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Der Tripreport - 2023-März-I

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Inhalt

  • Blick auf DMT - Neue Forschungsergebnisse und ein paar Basics zum "Spirit-Molecule"

  • Psypompia vs. Last Week Tonight: Überhypte Berichterstattung über psychedelische Therapie?

  • Dein Feedback

Bild: Dall-E

Blick auf DMT - Neue Studie macht Wirkung im Gehirn sichtbar

Eine im Fachjournal PNAS veröffentlichte Studie hat mit bildgebenden Verfahren untersucht, wie DMT im menschlichen Gehirn wirkt und die Realitätswahrnehmung verändert. 

Was passiert im Gehirn unter Einfluss von DMT, eines der stärksten bekannten Psychedelika? Wie kann es sein, dass ein natürlicher Wirkstoff die Wahrnehmung und Denkprozesse derart verändert, dass ProbandInnen sich kurzzeitig in hyperrealistische Dimensionen versetzt fühlen? Wie kommen durch das Molekül ausgelöste mystisch-spirituelle Erlebnisse zustande, die ein ganzes Weltbild binnen Minuten auf den Kopf stellen können?

Forschende am Psychedelischen Forschungszentrum des Imperial College London rund um Chris Timmerman, Robin Carhart-Harris und David J. Nutt, haben nun einen wichtigen Schritt hin zur pharmakologischen Entschlüsselung der DMT-Wirkung gemacht. Die Studie „Human brain effects of DMT assessed via EEG-fMRI” (Öffnet in neuem Fenster)(Zu Deutsch: Die Effekte von DMT auf das menschliche Gehirn, gemessen mit EEG-fMRI) ist die erste bildgebende Untersuchung des menschlichen Gehirns, die die Gehirnaktivität vor, während und nach der DMT-Erfahrung im Detail verfolgt. 

Für die placebokontrollierte Studie erhielten 20 gesunde Freiwillige Injektionen mit je 20 mg DMT. Dabei wurden ihre Gehirnaktivitäten mit einer Kombination aus EEG und fMRI aufgezeichnet. Die Wirkung dauerte etwa 20 Minuten an, die ProbandInnen gaben währenddessen regelmäßige Statusmeldungen über die subjektive Intensität ab. 

Laut Carhart-Harris sorgte die fMRI-Methode dafür,  selbst tiefste Strukturen im menschlichen Gehirn unter dem DMT-Einfluss sichtbar zu machen, während das EEG dazu beitrug, rhythmische Aktivitäten zu messen. 

DMT beeinflusst die Vorstellungskraft

Die Scans zeigten unter anderem, dass sich die Aktivität innerhalb und zwischen den Hirnregionen veränderte. Unter anderem erfolgte eine erhöhte Konnektivität im gesamten Gehirn. Verschiedene Bereiche und Systeme kommunizierten vermehrt, was mit den neurologischen Fachbegriffen  "Auflösung und Aufhebung von Netzwerken" und erhöhte "globale funktionelle Konnektivität" (network disintegration and desegregation und global functional connectivity) bezeichnet wird.

Besonders höhere Gehirnfunktionen, wie Vorstellungskraft (imagination) waren von den Aktivitätsveränderungen betroffen.

"Unsere Ergebnisse haben gezeigt, dass bei den Probanden unter DMT eine deutliche Dysregulation einiger Hirnrhythmen auftrat, die normalerweise vorherrschend sind. Das Gehirn schaltete in seiner Funktionsweise auf etwas ganz und gar Anarchisches um. Es wird faszinierend sein, diese Erkenntnisse in den kommenden Jahren weiter zu verfolgen. Psychedelika erweisen sich als äußerst leistungsfähige wissenschaftliche Instrumente, um unser Verständnis der Beziehung zwischen Gehirnaktivität und bewusster Erfahrung zu vertiefen.", so Carhart-Harris.

Die Studienergebnisse bestätigen und erweitern bisherige Erkenntnisse aus der Forschung zu DMT und anderen serotonergen Psychedelika, die an den gleichen Rezeptortypen agieren. Diese Stoffe beeinflussen demnach die Gehirnregionen im Neocortex, die mit psychologischen Fortschritten verknüpft sind. Die Ergebnisse seien ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem besseren Verständnis dafür, wie diese Psychedelika die Wahrnehmung, das Bewusstsein und die Realitätsbildung beeinflussen.

Was ist DMT und was will die Forschung herausfinden?

N,N-Dimethyltryptamin (DMT) ist ein Molekül aus der Gruppe der Trypamin-Alkaloide. Es kommt sowohl in verschiedenen Pflanzen vor und wurde auch im menschlichen Körper sowie in Tieren nachgewiesen. Im menschlichen Gehirn wirkt es an den 5-HT2A-Serotonin-Rezeptoren.

DMT kann starke psychedelische Effekte auslösen, indem es unter anderen auf den Serotonin-Haushalt einwirkt. Wirkungsbeschreibungen beinhalten hochkomplexe audiovisuelle Pseudohalluzinationen, Loslösung von der gewohnten Realität, Nahtoderfahrungen, Erleuchtungserscheinungen und Begegnungen mit mehrdimensionalen Wesenheiten, die mit den ProbandInnen zeitweise in Kontakt treten. 

