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Am 1. April ist Lügen erlaubt: Aber getäuscht werden wir ständig

Dieser Tag kommt mit einem Warnhinweis: der erste April. Doch die Frage, wem wir vertrauen und wem nicht, ist unabhängig vom Kalender. Wir sollten sie uns öfter stellen.

Als die Mail kam, war ich euphorisch. Die Förderungszusage für mein Buchprojekt! Ein Stipendium! Das nächste halbe Jahr gesichert! Außer mir vor Freude rief ich meinen guten Freund X an. Als ich ihm von meinem Glück erzählte, hörte ich durch die Leitung erst ein Lachen. Und dann ein: „April! April!“.

Ich hatte vergessen, was am ersten April passiert; und mein Freund hatte vergessen, wie ein guter Scherz funktioniert. Wir waren beide in unseren Zwanzigern, ich lebte in einer Einzimmerwohnung in Neukölln und hätte eine Stipendienzusage wirklich gut gebrauchen können. X hatte sogar den Namen des zuständigen Sachbearbeiters kopiert, eine ähnliche Mailadresse registriert, ein Anschreiben erstellt. April fucking April.

Die Verarschung der Welt

Der 1. 4. ist Weltverarschungstag. Dabei ist die Frage, wem wir vertrauen und wem nicht, eine ganz grundsätzliche, überzeitliche, unabhängig vom Kalender. Sie betrifft Menschen, Medien, ja sogar ganze Nationen. Manche Lügen und Täuschungen haben es zu Weltruhm gebracht. „I did not have sexual relations with that woman, Miss Lewinsky.“ „Niemand hat vor, eine Mauer zu bauen.“ „Probleme sind nur dornige Chancen (Öffnet in neuem Fenster).“

Andere Falschaussagen haben die jüngere Geschichte maßgeblich beeinflusst. Die Militäraktivität an der russischen Grenze zur Ukraine? Eine Truppenübung, mehr nicht! Das ließ Wladimir Putin die Welt wissen, noch wenige Tage vor dem 24. Februar 2022.

Insofern wohnt dem 1. April eine entlastende Ehrlichkeit inne. Jedes Jahr zu dieser Zeit wissen wir eigentlich, dass wir speziell dann mit der eigenen Komplettveräppelung rechnen müssen. Im Vergleich zu allen anderen Tagen umgibt den „April Fool’s Day“, wie der Tag zu Recht auf Englisch heißt, ein Warnhinweis. „Traue mir besser nicht über den Weg“, sagt er.

Wachsam sein ist Stress. Ist das ernst gemeint? Bin ich leichtgläubig? Entpuppt sich alles gleich als Scherz und ich als der Dumme?

Wie leicht man diesen Warnhinweis vergisst, sieht man an meiner E-Mail-Anekdote. Misstrauen ist harte Arbeit. Wachsam sein ist Stress. Ist das ernst gemeint? Bin ich leichtgläubig? Entpuppt sich alles gleich als Scherz und ich als der Dumme? Wer wachsam ist, kann sich nicht entspannen. Die Wahrheit ist ein scheues Reh.

Die Gefahr des Vertrauens

Ein Blick in die Stanford Encyclopedia of Philosophy (Öffnet in neuem Fenster):

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