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Irritierende Titelvergabe | Januar 2024

Liebe Leserschaft,

vom römischen Theaterdichter Plautus ist der Satz überliefert: “Quem di diligunt, adulescens moritur.” — “Wen die Götter lieben, der stirbt jung.” Ein Satz, den manch einer gerne in Henry Kissingers (Öffnet in neuem Fenster) Grabstein eingraviert hätte.

Doch sowohl Kissinger als auch dem kürzlich verstorbenen Wolfgang Schäuble (Öffnet in neuem Fenster) blieb es versagt, einen der höchsten politischen Titel der Menschheitsgeschichte zu tragen. Den erhielt hierzulande nur einer (Öffnet in neuem Fenster).

Irritierende Titelvergabe

Ein Mann mit Kaiser-Titel herrscht allein.
Nun frag ich mich: Wie kann es bitte sein,
dass Leute einen prominenten Herrn,
den sie als Größe eines Teamsports kennen,
in lobender Verehrung „Kaiser“ nennen?
Anscheinend liegt der Teamgeist ihnen fern.


Aus gegebenem Anlass noch ein sprachlicher Hinweis: Die lateinische Phrase “de mortuis nihil nisi bene” bedeutet in der deutschen Übersetzung nicht etwa, man solle “über die Toten nichts als Gutes”, sondern “über die Toten nur gut” reden. Denn beim Wort “bene” handelt es sich nicht um ein Substantiv, sondern um ein Adverb, das sich darauf bezieht, wie man über Verstorbene sprechen sollte — und nicht etwa darauf, was man über sie äußert. Wer also mal in die Verlegenheit kommen sollte, einen Nachruf zu Papier zu bringen, muss mit Höllenfahrt-Wünschen nicht zwingend hinterm Berg halten, solange sie freundlich und respektvoll formuliert sind.

Auf Wiederlesen!

Michael Feindler

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Kategorie Monatsgedichte

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