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Wir freuen uns im heutigen Female Role Interview (Öffnet in neuem Fenster), die Gründerin des Healthtech-Start-ups FIRST A (Öffnet in neuem Fenster), Antonie Jo Nissen (Öffnet in neuem Fenster) begrüßen zu dürfen.

1. Liebe Antonie, die Frage, welche unserer Community am meisten  unter den Nägeln brennt, ist oftmals: Wie bist du dazu gekommen, dein  Unternehmen zu gründen?

Das passierte sprichwörtlich aus der Not heraus. Als ich vor einem  Jahr angeschlagen von einer Erkältung die Verabredung für den Abend mit  meinem Bruder Leif und unserem Mitgründer Florian absagen musste, boten  sie mir an: “Wenn Du etwas brauchst, dann gib’ Bescheid.” Also sind die  beiden mit dem Fahrrad zur Notapotheke gefahren. Anderthalb Stunden  später hatte ich – endlich – meine Medikamente. Da stellte ich mir die  Frage: Wie kann es sein, dass es immer noch so schwierig ist,  Medikamente zu bekommen? Vor allem wenn man sich heutzutage fast alles  innerhalb kürzester Zeit liefern lassen kann. Und so ist die initiale  Idee zu FIRST A entstanden!

2. Ich selbst habe mein Unternehmen mit meinem Lebenspartner  gegründet, daher kennen wir ebenfalls den skeptischen Blick und die  hochgezogenen Augenbrauen. Entsprechend richte ich gerne auch an dich  die exemplarische Frage: Wie war es, gemeinsam (in diesem Fall) mit  deinem Bruder zu gründen?

Als Geschwister sieht man sich gegenseitig kristallklar und kennt die  jeweiligen Stärken und Schwächen des anderen. Wir ergänzen uns sehr gut  in unseren Persönlichkeiten und Fähigkeiten. Gerade bei der Gründung  eines Unternehmens ist das Vertrauensverhältnis und die Loyalität extrem  wichtig – das ist bei uns als Geschwisterpaar auf einem hohen Level!  Mit Florian haben wir zudem noch einen Freund und erfahrenen Mitgründer  mit an Board, der auch noch einmal andere Perspektiven einbringen kann.  Abgesehen davon ist es aber auch mit ganz viel Spaß und Humor verbunden.  Deswegen würde ich jedes Mal wieder mit Leif und Florian auf diese  Achterbahnfahrt gehen.

3. Euer Unternehmen gründet auf einem Quick-Commerce-Geschäftsmodell  für Medikamente. Wie können wir uns euren Service genau vorstellen?

FIRST A ist der erste Sofort-Lieferdienst für Arzneimittel in  Deutschland. Wir bringen apothekenpflichtige Arzneimittel und  Drogerieprodukte auf Bestellung innerhalb von 30 Minuten per  Fahrradkurier von unseren lokalen Partner-Apotheken bis an die Haustür.  Damit wird für viele Menschen der Zugang zu Arzneimitteln stark  vereinfacht. Gerade wenn man krank im Bett liegt, ist der Gang zur  Apotheke eine Belastung. Aber auch für Angehörige ist der Lieferdienst  eine große Zeitersparnis, wenn man beispielsweise Medikamente für seine  pflegebedürftigen Verwandten an seine Wunschadresse innerhalb kürzester  Zeit liefern lassen kann. Die schnelle Lieferung unserer Fahrradkurier  schließt somit eine Versorgungslücke.

4. Ihr seid mittlerweile ein Team von knapp 30 Mitarbeitenden.  Welche Herausforderungen begegneten Euch im Rahmen der Wachstumsphase  eures Unternehmens?

Leif und ich haben gemeinsam mit unserem guten Freund Florian Swoboda  FIRST A gegründet. Wenn man gründet, ist alles gleichermaßen wichtig  und am besten alles zu gestern: das Recruitment, das Marketing, das  Identifizieren von passenden Kooperationspartnern. Das Allerwichtigste  in der Wachstumsphase ist es, Prioritäten zu setzen. Gerade bei einem  jungen Unternehmen kann man nicht alles zu 100% perfekt meistern. Aber  mit richtiger Priorisierung reicht die 80/20 Regel dann doch meistens  aus. Zudem sind wir als Gründerteam sehr komplementär und können die  Aufgaben gut verteilen.

5. Unser Magazin verschreibt sich dem Thema „Female Empowerment“. In  diesem Zuge berichten wir natürlich auch vom sogenannten „Female  Investment Gap“, welcher es Frauen in der Start-up-Szene erschwert, an  Angel-Invests oder Venture Capital zu kommen. Gab es für dich als junge,  weibliche Gründerin jemals Herausforderungen, die dir aufgrund deines  Alters oder Geschlechtes begegnet sind?

