Das Default Mode Network (DFN) für die Kreativität nutzen
Ich weiß: Meditieren ist nicht jedermanns und jederfraus Sache. Aber es ist nützlich, das wissen wir. Können wir nicht den gleichen Nutzen ohne das nervenzerfezende Herumgesitze bekommen? Ja, zumindest einen Teil können wir sogar durch lässiges Tagträumen erreichen. Dem Default Mode Network sei Dank. Doch Vorsicht ist geboten!
Warum es klug ist, nichts zu denken
Kennst du das? Dir fällt der Name von diesem Schauspieler partout nicht ein - so angestrengt du auch darüber nachdenkst. Dann gibst du schließlich auf, atmest durch und deine Gedanken schweifen ab. ZACK! Ist er da, der Name, nach dem du so lange gesucht hast. Und wieder hat ein Gehirn am besten funktioniert, wenn es aufgehört hat, zielgerichtet zu denken.
Das ist kein Zufall: Viele Menschen berichten davon, ihre besten Ideen zu haben, wenn sie unter der Dusche stehen. Und wieso hatte Isaak Newton den ersten Gedanken für seine „Principia“ gerade als ihm ein Apfel auf dem Kopf fiel? Weil der Physiker unter dem Apfelbaum seinem messerscharfen Verstand eine Pause gegönnt hat. Der Philosoph Diogenes hat das übrigens zum Lebensmotto gemacht und sein Leben in einer altgriechischen Tonne tagträumerisch gestaltet. Dadurch wurde er zum klügsten Kopf in seiner Lebzeit.
Kurz gesagt: Wenn wir uns entspannen, entwickeln wir oft die kreativsten Antworten. Und das ist es auch, was wir durch Tagträumen auch ohne Meditation erreichen können.
Im Tao Te King (Öffnet in neuem Fenster), dem ehrwürdigen Buch der Taoisten, wird das so formuliert:
Er macht das Nichtmachen, so kommt alles in Ordnung.
Default Mode Network: der aktuelle Stand
Aus biologischer Sicht ist dafür das „Default Mode Network“ in unserem Kopf zuständig. Dieses "DMN" wurde erst 2001 von Marcus E. Raichle und Kollegen entdeckt: Es besteht aus einer ganzen Reihe von Arealen im Gehirn, die aktiviert werden, wenn wir nicht (!) denken. Für die Fans von Fremdwörtern gehören dazu der mediale präfrontale Cortex, Praecuneus, Teile des Gyrus cinguli sowieder Lobulus parietalis superior des Scheitellappens und der Hippocampus. Naja, oder so ähnlich.
Ich frage mich aber: Wieso fangen Gehirnregionen gerade dann an zu arbeiten, wenn ich NICHT zielgerichtet denke, sondern meinen Geist schwadronieren lasse, was man "reizunabhängiges Denken" nennt? Die Antwort darauf ist verblüffend: Weil unser Geist fleißig ist und gerne wichtige und kreative Dinge abarbeitet – aber davon abgehalten wird, wenn wir uns auf die Welt um uns konzentrieren. Während wir uns auf unsere Arbeit, unsere Sorgen und den ganzen tagtäglichen Rest konzentrieren, haben unsere neuronalen Verbindungen aka Synapsen alle Hände voll damit zu tun, auf die aktuellen Reize zu reagieren. Wir sehen, hören, ahnen, riechen, spüren und befürchten zigtausend Signale in jeder Stunde, Minute, Sekunde. Massenhafte Eindrücke, die wir bewerten, sortieren und einordnen müssen.
Und das ist, was das Default Mode Network tut: Es sortiert, kodiert, speichert, verbindet und bewertet das Erlebte. Vergleicht es mit älteren ähnlichen Mustern und arbeitet es in unsere „Story“ ein, die für uns die Wahrheit darstellt.
Das tut unser Gehirn übrigens auch während der REM-Phase im Schlaf - also, wenn wir träumen. In unseren Träumen können wir unser Unterbewusstsein also dabei beobachten, wie es dabei vorgeht. Schade nur, dass wir die Ergebnisse nicht in den Wachtag mitnehmen können. Der Output eines Traums ist, nun ja, schwer zu interpretieren - wie du vermutlich weißt.
Also: Während das Gehirn nicht durch die Verarbeitung von Reizen beansprucht wird, legt es sich nicht auf die Couch und schlummert, sondern schnappt sich die wichtigen, kreativen Themen und sortiert diese ein. Und das ist ein Teil dessen, was während einer Meditation passiert oder passieren sollte. (Kleiner Einwurf: Deshalb ist es auch so falsch, wenn Meditierende angewiesen werden, nichts (!) zu denken. Das ist Unsinn. Ein guter Zustand ist in der Meditation dann erreicht, wenn wir den Gedanken den Raum geben, wieder zu verschwinden. Doch das nur am Rande.)
Wer jedenfalls regelmäßig und entspannt meditiert, profitiert von der Arbeit des Default Mode Networks: Die wichtigen Dinge, die wegen der dringenden Reizverarbeitung nicht verrräumt wurden, bekommen nun einen passenden Platz im gedanklichen Hochregal und so wird wieder mehr Energie für den Alltag frei.
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