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Was tun gegen Freitals niedlichste Räuber?

Auch hier fühlen sich Einwohner von Waschbären belästigt – warum die Jagd auf sie keine Lösung ist. Und was hilft.

Sie gelten als eines der intelligentesten Säugetiere, doch mittlerweile für viele auch als Last. „Freital wird immer mehr von diesen süßen, putzigen Tierchen eingenommen“, sagte die Stadträtin Claudia Mihaly-Anastasio (Konservative Mitte) in der letzten Sitzung des Stadtrates. „Mittlerweile lauern sie früh überall an der Weißeritz. Wenn wir der Sache nicht Herr werden, bekommen wir hier vielleicht ein zweites Kassel.“ Die hessische Stadt gilt als Waschbären-Hauptstadt Europas, weil die kleinen Raubtiere dort in großen Mengen den Müll und Gärten unsicher machen.

Claudia Mihaly-Anastasio fragt die Stadtverwaltung, was sie gegen „die Epidemie der Waschbären“ tun wolle – und nennt mögliche Maßnahmen wie eine stärkere Jagd auf die Tiere oder Fallen. „Der Stadt Freital sind aktuell keine Hotspots bekannt. Auch in Bezug auf die städtische Infrastruktur gibt es keine signifikanten Vorfälle“, antwortet Stadtsprecher Matthias Weigel. „Überdies gehen bei der Verwaltung nur vereinzelt Anfragen zu diesem Thema ein. Eine gesamtstädtische Dringlichkeit ist damit aus unserer Sicht nicht gegeben.“

Was ist so schlimm an Waschbären?

Waschbären kommen eigentlich aus Nordamerika und wurden von Pelzzüchtern nach Deutschland gebracht. 1934 wurden sie erstmals in Deutschland in die freie Wildbahn ausgesetzt. Sie vermehrten sich – auf viele Hunderttausend schätzt das Bundesamt für Naturschutz mittlerweile ihre Zahl. In Städten fühlen sie sich besonders wohl, denn in Mülleimern, Gärten und Balkonen finden die Allesfresser leicht und bequem Futter. Auch in Freital.

Das Problem: Waschbären räubern nicht nur, bedrohen am Boden brütende Vögel und Amphibien und sorgen für Unordnung in Haus und Garten – sie können auch Krankheiten übertragen. Ihr in Gärten und auf Dachböden abgelegter Kot kann den Waschbärspulwurm übertragen, der bei Menschen schwere Krankheiten auslösen kann – er sollte möglichst schnell und mit Handschuhen geschützt entsorgt werden.


Wie können Waschbären vertrieben werden?

Die erste Idee ist: durch Jagd und Fallen. Und das passiert auch. Rund 200 000 Waschbären wurden im letzten Jahr deutschlandweit lebend gefangen und dann erschossen. Das Problem: Es ist grausam – und hilft offenbar nichts. „Je mehr Waschbären getötet werden, um so mehr Jungtiere kommen nach“, lautet das ernüchternde Fazit der Waschbären-Hauptstadt Kassel (Öffnet in neuem Fenster). „Die vielen Jungtiere machen aber unter Umständen mehr Probleme als die Alten, und die Gefahr einer Ausbreitung von Krankheiten und Parasiten wird durch die abwandernden Jungtiere erhöht statt vermindert.“ Auch der Naturschutzbund Nabu sagt: Jagd hilft nichts.

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Der biologische Grund dafür nennt sich „kompensatorische Fertilität“, heißt übersetzt: „Hohe Verlustraten werden durch eine vermehrte Fortpflanzung ausglichen“, schreiben die Biologen und Tiermedizinerinnen des Vereins Hauptsache Waschbär e. V. (Öffnet in neuem Fenster) „Nicht nur beteiligen sich mehr Weibchen an der Fortpflanzung, sie werden auch deutlich früher geschlechtsreif und gebären mehr Weibchen. In kürzester Zeit ist nicht nur die alte Bestandszahl ausgeglichen, sie steigt sogar weiter an.“

Deshalb will der Verein Hauptsache Waschbär in Berlin einen anderen Weg zur Bekämpfung der lästigen Säugetiere ausprobieren. Er fängt sie in Fallen – aber lässt sie danach nicht töten, sondern kastriert bzw. sterilisiert wieder frei. „Bei erfolgreicher Durchführung können wir bereits im zweiten Jahr mit einem Rückgang an Jungtieren um 50 bis 70 Prozent rechnen“, so die Prognose der Biologen und Tiermediziner. Die Waschbären könnten so schnell weniger werden – und die Menschen entspannter. So der Plan. Doch der neue CDU-geführte Senat der Hauptstadt hat das Projekt im Sommer ausgebremst (Öffnet in neuem Fenster).

Was kann jeder tun?

Es kursieren viele angebliche Hausmittel, um Waschbären zu verjagen: Lärm, laute Musik, stinkende Baby-Windeln, Ultraschallgeräte. „Das alles kann Ihnen viel Arbeit machen, der Erfolg wird sich – wenn überhaupt – nur kurzzeitig einstellen“, fasst die Verwaltung der „Waschbären-Hauptstadt“ Kassel ihre Erfahrungen zusammen. „Und im Endeffekt werden Sie sich mehr gestört fühlen als der Waschbär.“

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Diese Maßnahmen dagegen helfen gegen Waschbären, empfiehlt der Naturschutzbund Nabu (Öffnet in neuem Fenster):

- Mülltonnen und Abfälle sicher verschlossen aufbewahren

- kein Fleisch, Fisch, Obst, Brot sowie keine Milchprodukte auf den Kompost oder in öffentliche Papierkörbe

- Futter für Haustiere nicht über Nacht im Garten oder auf der Terrasse lassen

- Bäume und Sträucher, die an das Haus ragen, zurückschneiden

- glatte Blech-Manschetten an Fallrohre der Regenrinnen anbringen

- mögliche Einstiege in das Haus wie Katzenklappen verschließen

- ein starkes Metallgitter auf dem Schornstein

Andreas Roth

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Kategorie Sicherheit

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