Ich bin mit einem älteren Bruder aufgewachsen – somit habe ich schon  früh das Durchsetzen gelernt. Auch das Studium an der WHU und meine Zeit  bei J.P. Morgan im Healthcare M&A war eine gute, aber auch nicht  immer einfache Schule für mich. Ich denke das Wichtigste ist der Glaube  an die eigene Person, das Stärken des Selbstbewusstseins und das  Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Wenn man sich dessen bewusst ist,  strahlt man es auch aus und wird weniger angezweifelt. Dennoch: Es gibt  definitiv Momente, in denen ich angezweifelt wurde und wo ich mir später  anhören musste, dass ich die Jobs nur bekommen habe, weil ich eine Frau  sei. Aber sowas lächle ich immer weg, denn das ist wirklich kein  konstruktiver Kommentar. Ich fokussiere mich dabei auf mich und meinen  Werdegang!

6. Wie so oft, wenn jemand die ersten innovativen Schritte geht,  lässt die Konkurrenz nicht lange auf sich warten. In eurem Fall  gestaltet sich diese in Form von Versandapotheken, wie DocMorris oder  den Anbietern Mayd und Kurando. Wie schafft ihr es, den anderen einen  Schritt voraus zu sein?

Wir waren die ersten auf dem deutschen Markt. FIRST A hat ein Team  mit sehr starker Kompetenz, sowohl im Gesundheitswesen, als auch im  Quick-Commerce-Bereich. Das sorgt nicht nur dafür, dass wir exzellent  den Markt verstehen, sondern auch sehr schnell wachsen können. Wir haben  es geschafft, bereits vier Wochen nach unserem Launch in Berlin in vier  weitere Städte zu expandieren, darunter Köln, München, Frankfurt und  Düsseldorf.

Es ist sehr spannend, wie sich der Markt entwickelt hat. Nach uns  sind jetzt noch fünf weitere Player gelauncht. Wir betrachten das als  ein wirkliches Kompliment für unsere Geschäftsidee und freuen uns, das  Thema Digital Health in Deutschland gemeinsam immer weiter  voranzutreiben.

Als unseren starken Differenzierungsfaktor sehen wir unsere  strategische Herangehensweise, die Versorgung mit Medikamenten zu  verbessern. Mit unserer App und unserem Lieferdienst schließen wir eine  bestehende Lücke zwischen Endkonsument:innen und der Apotheke. Eine  weitere Stärke sehen wir in unserer direkten Partnerschaft und  Zusammenarbeit mit lokalen Apotheken. Gleichzeitig verhelfen wir ihnen  ins digitale Zeitalter und zu mehr Kund:innen. Den Endkonsument:innen  sparen wir Zeit, Stress und Wege.

Overall: Unsere Gesamtstrategie setzt auf Partnerschaften, ob mit SHOP APOTHEKE EUROPE (Öffnet in neuem Fenster) oder lokalen Apotheken. Wir fokussieren uns darauf, Win-Win Situationen  zu kreieren und denken, dass uns das langfristig vom Wettbewerb  unterscheidet.

7. In der Retrospektive schmunzle ich selbst über den ein oder  anderen Stolperstein, den auch sicher ihr drei als Gründer*innen erlebt  habt. Was würdest du (angehenden) Entrepreneurinnen raten, die sich in  der Startphase ihrer Gründung befinden? Welche Stolpersteine sollten sie  vermeiden und welche Möglichkeiten unbedingt nutzen?

Sich austauschen! Meinungen und Erfahrungen einholen und dennoch  “sein eigenes Ding” machen. Das tolle an einer Start-up-Gründung im Team  ist, dass man immer ein Korrektiv hat, insbesondere wenn man erfahrene  Partner:innen an Bord hat. Stolpersteine sehe ich vor allem in der  Unentschlossenheit bei vielen Neugründer:innen. Das ist auch absolut  verständlich, aber manchmal muss man Entscheidungen treffen und diese  zügig umsetzen.

8. Ich freue mich sehr, der FemalExperts Community die unglaubliche  Nachricht der Übernahme von First A durch SHOP APOTHEKE EUROPE, eine der  führenden Online-Apotheken in Europa mitzuteilen. Der berühmte „Exit“  ist euch mit diesem Schritt erfolgreich gelungen. Ihr bleibt als  Gründerteam und Management-Team dem Unternehmen weiterhin erhalten. Wie  geht es hier konkret für euch weiter?

