öffnet in neuem Fenster), Frederic Vester (Öffnet in neuem Fenster), Franz Alt (Öffnet in neuem Fenster).

Bei mir war’s der Geschichtslehrer. Der hat uns kritisches Denken beigebracht. Vor allem kritisch über den Konservativismus (Öffnet in neuem Fenster) zu denken und über Korruption (Öffnet in neuem Fenster). Und Brokdorf und Pershing und die Volkszählung

Deutsche Fahrradinfrastruktur (Öffnet in neuem Fenster)und Deutsche Verkehrsminister (Benzinminister (Öffnet in neuem Fenster))

Christliches Elternhaus (Öffnet in neuem Fenster) (eher sozialdemokratische Zeitungleser) im sportlichen Konflikt mit dem konservativen Großvater. Familie kam in Folge des WK2 als Flüchtlinge ins Ruhrgebiet. Als Jugendlicher in Anti-AKW und 3.Weltläden sozialisiert. Sehr guter Geschichtsunterricht in der Schule. Zivildienst

Mein Opa, der mit seinen Erfahrungen aus dem zweiten Weltkrieg (als deutscher Soldat, aber über ganz komplexe Geschichten nicht für die Nazis agierend) unsere ganze Familie prägte. Er redete sehr offen darüber was er gesehen, erlebt hat und wie er immer wieder sein Leben aufs Spiel setzen würde, um für das Richtige einzustehen. Für ihn war Krieg und Fremdenhass das Schlimmste. […] Keiner der Söhne oder Enkel durfte zur Bundeswehr, alle mussten sich sozial engagieren. Er lehrte mich meiner Privilegien und der damit einhergehenden Pflichten bewusst zu sein. Antifaschismus war die größte aller Pflichten, nicht laut und polternd, sondern wie ein steter Tropfen aus einer nie versiegenden Quelle. Er fuhr mich heimlich zu Demos gegen die NPD und gab mir Alibis. Bester Opa ❤️🍀

1989 (Öffnet in neuem Fenster). Mein Vater hat mich zu den Protesten gegen die damalige kommunistische Regierung mitgenommen. Ich war 4 und meine politische Bildung war eine Woche später abgeschlossen 😅

Das muss ca. 1993-95 gewesen sein, mitten in der Zeit von Rostock-Lichtenhagen (Öffnet in neuem Fenster), Hoyerswerda (Öffnet in neuem Fenster)usw. - ich war bei den Falken und wir fuhren mit Überlebenden nach Auschwitz, Mauthausen, Treblinka und noch 2-3 andere Gedenkstätten… gefühlt ist es 30 Jahre später, fast noch schlimmer geworden in Deutschland und der Welt. Alles ist politisch (Öffnet in neuem Fenster)!

Die erste Frontex-Reform (Öffnet in neuem Fenster). Und manchmal verfluche ich es, jetzt alles und immer und überall politisch zu betrachten - Leben war vorher leichter. 😄

Ich bin mit einer engagierten Gewerkschafterin als Mutter auf gewachsenen, habe meine Kindheit und Jugend bei 1. Mai-Veranstaltungen und Ostermärschen verbracht, konnte mit 5 „die Internationale“ etc. singen. Mir wurde beigebracht, nach den Schwächeren und benachteiligten zu schauen.

Meine Familie hat immer viel Politik diskutiert. Lange konnte ich damit nicht so viel anfangen, aber als ich das Bedürfnis hatte, Dinge zu verändern […], wusste ich, dass man selber aktiv werden muss und kann.

Wir sehen: Politik ist vieles. Vor allem gibt es nicht „die Politik”, sondern es gibt Menschen, die uns politisieren - und Ereignisse, die uns empören, interessieren, bewegen.

Vielen Dank, dass so viele von euch eure Erfahrungen und Geschichten mit mir und mit uns allen geteilt haben! Und ihr könnt es auch gerne weiterhin tun; die Threads und Beiträge, sei es zum Lesen oder selber Posten, findet ihr vor allem auf Instagram (Öffnet in neuem Fenster), auf Bluesky (Öffnet in neuem Fenster)und auf Threads (Öffnet in neuem Fenster)!

Viele Grüße & euch ein schönes Wochenende,

Jan

PS: Apropos Diskurs. Meine aktuelle Podcastfolge ist draußen: “Debattenkultur zwischen Desinformation & Differenzierung”! Auf allen Plattformen zu streamen (freue mich übers Teilen und ebenso über Feedback; beides gilt ebenso für meinen Newsletter):

https://janskudlarek.podigee.io/9-ingrid-brodnig (Öffnet in neuem Fenster)

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