SPIRITBOX - Interview vorab aus FUZE.111 + Verlosung
DIE VOLLE BANDBREITE. Im März dieses Jahres erscheint mit „Tsunami Sea“ das zweite Album dieser US-amerikanisch/kanadischen Ausnahmetruppe. In den Post-Corona-Jahren haben SPIRITBOX es geschafft, zu einer der spannendsten Bands der gesamten Szene zu werden. Interessanterweise fand die große Headlinertour durch Europa einige Wochen vor Release des Albums statt. Die hiesigen Fans bekamen also einen ziemlich exklusiven Einblick in das neue Konzept und die Entwicklung der Band. Die rasante Karriere von SPIRITBOX hatte allerdings nicht nur Sonnenseiten. Gitarrist Mike gibt uns einen Einblick in den Touralltag inmitten der heißen Promophase und berichtet von der Entwicklung der Band, die vom finanziellen Ruin bis zur zweiten Grammy-Nominierung gerade mal fünf Jahre gebraucht hat.

Foto: Karo Schäfer
Ihr seid aktuell auf eurer großen Europatour. Was ist dein Geheimrezept, um den Jetlag vor der ersten Show zu besiegen?
Ich versuche, mich im Vorfeld schon darauf einzustellen, indem ich meinen Rhythmus an die geplante Ankunftszeit anpasse. Wenn unser Flug beispielsweise am späten Nachmittag in Europa landet, halte ich mich mit möglichst viel Koffein wach und versuche, erst in der ersten Nacht dort zu einer „normalen“ Schlafenszeit ins Bett zu gehen, um meinen Körper direkt an den neuen Zeitplan zu gewöhnen. Falls wir jedoch früh am Morgen ankommen, nehme ich meist Schlaftabletten, um schon im Flugzeug ein paar Stunden Ruhe zu bekommen und mich schneller an die europäische Zeitzone anzupassen. Allerdings funktioniert das in der Praxis selten so gut, wie ich es mir vorstelle. Meistens brauche ich drei bis vier Tage, um körperlich und mental wirklich in den neuen Rhythmus reinzufinden.
Der Name „Tsunami Sea“ und die Titel der einzelnen Tracks lassen zunächst vermuten, dass es sich inhaltlich stark mit Umwelt, Klima und den damit verbundenen Themen beschäftigt. Allerdings sind die Songs so geschrieben, dass sie viel Raum für unterschiedliche Interpretationen lassen. Was steckt für dich wirklich dahinter?
Für mich steht dieses Album in erster Linie für einen tiefreichenden inneren Konflikt – den Wunsch, etwas aus seinem Leben zu machen, aber gleichzeitig den Eindruck zu haben festzustecken. Das kann sich auf verschiedene Weisen äußern, zum Beispiel durch das Gefühl, in der eigenen Heimatstadt gefangen zu sein, oder durch eine gewisse Frustration, weil man im Leben nicht so vorankommt, wie man es sich vielleicht immer vorgestellt hat. Die besondere Kraft der Musik und vor allem von Songtexten liegt aber darin, dass sie offen für Interpretationen sind. Jede:r Hörer:in bringt eigene Erfahrungen, Emotionen und Gedanken mit, und so kann es gut sein, dass manche Menschen in den Texten eine Botschaft über den Klimawandel oder andere globale Krisen sehen. Und das ist vollkommen legitim – ich finde es schön, wenn Songs eine solche Bandbreite an Bedeutungen haben können.
In der Vergangenheit war auch mentale Gesundheit ein wichtiger Aspekt eures Bandkonzepts. Ist dies nach wie vor ein Thema für euch?
Ja, ich würde definitiv sagen, dass das immer noch eine große Rolle spielt. Da ich mit Courtney verheiratet bin, habe ich einen recht tiefen Einblick in ihre Gedankenwelt, wenn es um das Schreiben der Texte geht. Ich bekomme mit, welche Themen sie gerade beschäftigen und welche Emotionen sie beim Songwriting verarbeiten möchte. Aber gleichzeitig ist es so, dass sich auch für sie selbst die Bedeutung der Songs mit der Zeit verändert. Manchmal ist sie sich nicht einmal beim Schreiben ganz sicher, worum es in einem Stück eigentlich genau geht. Die volle Bedeutung entfaltet sich oft erst später.
Was hat euch dazu bewogen, die Tour bereits in den Wochen vor der Veröffentlichung von „Tsunami Sea“ anzusetzen?
Unser gesamter Plan für diesen Albumzyklus ist es, die Musik nicht nur durch die Songs, sondern auch durch die Live-Performance und die visuelle Gestaltung bestmöglich zu präsentieren. „Tsunami Sea“ bietet dafür eine großartige Grundlage, weil es klanglich und thematisch so viel Tiefe hat, dass wir daraus eine umfassende Live-Erfahrung erschaffen können. Es gibt viele düstere, atmosphärische Elemente im Sound, die sich perfekt für eine stimmige visuelle Umsetzung auf der Bühne eignen. Bisher hatten wir nur eine einzige Headlinertour, und die fand fast zwei Jahre nach der Veröffentlichung des damaligen Albums statt. Diesmal sind wir in einer besseren Position: Wir haben jetzt mehr Erfahrung, ein tieferes Verständnis für das, was auf Tour machbar ist, und eine klarere Vorstellung davon, wie wir das Album live in Szene setzen wollen. Die Europatour bietet uns eine perfekte Gelegenheit, um die neue Produktion auf die Probe zu stellen, die Show zu verfeinern und neue Songs live auszuprobieren, bevor das Album offiziell erscheint.
