Wir sind es ihnen schuldig, weiterzumachen
Stell dir vor, du bist in einem wunderschönen Resort in der Negev-Wüste. Nachmittags machst du eine Gehmeditation durch die atemberaubende Wüstenlandschaft und abends freust du dich auf die Sound-Journey in der weißen Jurte zwischen Palmen, Hot Tub und Sauna. Doch plötzlich erinnert dich der Klang einer der Schalen an den Anfangston einer Raketenalarm-Sirene. Und da erfasst dich die Angst. Du hast Atemnot, schwitzt, dein Herz pocht dir bis zum Hals. Und auf einmal bist du nicht mehr auf der Matte in der weißen Jurte im wunderschönen Negev, plötzlich bist du wieder in dem kleinen stickigen Bunkerzimmer in deiner Wohnung am 1. Oktober 2024. Der Handyempfang ist unterbrochen, du weißt nicht, wo dein Lebensgefährte ist. Deine Kinder weinen vor Angst. Draußen wummst und kracht es, die ganze Wohnung wackelt. Normalerweise dröhnen die Sirenen bei Raketenalarme für anderthalb Minuten, doch dieser hier beginnt wieder und wieder. Mehr als eine halbe Stunde lang dröhnen die Sirenen. Du weißt, es hieß, der Iran greife an. Aber du weißt nicht, wie schlimm es werden wird. Du liegst auf einer Matte in einer weißen Jurte im Negev aber in Gedanken bist du wieder in diesem Moment. Und du fühlst dich genauso hilflos, ängstlich und panisch wie damals.
So ist es mir vor ein paar Tagen ergangen. Ich hatte eigentlich den tollsten Tag im Moa-Resort (Öffnet in neuem Fenster), wir feierten Amits Geburtstag und dann plötzlich, in einem Moment, der Ruhe und Entspannung bringen sollte, holte die Erinnerung mich ein und warf mich um. Ich war völlig geschockt davon, wie sehr mich der unangenehme Ton der Klangschale triggerte und ich begriff in diesem Moment, dass da Einiges in mir schlummert, was ich noch aufarbeiten muss. Ich hüte mich, den Begriff Trauma leichtfertig zu verwenden. Wie sollte es auch anders sein, wenn man in einem Land lebt, dass von Shoa-Überlebenden wieder aufgebaut wurde. In dem jüdische Flüchtlinge aus aller Herren Länder und nachdem sie alles verloren hatten, ein Zuhause gefunden haben. Ich muss den Begriff Trauma auch nach den letzten unfassbaren anderthalb Jahren
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