Zum Hauptinhalt springen

Hallo...

... und ganz kurz vor Weihnachten noch einmal herzlich willkommen zur  vierten, exklusiven Post aus dem Leben von DEINE(R) KORRESPONDENTIN! Diesmal noch etwas „besonderer“ als sonst… denn:

Es gibt aufregende Neuigkeiten aus dem Hause DEINE KORRESPONDENTIN!

Zusammen mit dem CORRECTIV-Verlag haben wir ein Buch herausgebracht. Es heißt „Frauen, die die Welt verändern“ und ist hier erhältlich: https://shop.correctiv.org/Frauen-die-die-Welt-veraendern/correctiv10102 (Öffnet in neuem Fenster)

Was darin steht? Das verraten wir Euch gern:

Wir haben bei DEINE KORRESPONDENTIN seit 2015 auf unserer Webseite mehr als 400 Geschichten über inspirierende Frauen aus der ganzen Welt veröffentlicht. In diesem Buch findet Ihr einen Auswahl davon. Es ist eine vielschichtige Sammlung, die exemplarisch vor Augen führt, was alles möglich ist, und wo es überall – initiiert von Frauen – Chancen, Hoffnung und Fortschritt gibt. Nicht nur an Weihnachten sollte der Wunsch nach zugewandter Zwischenmenschlichkeit, Liebe, Frieden und Zuneigung eine Gleichberechtigung für Frauen* und Männer* endlich greifbarer machen. Die Arbeit von den für DEINE KORRESPONDENTIN schreibenden Auslandsberichterstatterinnen leistet dazu einen wichtigen Beitrag.

Das Buch „Frauen, die die Welt verändern“ eignet sich auch hervorragend als Geschenkidee, übrigens… :-)

In den letzten Monaten hat DEINE KORRESPONDENTIN-Chefredakteurin Pauline Tillmann beim Bonn Instiute an einer Studie mitgearbeitet. Sie heißt: "Zwischen Wunsch und Wirklichkeit" und blickt auf die Situation der Auslandsberichterstattung in Kriegszeiten. Hier gibt es die Studie zum Nachlesen (auf Deutsch und auf Englisch): https://www.bonn-institute.org/publikationen/kriegsberichterstattung (Öffnet in neuem Fenster)

Außerdem haben wir in diesem Jahr zwei Virtuelle Städtetouren angeboten – wer nicht live dabei sein konnte, darf gern nachträglich nochmal nach Amsterdam und Dublin reisen:

Amsterdam: https://www.youtube.com/watch?v=S_LMACE0zjw (Öffnet in neuem Fenster)

Dublin: https://www.youtube.com/watch?v=wR8Lq-2pzPw&t=1570s (Öffnet in neuem Fenster)

Und wie immer öffnen wir in dieser exklusiven Post die Türen zu unseren Arbeitszimmern und unserem Leben einen Spaltbreit und erzählen in drei Kolumnen, warum für Profis das private Lesen manchmal ganz schön schwierig ist, was der Unterschied zwischen Erwerbsarbeit und Care-Arbeit ist (und ob es da überhaupt einen geben sollte) und wie eine andere Frau am Tisch eines festlichen Dinners mit einem Satz aus verschüttetem Wein einen wunderschönen Moment des Empowerments gemacht hat – vielleicht ist das das wahre Weihnachtswunder?

Wie immer – und zum Jahresende noch mal ganz besonders – gilt: Möge der Newsletter ebenso inspirieren und bemerkenswert sein wie die Frauen in unseren Artikeln und die Korrespondentinnen, die für DEINE KORRESPONDENTIN schreiben.

Passt gut auf euch auf, wo immer ihr seid!

Alles Liebe aus der
DEINE KORRESPONDENTIN-Redaktion

Keine Angst, ich bin nicht plötzlich auf den Kopf gefallen. Ich verstehe, was Buchstaben mir sagen wollen. Aber es geht in den nächsten Zeilen um einen großen Verlust, an dem ausgerechnet mein Beruf Schuld ist.