Die Wirkung ist stark abhängig von der Darreichungsform. Die bekannteste Art der Verabreichung  ist Ayahuasca, einem seit Jahrhunderten verwendeten psychedelischen Pflanzensud aus dem Amazonas. Hier wird der Pflanzenwirkstoff über das Verdauungssystem aufgenommen — allerdings kann dieser so nur in Kombination mit einer zweiten, enzymhemmenden Substanz psychedelische Wirkungen entfalten. In dieser Form entwickeln die KonsumentInnen lang anhaltende, von Visionen geprägte Trancezustände.

DMT kann auch als Isolat vaporisiert oder intravenös injiziert werden. In diesen Formen sind die Wirkungen kürzer und intensiver. Oft fühlen sich KonsumentInnen wie in eine andere, hochauflösende Dimension katapultiert. In klinischen Studien wird in der Regel die Methode der Injektion angewendet. 

Die Substanz gilt unter kontrollierten Bedingungen bei geistig gesunden ProbandInnen als sicher (Öffnet in neuem Fenster), mit nur milden zeitweisen Nebenwirkungen.  Unerwünschte psychische Nachwirkungen sind aber möglich. Aufgrund der mystischen Erfahrungen, die DMT auslöst, wird es auch das „Spirit-Molecule”, also Geistes- oder Bewusstseins-Molekül, bezeichnet. 

Forschende sind besonders daran interessiert, welche Rolle DMT im Gehirn und bei der Bildung von Bewusstsein und wahrgenommener Realität spielt und wie es psychotherapeutisch und pharmakologisch angewendet werden kann, um zum Beispiel Depressionen und Ängste zu behandeln.

Weiterführende Links

Undifferenziert in den Hype? Psypompia kritisiert „Last Week Tonight”

Bild: Dall-E

Psychedelika-gestützte Therapie kann Menschen Chancen auf Heilung von  häufigen psychischen Erkrankungen geben. Allerdings gibt es bei der Entwicklung und Durchführung dieser Therapieform, die in weiten Teilen der Welt noch nicht zugelassen ist, Risiken und Gefahren. Diese gilt es transparent zu machen, um Lösungen dafür zu finden - und sie nicht unter den Tisch zu kehren.

 Das linksgerichtete Non-Profit Medienunternehmen Psypompia wirft in einem offenen Brief den Machern  der satirischen US-Nachrichtenshow "Last Week Tonight", moderiert von John Oliver auf HBO, sich im Segment „Mental Health Care” vom Februar 2023  undifferenziert dem „psychedelischen Hype” hingegeben zu haben und Punkte der wachsenden Industrie kritiklos übernommen zu haben. 

Show ignorierte Bedenken

Die Produzierenden haben sich demnach im Vorfeld mit Teilen der Psypompia-Redaktion getroffen, die sie um auf einige ethische Bedenken und methodischen Probleme in der psychedelikgestützten Therapie hingewiesen: Darunter das Versagen von Regulierungsbehörden, die mangelhafte Datenlage bei der Forschung zu psychedelischen Therapieansätzen aufgrund von kleinen Stichprobengrößen und methodischen Problemen und das Vorhandensein von Missbrauchsfällen innerhalb therapeutischer Sitzungen. Als prominentes Beispiel wird hier der Fall von Meaghan Buisson genannt, die im Rahmen einer von MAPS organisierten Therapiesitzung in 2015 von den TherapheutInnen traumatisiert worden ist. All diese Punkte wurden in dem Showsegment ignoriert. Besonders enttäuscht zeigte sich Psypompia, da die Sendung „Last Week Tonight” sich sonst eigentlich auf die kritische Auseinandersetzung mit Hype-Themen versteht. Das Magazin befürchtet, dass „die Auslassung dieser Informationen zu einer Atmosphäre des Schweigens beiträgt, die solche Gefahren weiter mehren lässt und Bemühungen, sie einzudämmen behindert.

Negative Seiten dürfen nicht ignoriert werden 

Hierzu lässt sich ergänzen, dass Last Week Tonight sich selbst als "ein satirischer, aufschlussreicher und akribisch recherchierter Blick auf aktuelle Ereignisse in den USA und auf der ganzen Welt" (Öffnet in neuem Fenster) beschreibt. Ein journalistischer Anspruch ist also trotz der humoristischen Aufmachung gegeben. Zwar ist es wichtig, die positiven Chancen solcher Therapieformen einem breiten Publikum aufzuzeigen, besonders im Kontrast zu den Defiziten in den Gesundheitssystemen. Aber eine gänzlich unkritische Darstellung ist auch nicht hilfreich, wenn man glaubwürdig bleiben möchte. Die Länge des Segmentes ist über 20 Minuten, es hätte also auch Raum für einige einschränkende und kritische Einblicke geben können.

Weiterführende Links:

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