Ihr spielt also bereits mehrere der neuen Songs? Wie fühlt es sich an, Stücke live zu performen, die das Publikum noch gar nicht kennt?
Ja, auf jeden Fall! Wir eröffnen unser Set mit „Fata morgana“, der auch der erste Song auf dem Album ist. Das fühlt sich sehr besonders an, weil wir genau wussten, dass wir mit diesem Song eine große Wirkung erzielen können. Für uns war es wichtig, den Fans in Europa etwas Einzigartiges zu bieten. Deshalb wollten wir ihnen die exklusive Gelegenheit geben, diesen Song als Erste live zu erleben, noch bevor das Album überhaupt veröffentlicht ist. Das ist immer ein besonderer Moment.

Foto: Karo Schäfer
Wie beeinflusst es euren Touralltag, wenn ihr euch gleichzeitig in einer intensiven Promotionsphase befindet?
Der herausforderndste Faktor ist definitiv die Zeitverschiebung. Wenn wir in Europa touren, sind wir etwa acht bis neun Stunden vor der Heimatzeit. Das bedeutet, dass viele Interviews, Telefonate und andere Promotion-Termine zu ziemlich ungewöhnlichen Zeiten für uns stattfinden. Aber letztlich hat das Ganze keinen negativen Einfluss auf unsere Stimmung – ganz im Gegenteil. Wir lieben es, auf der Bühne zu stehen und unsere Musik mit den Menschen zu teilen. Gerade weil diese Zeit so spannend ist, nimmt man solche kleinen Unannehmlichkeiten gerne in Kauf.
Damals dachte ich wirklich, dass unsere Band das nicht überleben würde.
Die letzten vier bis fünf Jahre waren für euch extrem aufregend. Wenn dir 2020 jemand gesagt hätte, dass ihr in fünf Jahren zum zweiten Mal für einen Grammy nominiert seid und mit zahlreichen Szenegrößen auf Tour wart – was hättest du damals gedacht?
Ich hätte es niemals geglaubt. Ganz ehrlich. Damals dachte ich wirklich, dass unsere Band das nicht überleben würde. Als die Pandemie ausbrach, mussten wir unsere erste Tour abrupt abbrechen. Wir hatten gerade erst richtig losgelegt, und plötzlich mussten wir 30.000 Dollar für Last-Minute-Flüge ausgeben, um wieder nach Hause zu kommen. Das war ein enormer Rückschlag und für eine ganze Weile war nicht klar, wie und ob es überhaupt für uns weitergehen kann. Wenn ich heute darüber nachdenke, fühlt es sich fast surreal an, dass das gerade einmal fünf Jahre her ist. Wir haben in dieser Zeit so viele unglaubliche Dinge erlebt, und obwohl wir noch einen langen Weg vor uns haben, bin ich unglaublich dankbar für alles, was wir bisher erreicht haben.
Wie geht es dir auf persönlicher Ebene damit, dass ihr in so kurzer Zeit zu einer sehr erfolgreichen Band gewachsen seid? Ich kann mir vorstellen, dass das auch enormen Druck mit sich bringt.
Definitiv, der Druck ist da, und es gab Phasen, in denen es mir schwerfiel, damit umzugehen. Aber ich habe gelernt, diesen Druck als etwas Positives zu sehen. Solange ich ihn spüre, weiß ich, dass mir das Ganze noch wichtig ist, falls das Sinn ergibt. Ich will nicht, dass sich die Band wie ein gewöhnlicher Job anfühlt. Sobald man anfängt, das Ganze nur noch als Arbeit zu sehen, oder nicht mehr wertzuschätzen kann, was man hat, verliert man die Leidenschaft und das Songwriting leidet darunter. Und genau das möchte ich vermeiden. Ich erinnere mich regelmäßig daran, wie es sich vor vier bis fünf Jahren angefühlt hat, in einem Nine-to-five-Job festzustecken, den ich gehasst habe. Dieses Gefühl motiviert mich, dankbar zu bleiben und das Beste aus unserer Reise als Band zu machen.
Die aktuelle Weltlage bietet aktuell leider wenig Positives. SPIRITBOX haben Mitglieder aus den USA und Kanada. Was hast du gedacht, als Donald Trump verkündete, er wolle Kanada annektieren?
Ich dachte nur: Was für ein Witz und wie peinlich!
Andreas Regler
Verlosung:
Zur Feier des Tages - dem Release des neuen SPIRITBOX Albums “Tsunami Sea” - verlosen wir zwei Pakete, bestehend aus CD, Tote-Bag und Poster. Einfach eine Mail mit dem Betreff: „SPIRITBOX? Da bin ich dabei!“ an office@fuze-magazine.de (Öffnet in neuem Fenster) schicken. Einsendeschluss ist der 13.03.2025. um 12:00 Uhr.
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