Ich war bereits als Kind süchtig. Nichts konnte mich vom Lesen abhalten, kein Unterricht, keine Hobbys, keine „Licht aus!“-Ansage meiner Eltern lange nach der Schlafenszeit. Ich habe meine Nase tief zwischen die Seiten gesteckt und am Leim-Einband „geschnüffelt“ (das tue ich bei Hardcovern heute manchmal noch;) und versank in den Geschichten. In der Schule unter der Bank, mit der Taschenlampe unter der Bettdecke. Ich kam oft zu spät, weil ich ein Buch einfach zu Ende lesen MUSSTE! Das wurde bestraft. Statt Hausarrest oder Fernsehverbot hatte ich manchmal wochenlang Leseverbot und durfte nur minutenweise mein Pensum steigern. Eine Qual! Einmal bat ich in meiner Verzweiflung eine Mitschülerin, mir Lesestoff mitzubringen. So kam ich in Kontakt mit dem Literaturgenre Heftroman in der Ausführung Gruselkrimigeschichte. (Spolier: Ich wurde kein Fan.) Doch ich verschlang sie trotzdem.

Ich wurde älter und las munter weiter. Dann wurden das Schreiben und Lesen mein Beruf. Leider. Denn damit habe ohne es zu wollen einen Entzug gemacht. Und das tut weh! Ich habe nicht etwa meine Liebe zu Büchern verloren. Ich leihe und kaufe sie ständig, betaste Cover mit Prägung und rieche an druckfrischen Seiten. Aber ich kann nicht mehr lesen! Bücher stapeln sich mehrlagig in meinen Regalen, knubbeln sich auf dem Nachttisch, wandern bei Reisen mit falscher Hoffnung in den Koffer. Ich stelle mir vor, wie ich erwartungsvoll den Einband öffne, die erste Seite glattstreiche und… aus. Ich kann mich nicht mehr in den Geschichten verlieren wie früher. Stattdessen sehe ich nur Buchstaben, bewerte Ideen, stolpere ungnädig über Fehler. Der Genuss ist weg, geblieben ist die Pflicht. Das ist nicht okay. Also ist es nicht das Ende.

Ich bin 39 Jahre alt und Kinder von zwei Kindern (vier und sechs). Erst seit zwei Jahren beschäftige ich mich mit dem Thema Selbstfürsorge. Vorher habe ich gedacht, es sei normal, dass ich immer gestresst sei und mich in der „Rushhour des Lebens“ so krass getrieben fühle. Immer wieder merkte ich: Der Tag mit seinen 24 Stunden reicht für alles, was ich erledigen muss, einfach nicht aus.

Ich habe vor siebeneinhalb Jahren DEINE KORRESPONDENTIN gegründet. Inzwischen habe ich ein großartiges Team aufgebaut, das sich um den Feinschliff der Texte kümmert, um Social Media (Instagram, Twitter, Facebook) und um die Kommunikation mit möglichen Partnern. Seit August stelle nicht mehr ich jeden Mittwoch unsere Artikel online, sondern eine Kollegin. Ich habe also gelernt, abzugeben und zu delegieren. Und doch habe ich nicht mehr freie Zeit.

Durch DEINE KORRESPONDENTIN werde ich immer wieder für neue spannende Projekte angefragt. So war ich etwa zwei Jahre Projektmanagerin bei der DW Akademie und habe ein Netzwerk von Digital Media Pioneers aufgebaut. Ich habe ein Handbuch für CORRECTIV geschrieben zum Thema Community-Journalismus. Und zuletzt habe ich an der ersten Studie des Bonn Institutes zum Thema „Konstruktive Kriegsberichterstattung“ mitgeschrieben, die bald erscheinen wird.

Ich bin und bleibe in meinem Herzen immer freie Journalistin. Das heißt, ich kann mir meine Zeit – theoretisch – frei einteilen. Dabei habe ich mich lange über meinen Job definiert. In unserer Gesellschaft ist das auch das Erste, wonach man fragt, richtig? Was machst du so (um Geld zu verdienen)? Da ich – vor den Kindern – auch viel in Osteuropa unterwegs war, weiß ich: In anderen Regionen ist das nicht so. Da fragen die Menschen: Wie geht es dir? Wo kommst du gerade her? Welche spannenden Leute hast du zuletzt getroffen?

Erst durch das aktuelle Buch von Teresa Bücker habe ich angefangen, die Fixierung auf die Erwerbsarbeit kritisch zu hinterfragen. In „Alle_ZEIT “ (Ullstein Verlag) geht die Feministin der Frage nach, ob Zeit eine Frage von Macht und Freiheit ist. Spoiler: Ist es. Sie schreibt:

„Wer wird für seine Arbeit bezahlt und wer nicht? Wer hat Zeit, für seine Interessen einzutreten? Heute wird die meiste Zeit der Erwerbsarbeit zugestanden, nur ökonomisch Verwertbares gilt als wertvoll. Für soziale Beziehungen, Sorgearbeit und Erholung bleibt zu wenig Platz. Zeit ist höchst ungerecht verteilt – der materielle Wohlstand hat sich nicht in Zeitwohlstand übersetzt. Zeitarmut treibt uns in Vereinzelung und Erschöpfung, zerstört Familien und Freundschaften, sie macht politisches Engagement zu einer Klassenfrage.

