Die Extra-Meile gehen
(Foto von Erwan Hesry (Öffnet in neuem Fenster) auf Unsplash (Öffnet in neuem Fenster))
Like ice in the sunshine
Ich lebe auf dem platten Land, in einem 600-Einwohner-Kaff. Da gibt es nix. Keine Pizzeria, kein Geschäft, nicht einmal eine Kneipe. Aber dreimal die Woche kommt ein Bäckerauto und montags kommt im Sommer das Eisauto! Da werden Kindheitserinnerungen wach ans Federballspielen oder Rollschuhlaufen auf der Straße und kurz vorm Abendessen ein leckeres Eis aus dem Auto auf die Hand. Ich höre noch heute den Klang der Messingbimmel, die der Fahrer damals aus dem Fenster schwenkte.
Dass es wieder ein Eisauto gibt, habe ich erst kürzlich mitbekommen. Letzten Montag sollte es endlich soweit sein, dass ich uns dort ein Eis kaufen wollte. Mein Mann und ich hatten den ganzen Nachmittag ums Haus herum in den "Grünanlagen" gewerkelt, Hecken gestutzt, Verblühtes entfernt, Straße und Hof gefegt und so weiter. Wir waren noch mitten im Tun, als mir der Gedanke kam: „Hey, es ist doch Montag. Ob das Eisauto heute kommt? Das wär doch der krönende Abschluss für unseren arbeitsamen Nachmittag.“
Es wurde 17 Uhr, viertel nach fünf, und kein Eisauto war zu sehen. Innerlich hakte ich ab, dass das an dem Tag noch was werden sollte mit aufgefrischter Kindheits-Sommer-Erinnerung. Wir räumten die Gartengeräte weg, ich zog die Arbeitsschuhe aus und die Flipflops an, bereit, zum normalen Tagesablauf zurückzukehren, da hörte ich es: "Like ice in the sunshine!" Doch die Musik kam nicht von da, wo ich sie erwartet hatte. Statt unterhalb des Hauses entlangzufahren, wo die Straße verläuft, hatte der Eisautofahrer sich für den Feldweg oberhalb des Gartens entschieden! Unmöglich, dem in Flipflops hinterherzulaufen! Ich sah ihn noch in die Siedlung abbiegen und weg war er.
Also beschloss ich, mich unten an der Straßenecke auf die Bank zu setzen und dort zu warten. Irgendwann musste das Auto schließlich aus der Siedlung zurückkommen.
Ich wartete. Und wartete. Kein "Ice in the Sunshine" zu hören, weit und breit nicht.
Ich wartete weiter. Und grübelte: War das Eisauto schon über den Feldweg Richtung Nachbardorf unterwegs?
Ich wartete weiter. Und weiter.
Doch irgendwann gab ich auf. Ich kam mir dämlich vor. Außerdem hatte ich mir inzwischen erfolgreich eingeredet, das Eisauto sei weitergefahren ins nächste Dorf.
Meine Enttäuschung kannst du bestimmt nachvollziehen. Ich hatte mich so auf das Eis gefreut!
Ich ging ins Haus und fing an, das Abendessen vorzubereiten. Kaum war ich in der Küche angekommen, dem von unserer Haustür am allerweitestentfernten Raum im Haus, näherte sich „like ice in the sunshine" von der Siedlung her und fuhr gemächlich an unserem Haus vorbei!
Und die Moral von der Geschicht?
Gib niemals vorzeitig auf! Weder, wenn es ums wohlverdiente Eisauto-Eis geht, um einen Herzenswunsch, auf den du schon so lang hinarbeitest, auf den Erfolg in deinem Business oder, um es auf die Sketchbook-Challenge zu beziehen, was deine Entwicklung im Malen und Zeichnen angeht. Du magst die Fortschritte zwar nicht unmittelbar sehen, so wie ich die Route des Eisautos nicht sehen konnte, doch es passiert. Garantiert!
Was du dir wünschst, worauf du hinarbeitest, was du übst und wo du damit hinwillst, das alles passiert. Darauf darfst du vertrauen.
Also gib niemals auf.
Geh die Extra-Meile.
Fülle ein weiteres Sketchbook.
Investiere eine weitere Stunde.
Schreib einen weiteren Text.
Gieße den Samen erneut.
Dann wirst du erleben, dass alles, was du bereits hineingelegt hast, sich bezahlt macht, Früchte trägt, sichtbare Erfolge zeitigt - und dir der Eismann am Ende deine Tüte mit Pistazieneis in die Hand drückt.
Und jetzt: Sketchbook raus und zeichnen, malen - oder stricken, knüpfen, häkeln, kochen, gärtnern, töpfern, schnitzen, was dein kreatives Herz begehrt.
Deine Andrea aus dem Gunkelparadies