Danke, wir sind sehr glücklich über diese Entwicklung. Wir freuen uns  über den  Zusammenschluss mit SHOP APOTHEKE EUROPE, einem strategisch  starken Partner. Mit diesem Team im Rücken können wir exponentiell  schnell den europäischen Markt erreichen. Mit SHOP APOTHEKE ist ein  größerer Hebel möglich und das spornt uns alle unglaublich an. Für  unsere Partnerapotheken möchten wir ein zuverlässiger Partner sein und  ihnen ein Vehikel für ihr eigenes Onlinebusiness bieten. Wir wollen die  Digitalisierung des Gesundheitsmarktes vorantreiben und sind hier, um  langfristig eine Rolle zu spielen. Dabei ist SHOP APOTHEKE EUROPE der  ideale Partner. Wir planen bereits Rollouts in weitere deutsche und  europäische Städte. Eine spannende neue Reise treten wir nun auch  gemeinsam mit Wellster Healthtech als Kooperationspartner zum Thema  Female Health an. Hierbei feiern wir eine Premiere für die Telemedizin,  da wir gemeinsam erstmalig eine eRezept-Lieferdienst-Kombination  gelauncht haben. Wir freuen uns Teil des mySummer-Launches (Öffnet in neuem Fenster) zu sein, der ersten voll integrierten FemTech-Plattform Deutschlands.

9. Ein „Exit“ wird oftmals als DAS Ziel so mancher Start-up-Gründung  genannt. War das bei euch ähnlich oder hattet ihr gar nicht daran  gedacht, dass es sich in diese Richtung entwickeln könnte?

Wenn man ein Unternehmen startet, denkt man natürlich über jegliche  Szenarien nach. Wir sind so schnell gewachsen und es wurde klar: Wir  sind hier “for the long run” und möchten eine nachhaltige Firma  aufbauen. Offensichtlich bringt uns die Kombination von einem  strategischen Player mit geballtem Marktwissen und exzellenter  Finanzierung nicht nur viel schneller ans Ziel, sondern unterstützt uns  auch im nachhaltigen Wachstum.

Somit ist SHOP APOTHEKE EUROPE mit zwei Marken in Europa aktiv und  wir sind ganz vorne mit dabei. Das ist ein wahnsinniges Gefühl und wir  sind stolz, dass nun das Modell schnell Medikamente geliefert zu  bekommen, Fuß fasst und das in ganz Europa mit FIRST A!

10. Für diejenigen unter den FemalExperts Leser*innen, die nicht  genau wissen, wie sich ein solcher Exit gestaltet. Kannst du uns einen  kleinen Einblick geben, worauf es bei einem solch wichtigen Schritt  genau ankommt?

Im Kern verändern sich bei einem Exit die Eigentümerverhältnisse der  Firma. Häufig kauft ein:e Investor:in die Mehrheit der Firmenanteile des  Gründerteams ab. Allerdings bedeutet dies nicht, dass die Gründer:innen  kein Mitbestimmungsrecht mehr haben oder die Firma von einem anderen  Management-Team geführt wird. Ganz im Gegenteil: Gründer:innen bleiben  häufig noch lange nach einem Eigentümerwechsel im Unternehmen und führen  die Firma weiter durch die nächsten Wachstumsphasen.

Die eigene Firma zu verkaufen, ist natürlich ein Schritt, den man  sich sehr genau überlegen sollte. Denn egal ob Verkauf oder Investment:  Man verkauft Firmenanteile und jemand Weiteres sitzt nun am  Entscheidungstisch. Daher war es uns extrem wichtig, dass wir das  gleiche Verständnis haben und FIRST A auch zukünftig von uns geführt und  eigenständig vorangetrieben wird. Bei uns dominierten seit dem Start  immer zwei Fragen: Was für eine Firma möchten wir aufbauen und was  bringt der/die Investor:in mit an den Tisch? Für beide Fragen wurde  schnell offensichtlich: Ein strategischer Investor ist für uns die  favorisierte Lösung. Warum? Wir sehen, dass Markt-Know-how, die  langfristige Finanzierung und das Alignment der Interessen für uns  entscheidend sind.

11. Abschließend noch eine persönliche Frage: Hast du persönliche  oder unternehmerische Ziele, die du auch fernab von First A in den  kommenden Jahren für dich verwirklichen möchtest?

Auf jeden Fall – jetzt geht’s erst richtig los! Auf der einen Seite  freue ich mich sehr darauf, mein Wissen und Learnings aus der  vergangenen Zeit weiterzugeben. Auf der anderen Seite bin ich nun auch  in der glücklichen Lage, von der Investorenseite aus junge Unternehmen  zu unterstützen. Dabei möchte ich mich besonders auf Firmen im  Healthbereich fokussieren, da es dort noch einiges zu tun gibt! Also  langweilig wird es auf jeden Fall nicht – ich freue mich sehr darauf!

Liebe Antonie, vielen Dank für deine Zeit und deine  Bereitschaft dich unserer FemalExperts Community vorzustellen. Deine  Gründungsgeschichte ist eine Inspiration für alle (angehenden)  Entrepreneurinnen in der Start-up- und besonders der Healthtech-Szene.

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