Ein gutes Leben für alle kann nur gelingen, wenn wir verstehen, wie drängend Zeitgerechtigkeit ist, und endlich die Debatte darüber beginnen, wie wir Zeit neu verteilen. Wir müssen den Glaubenssatz überwinden, dass Zeit Geld sei, und wir müssen uns der Zeit derer annehmen, deren Bedürfnisse bislang wenig zählen.“

Ich kann mich mit vielen Gedanken, die Teresa formuliert, anfreunden und finde, ihr Buch hochgradig inspirierend. Deshalb möchte ich euch das bei diesem letzten Sonder-Newsletter gerne ans Herz legen. Als Einstieg ins Thema eignet sich diese 53-minütige Folge von den geschätzten Kolleg*innen von Bayern2: https://www.br.de/mediathek/podcast/eltern-ohne-filter/teresa-buecker-warum-wir-mehr-freie-zeit-fuer-alle-brauchen-und-wie-das-familien-entlasten-wuerde/1881708. Ich habe diesen Podcast gleich zweimal angehört, weil ich ihn so gut fand. Passiert nicht oft, deshalb: große Hörempfehlung!

Neben meiner Arbeit für DEINE KORRESPONDENTIN und als Irland-Reporterin für die dpa bin ich nebenbei auch als Autorin oder Workshopleiterin für andere Auftraggeber:innen tätig. Für Theaterfestivals zum Beispiel, manchmal für sozialpädagogische Projekte und Bibliotheken. Ich mache einen Podcast mit einem Bundestagsabgeordneten – und ich kümmere mich um die Pressearbeit für eine große wissenschaftliche Stiftung, die für die Förderung des medizinischen Fortschritts in Deutschland zuständig ist. 

Um diese, meine Anekdote zu verstehen, muss ich ein paar Dinge vorweg sagen: Es ist kein Geheimnis, dass die Wissenschaft und die akademische Welt an sich sehr männerdominiert ist. Und wer mich kennt, weiß auch: Ich verstecke mein naturwissenschaftliches Talent sehr gut (ergo: es gibt keins) – sehr zur Enttäuschung meines sehr netten Chemielehrers, der sich seinerzeit wirklich viel Mühe gegeben hat, mich zu begeistern. Wenn Herr Sombeck wüsste, dass ich nach der Verleihung eines der größten deutschen Wissenschaftspreises mit den wichtigsten Virolog:innen, Immunolog:innen und Mikrobiologie:innen der Welt diniert habe! (Ja, der Welt – denn unter anderem waren die US-Wissenschaftler da, die die Impfung gegen Covid mit möglich gemacht haben, und somit nach WHO-Angaben etwa 20 Millionen Menschen das Leben gerettet haben in der Pandemie.)

Ich sitze nun also da an dem Tisch in einer der edelsten Locations, die Berlin zu bieten hat. Vom Balkon des Raumes ist das Brandenburger Tor nur eine Armlänge entfernt. Das Essen ist fabelhaft, der Service makellos. Links von mir: Der Leiter der biomedizinischen Leitforschungseinrichtung der deutschen Bundesregierung. Rechts von mir: Der zweite Vorsitzende der Stiftung, die zum Essen geladen hat. Ich bin ein wenig aufgeregt – worüber soll ich mit diesen Menschen reden? Verstehe ich doch von ihrem Metier fachlich sehr wenig, muss mir für jede Pressemitteilung, die ich in diesem Bereich schreibe, neues Wissen drauf schaffen, Expertinnen zu Rate ziehen und mich stark reinhängen. Das funktioniert ganz gut – auf dem Papier. Buchstäblich. Leider sitze ich nämlich jetzt ohne Notizen hier.

Was war noch mal Pseudouridin? Warum sind manche Keime gegen Antibiotika resistent? Können wir nicht übers Wetter reden? Der Kellner gießt mir Weißwein ein. Ich trinke einen Schluck, halte das Glas noch in der Hand, als mich mein Sitznachbar zu meiner Linken fragt, warum ich so gern aus Irland berichte. „Ach, Herr Professor, lassen Sie mich ein bisschen ausholen“, sage ich, froh, von meiner Liebe zur Grünen Insel sprechen zu können. Und hole aus. Ich gestikuliere, um zu erklären, wie ich als 17-Jährige mit meiner Mutter die gesamte irische Küste entlang gefahren bin und fahre in der Luft die Form des Landes nach. 

