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ESKIMO CALLBOY - EIN KOMMENTAR

Ich muss schon sagen, 2021 war jetzt eher das Jahr, in dem so mancher Musiker sich freiwillig ins Aus geschoßen hat. Sei es, weil sie das Capitol mitgestürmt haben (Öffnet in neuem Fenster), oder weil sie sehr dumme Sachen zu Corona gesagt haben (Öffnet in neuem Fenster). Und dann kommen zum Ende des Jahres noch ESKIMO CALLBOY mit einem Statement um die Ecke, was ihre Fanbase entzweit…

Dabei hätte ich nie gedacht, dass gerade ESKIMO CALLBOY sich so selbstreflektiert zeigen, denn die Band steht bestimmt nicht für ernste Statements und die großen Gesten. Sagen wir, wie es ist, ESKIMO CALLBOY sind die Partyclowns der Szene, und das mit Haut und Haaren.

Und ausgerechnet von denen ist nun zu lesen, dass sich die Band „bei allen (entschuldigt), die wir mit unseren Texten diskriminiert oder verletzt haben. (…) Deswegen sind wir bereits dabei, diese Songs offline zu nehmen.“ (Öffnet in neuem Fenster) Ich muss zugeben, das kommt ziemlich überraschend, denn die Band hätte das  nicht unbedingt tun müssen. 2021 war wohl eines der erfolgreichsten Jahre der Band, und das nachdem ein prominentes Bandmitglied ersetzt wurde. Zusätzlich überrascht es, denn eigentlich ist man von der Band aus Castrop-Rauxel keine ernsten Töne gewöhnt. Dass man sich nun von alten Songs distanziert, mehr noch, sie von den Streamingplattformen nehmen will, ist ein sehr konsequenter Schritt.

Für einige Fans wohl zu konsequent, wenn man betrachtet, wie die Reaktionen im Netz doch teilweise sehr heftig ausfallen. Interessant dabei ist, dass der Band dabei unterstellt wird, sie würde auf Druck von außen reagieren und wäre deswegen gezwungen, Songs offline zu nehmen und ihren Namen zu ändern und von „der Gesellschaft“ gezwungen, jetzt diesen Schritt zu gehen. Wie gesagt, eine Band, die wahrscheinlich gerade ihr erfolgreichstes Jahr überhaupt hatte, und die über 10 Jahre mit eben diesen Songs im Gepäck immer größer geworden ist. Wenn sie also etwas bewiesen haben, dann dass man trotz wirklich fragwürdiger Texte, die durchaus homophob und sexistisch auszulegen sind, auch wenn sie vielleicht nie so gemeint waren, dennoch an die Spitze eines Genres kommen kann. Ich verstehe nicht ganz, warum man einer Band oder auch den Individuen, die diese Band ausmachen, keine persönliche Entwicklung zugestehen kann. Ja, die Welt ist eine andere als 2011. Und so manche:r kommt immer noch nicht damit klar, dass es nicht mehr cool ist, über Minderheiten „Scherze“ zu machen.

Wenn aber eine Band wie ESKIMO CALLBOY mit riesiger Reichweite einen solchen Schritt und Schnitt macht, ist das zu begrüßen und respektieren. Mehr noch, es zeigt, dass man auch als Klassenclown der Szene, der nach wie vor nichts zu ernst nimmt, reifen kann und das auch von seinen Fans verlangen kann. Ich kann verstehen, dass einige ihnen vorwerfen, dass ihre Bewerbung für den ESC (Öffnet in neuem Fenster) auch eine Auswirkung auf die Entscheidung hatte. Schließlich ist der ESC eine Veranstaltung, bei der seit längerem bei der Repräsentation von LGBTQ+ gelinde gesagt recht vorne dabei ist. (Öffnet in neuem Fenster) Da kommt es natürlich nicht gut, wenn man als Band homophobe Texte im Repertoire hat. Natürlich kann man das als Opportunismus auslegen. Vielleicht ist das aber auch nur ein weiterer kleiner Stein des Anstoßes gewesen, der die Band zu dieser Entscheidung gebracht hat, denn auch ohne eine ESC-Teilnahme sind ESKIMO CALLBOY noch eine der erfolgreichsten neuen deutschen Metalbands, die gerade eine USA-Tour angekündigt hat (Öffnet in neuem Fenster) und deren eigene Europatour zum Großteil ausverkauft ist. (Öffnet in neuem Fenster)

https://youtu.be/OnzkhQsmSag (Öffnet in neuem Fenster)

Dies ist ein Kommentar, also meine ganz persönliche Meinung: ich bin nicht wirklich überrascht, dass sich hinter ESKIMO CALLBOY Menschen verbergen, die trotz ihres überdrehten und lustigen Auftreten selbstreflektierte Musiker sind, die smarte Entscheidungen treffen, wie ich auch schon in einem FUZECast ausgeführt habe. (Öffnet in neuem Fenster) Vor der Entscheidung, mit dem eigenen Werk kritisch umzugehen, gerade als „Spaßband“, habe ich jedoch jede Menge Respekt, da es eben auch von einem Teil ihrer Fans verlangt, selbstkritisch zu sein. Das wird nicht allen gelingen. Und ESKIMO CALLBOY werden auch mit Sicherheit in Zukunft Songs und Videos veröffentlichen, bei denen ich mit den Augen rollen werde und mit denen man in verschiedenen Kreisen immer noch auf Kritik stoßen wird. Dennoch hat die Band gerade mit den letzten Veröffentlichungen bewiesen, dass man besser fährt, wenn man sich über sich selbst lustig macht, als mit Hasswörtern über andere herzuziehen. Ich bin gespannt, wo die Reise bei ESKIMO CALLBOY hingehen wird und wie konsequent der Schnitt sein wird.

XDennisX

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