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Was man über Deutschland, die AfD und Deutsche wahrscheinlich nicht sagen darf, aber kann, wenn man will – Teil 1

Wie der Titel dieser Newsletter-Ausgabe verrät, handelt es sich diesmal um eine Premiere: Weil das Thema zu groß ist für einen Text bzw. für eine Newsletter-Ausgabe, erscheint der Text in zwei Teilen. Es gibt also sehr viel zu lesen und noch mehr zu verstehen, auch über sich selbst. Denn so weit die AfD politisch gefühlt von einem selbst entfernt sein mag: Das Thema, für das sie eigentlich steht, betrifft uns alle und steckt in uns allen. Zu sehen und anzuerkennen, wo diese Kräfte in einem selbst wirken – das ist leider genauso schwierig wie die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit dieser Partei.

Eines der gefährlichsten Bücher, das ich in den vergangenen Jahren gelesen habe, ist wahrscheinlich „Demokratie. Eine deutsche Affäre“ von Hedwig Richter, erschienen im August 2020. Hedwig Richter ist Historikerin mit einer Professur für Neuere und Neueste Geschichte an der Universität der Bundeswehr München. Als Wissenschaftlerin ist die 50-Jährige in ihrer eigenen Disziplin nicht unumstritten. Manche stören sich daran, dass sie oft und gerne in deutschen Medien präsent ist. Andere kritisieren, sie würde historische Genauigkeit zugunsten von Publikumswirksamkeit opfern. Populärwissenschaftlich sei das, wurde ihr vorgeworfen. Anders ausgedrückt könnte man sagen: Hedwig Richter spricht und schreibt regelmäßig außerhalb von Universitäts-Zirkeln und betreibt Wissenschaft nicht rein um der Wissenschaft willen – womöglich weil sie weiß, dass Wissenschaft eine gesellschaftliche Funktion hat. Und dann ist die Historikerin auch noch eine attraktive Frau in der Lebensmitte, die french bangs und Make-up trägt und für Fotos gerne mit Lederjacke und Zigarette posiert. Sowas kann nicht jedem gefallen, erst recht nicht Leuten, die finden, Wissenschaft müsse möglichst trocken und langweilig rüberkommen, um seriös zu sein.

Weil es genug Menschen gibt, die das mit der Langeweile anders sehen, brachte es „Demokratie. Eine deutsche Affäre“ bei seinem Erscheinen direkt zum Bestseller. Für den Erfolg gab es neben der Verständlichkeit einen weiteren Grund, und eben der macht das Buch aus meiner Sicht so gefährlich. Denn bei dem Versuch, die Demokratie-Entwicklung in Deutschland über Jahrhunderte nachzuzeichnen, stellt Hedwig Richter Kapitalismus, Obrigkeit und liberalen Mainstream-Feminismus nicht nur als Fortschritt dar – sie formuliert auch noch ein absurdes Fazit:

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