Als ich mit meinem Zeigefinger wieder in dem unsichtbaren Dublin vor mir über dem Tisch schwebend ankomme, haue ich mit der Hand unter das Glas in meiner Rechten. Mit Verve springt der Wein hoch in Luft und regnet auf mein Gesicht, mein Kleid, meinen Teller. Ich möchte gerade im Boden versinken, da lehnt sich die Ehefrau des Leiters der biomedizinischen Leitforschungseinrichtung der deutschen Bundesregierung von gegenüber etwas über den Tisch, ihr Gespräch mit anderen wichtigen Menschen unterbrechend und sagt: „Frau Graepel, GENAU das ist mir letzte Woche auch passiert, als wir Gäste zum Essen hatten – allerdings mit Rotwein, stellen Sie sich das mal vor!“

Innerhalb weniger Sekunden hat sie mich aus der Nervosität geholt und auf Augenhöhe platziert. Dazu braucht es keinen Doktortitel. 

Manchmal ist Menschlichkeit eben die größte Wissenschaft, in der nicht alle einen Abschluss haben. Frau Wieler aber verleihe ich an dieser Stelle die Ehrenwürde in dieser Disziplin: Vielen Dank fürs Empowern in diesem kurzen, für mich so unendlich langen, Moment.

Zum Lesen I:

„Frauen, die die Welt verändern“ (DEINE KORRESPONDENTIN/ CORRECTIV):

Warum alle dieses Buch kaufen müssen? Das erklärt eine Bewertung in einem Online-Shop am besten: „Diese Sammlung der besten Geschichten aus den ersten sieben Jahren des Auslandsberichterstatterinnen-Netzwerks DEINE KORRESPONDENTIN zeigt einen spannenden Querschnitt durch die Arbeit der Journalistinnen - und beweist: Frauen auf der ganzen Welt bewegen und inspirieren. Unbedingt empfehlenswert! Nicht nur für Feminist*innen - für alle!“

(Correctiv-Verlag, 204 Seiten 20,00 Euro)

Zum Lesen II:

„Schlampen mit Moral: Eine praktische Anleitung für Polyamorie, offene Beziehungen und andere Abenteuer“

Das Buch ist nicht ganz neu, aber in Zeiten, in denen wir so viele Sachen, die uns eingeschränkt haben über Jahrhunderte, bewusst verlernen wollen und müssen, können wir – wenn wir möchten – auch verlernen, unter Zwang monogam zu leben. Die Autorinnen von „Schlampen mit Moral“ Dossie Easton und Janet Hardy sagen: „Liebe und Sex machen glücklich – darum sollte jeder so viel wie möglich davon haben. Und zwar nicht nur mit einem Partner.“ Wichtig sei dabei: offene Kommunikation, emotionale Ehrlichkeit und die richtige Verhütung. Es bleibt natürlich allen Menschen freigestellt, ob sie polyamourös leben wollen – aber eine spannende Lektüre ist dieses Buch in jedem Fall. Und ein Plädoyer für die Freiheit und die Liebe, ohne dabei andere Menschen zu verletzen.

(mvg, 352 Seiten, 16,99 Euro)

Zum Gucken:

Dead to Me: Wie gut ist eine Freundschaft, wenn mensch sich bei einer Selbsthilfegruppe für Trauernde kennenlernt und schnell bemerkt, dass die Verbindung zueinander eher mit einem dunklen Geheimnis zusammenhängt? Das verraten wir hier natürlich nicht, aber es gibt Hilfe: Aktuell läuft die bereits dritte Staffel der sehr dunklen und spannenden Serie, in der Christina Applegate (früher als Kelly Bundy in „Eine schrecklich nette Familie“ bekannt, hier aber sehr gewieft und klug) und Linda Cardellini zwei sehr unterschiedliche Frauen spielen, bei Netflix. Sehr cool!

Mareike Graepel, Irland-Korrespondentin und Head of Partnerships bei DEINE KORRESPONDENTIN, hat diesen ganz persönlichen Newsletter für Euch zusammen gestellt.

Diese Post für unsere Unterstützer*innen wird mit einem Steady-Grant gefördert.



0 Kommentare

Möchtest du den ersten Kommentar schreiben?
Werde Mitglied von DEINE KORRESPONDENTIN und starte die Unterhaltung.
Mitglied werden