Intensivstation: Wie eine Pflegekraft einer Angehörigen das Gefühl gab, wichtig zu sein
„Es ist ein wenig peinlich, dass nach 45 Jahren Forschung und Studium der beste Rat, den ich den Menschen geben kann, der ist, etwas mehr Mitgefühl füreinander zu haben.“ - Aldous Huxley
Hi. Hier schreibt Martin, der Herausgeber von „Die freundliche Geste“. Eigentlich schicke ich euch die ergreifenden Geschichten, die mir Leute als Mail zusenden, eins zu eins, wie ich sie bekomme.
Dabei geht oft etwas verloren. Wir übersehen Bedeutsames, weil wir in Eile hastig über die Geschichte fliegen, auf zur nächsten E-Mail. Heute mache ich es anders – und führe euch durch ein Ereignis, das mir lange in Erinnerung bleiben wird.
Die Erzählung beginnt mit einem schmerzhaften Moment: „Mein Partner lag nach einer Reanimation im Koma auf einer Intensivstation“, schreibt D (ich habe ihre Namen gekürzt).
Was wir nicht wissen, ist, was D. durch den Kopf ging. Aber wir können versuchen, nachzuempfinden. Dabei hilft uns Brigitte Teigeler, die für einen Onlineratgeber schrieb:
„Für die Angehörigen ist die Intensivstation ebenso bedrohlich wie für die Patientinnen selbst“. Der Unterschied sei, dass sie die Gefahr, in der das Familienmitglied schwebt, bei vollem Bewusstsein mitbekommen.
Was eine Frage in D. auslöste
Am zweiten Tag kam die Bezugspflegekraft ins Zimmer, „und fragte mich, wie es mir geht“, so D. Sie stellt eine Frage, die für Pfleger:innen, die im Krankenhaus arbeiten, zum Beruf gehört. Aber:
Für D. war es keine Allerweltsfrage. Sie brach in Tränen aus. „Ich war so gerührt, weil sie mir das Gefühl gab, dass ich auch als Angehörige wichtig bin.“
Lasst uns an dieser Stelle aufmerksam bleiben. Mitten im Chaos der Intensivstation erkannte diese Pflegekraft nicht nur den Patienten, sondern auch D. als Mensch mit Bedürfnissen.
Welches Gefühl bekam sie? Dass sie auch als Angehörige wichtig sei.
D. schrieb mir, die Pflegekraft habe ihr jeden Tag Kaffee und Wasser vorbeigebracht und sie daran erinnert, zu trinken.
Die Kraft des Unscheinbaren
„Mein Partner hat es leider nicht geschafft“, schreibt D. Das war mit Sicherheit schwer zu verkraften. D. beschönigt hier nichts, aber sie hat mir auch nicht mehr darüber geschrieben.
Neben dem Tod bleibt für D. auch Jahre später die Pflegekraft in Erinnerung, „die sich trotz Stress Zeit für mich genommen hat.“ Für die Geste sei D. heute noch dankbar.
Liebe Leser:innen, D.s Geschichte erinnert uns daran, wie viel Kraft in kleinen, oft unscheinbaren Zuwendungen steckt. Lasst uns damit nicht sparen, wenn wir aufeinandertreffen.
Herzliche Grüße
Martin
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