Hellboy: Web of Wyrd ist kein klassischer Lizenz-Trash...es ist schlimmer (Review)
Hellboy: Web of Wyrd schafft es nicht, die seeligen Tage unterhaltsam trashiger Lizenz-Verwurstungen zurückzubringen - weil es sich dafür leider als viel zu langweilig entpuppt.
https://youtu.be/06RyaXTNfQQ (Öffnet in neuem Fenster)Review in Textform:
Ich liebe die dümmlichen Action-Spiele der Xbox-360- und PS3-Generation, die heute nahezu ausgestorben sind: Mittelmäßige, 5 bis 7 stunden lange Kloppereien mit gelegentlichen Platforming-Einlagen, gerne mal basierend auf Film- und Comic-Lizenzen? Hell yeah, ich bin dabei! Vor diesem Hintergrund war ich ziemlich gespannt, als ich Hellboy: Web of Wyrd anwarf - und dann mittelgradig schockiert, als ich erkannte: Moment mal! Eine Hubwelt, in die ich zurückkehre und Ausrüstung hochzuleveln? Temporäre Buffs? Level aus dem Zufallsgenerator! Das ist doch ein…Roguelike?!
Ja, tatsächlich und an der Verwirrung war nur ich selbst schuld, schließlich bewirbt Publisher Good Shephard das neue Hellboy doch sehr transparent als genau das - als Roguelike-Action-Brawler. Vor einigen Jahren hätte mich diese Beschreibung vielleicht in die Flucht geschlagen - bis Hades mich eines Besseren belehrte. Mit Meta-Progression, spaßigen Spielmechaniken und im besten Falle auch noch einer motivierenden Geschichte haben es seitdem immer wieder verschiedenste Roguelikes geschafft, mich richtig gut zu unterhalten. Aber dann kam leider die zweite noch sehr viel traurigere Erkenntnis: Hellboy: Web of Wyrd ist nicht einfach nur ein Roguelike. Es ist ein richtig schlechtes Roguelike.
Dabei hält sich Web of Wyrd strukturell sehr an Genre-Vorbilder: Ich renne von Kampfarena zu Kampfarena, sammle Gold und finde Upgrades, die meine Fähigkeiten für diesen Run immer weiter verbessern, bis ich als mächtiger Superheld irgendwann auch die stärksten Gegner umniete, die zu Anfang des Spiels noch unbesiegbar schienen…zumindest kenne ich das so. In Hellboy sind die Upgrade dagegen größtenteils nutzlos und unglaublich limitiert. In meinen ersten 3 Runs fand ich die immer gleichen, wenigen Buffs. Die sahen dann so aus, dass meine Spezialattacke Gegner für wenige Sekunden betäuben kann oder…uhm…mehr Geld in den Leveln rumliegt. Spannender wird’s nicht, das Gameplay verändert sich im Vergleich zu den ersten Spielminuten nie. Mit einer einzigen Angriffstaste kann ich wahlweise leichte oder schwere Angriffe durchführen, Schusswaffen sind dank ihrer sehr limitierten Munition nur in wenigen Momenten nützlich. Mit der erwähnten Artefakt-Spezialattacke kann ich dann z.B. noch Gegner zurückstoßen - und das wars im großen und Ganzen auch schon. Vom ersten Gegner bis zum größten Endboss: Jeder Kampf läuft genug gleich ab - ich spamme die Viereck-Tacke um loszukloppen, wenn die Stun-Leiste gefüllt ist, führe ich eine schwere Attacke aus, um den Feind in die nächstbeste Wand oder Säule zu katapultieren. Das wiederhole ich dann gemeinsam mit gelegentlichem Ausweichen so lange, bis ich siegreich da stehe. Das ist nicht nur völlig anspruchslos, sondern steht auch im direkten Konflikt mit dem Prinzip eines Roguelikes: Ich bin in Hellboy: Web of Wyrd in 4 Stunden kein einziges Mal gestorben. Ich spielte und spielte und wartete darauf, dass irgendetwas Neues oder Herausforderndes passieren würde. Stattdessen unterscheidet sich jedes der Handvoll Gebiete, das aus jeweils 2 Leveln besteht, nur durch die Skyboy und einige Texturen. Die 2, 3 Gegner pro Level sehen zwar unterschiedlich aus, fühlen sich aber meist sehr ähnlich zueinander an - dank des extrem limitierten Kampfsystems nicht unbedingt verwunderlich.
Nachdem ich nach wenigen Stunden alle Level einmal erfolgreich durchgespielt habe, offenbart sich das Wahre Elend erst so richtig: Nach einem kleinen Storytwist gilt es nun, alle Gebiete NOCH EINMAL durchzuspielen - nach dem zweiten Level wartet nun aber jeweils noch ein Drittes, an dessen Ende es aber keinen neuen Zwischenboss, sondern lediglich eine Abfolge von Gegnerwellen zu besiegen gibt. Das habe ich dann auch noch 1, 2 mal gemacht…bis der Controller aus meinen vor Langeweile nahezu atrophierten Händen rutschte und ich es einfach nicht mehr ertrug, noch mehr Zeit an dieser völlig spaßfreien Zeitverschwendung zu verlieren.
Dabei hatte ich am Anfang noch ein paar Erwartungen - etwa, dass die Geschichte dank der hervorragenden Arbeit des mittlerweile verstorbenen Lance Reddick, der perfekt gecastet hier Hellboy seine Stimme leiht, zumindest einigermaßen zu unterhalten weiß. Aber auch hier wartete nichts außer Enttäuschung auf mich: Der wirklich schöne Art Style würde sich anbieten für kreative Comic-Zwischensequenzen, die der Vorlage zu huldigen wissen. Stattdessen gibt’s einige der amateurhaftesten, unterbudgetiertesten Zwischensequenzen, die ich seit langer Zeit gesehen habe. Keinerlei Animationen, keine Kamerabewegungen - das ist schade, aber verzeihlich. Dass die Standbilder aber dann auch noch immer wieder unglaublich hässlich sind und mich daran zweifeln lassen, ob das Spiel gerade abgestürzt ist oder die Zwischensequenz so aussehen soll, das ist insbesondere für ein Comic-Videospiel nur noch schwer entschuldbar.
Das Roguelike-Genre ist so gut bedient wie nie zuvor, weshalb es extrem ungewohnt ist, ein Spiel zu spielen, das selbst die simpelsten Grundsätzlichkeiten des Genres völlig ignoriert und durch nichts zu ersetzen weiß. Hellboy: Web of Wyrd ist ein langweiliger Brawler, aber es ist ein noch viel schlechteres Roguelike. Während ich mich zum siebten Mal durch die immer gleichen Gegner in den immer gleichen Levels mit den immer gleichen Attacken und den immer gleichen Upgrades prügelte, dachte ich erneut nostalgisch an die miesen Lizenzgurken der Xbox-360- und PS3-Era zurück. Dann doch lieber Hellboy: Science of Evil.