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#52 Er (he/him) trifft sie (she/her)

Mit der Sprache bauen wir uns unsere Welt. Was wir nicht sagen, sehen wir nicht; es existiert de facto nicht. Solange 99 Sängerinnen und 1 Sänger zusammen 100 Sänger sind, scheint die weibliche Zuschreibung kein Problem zu sein. Das mag bei Sängern (sic!) vielleicht kein Problem kaschieren, nur: Solange wir es nicht benennen, werden wir es nicht einmal wissen. Linda Pulver, Coach aus Hamburg, setzt sich klar für eine gendersensible Sprache ein, gerade um Privilegien erkennen, diskutieren und im Zweifel überwinden zu können.

Wo ist denn dieser Stern auf der Tastatur? Hörst du im Podcast!

Diese Woche in der Zukunft:

Mit unserer Sprache konstruieren wir unsere Welt. Wofür wir keine Begriffe haben, das können wir nicht denken, das existiert de facto nicht. Eine verhältnismäßig schlichte Konsequenz: Verändert sich die Welt, brauchen wir neue Begriffe, sonst hängen wir uns selber ab. Im Grunde ebenso schlicht: Wer die Welt verändern möchte – und das bedeutet immer: Wer unsere Wahrnehmung der Welt verändern möchte – kann Sprache verändern, um andere Bilder der Welt zu erzeugen. Und schon sind wir bei der Frage, ob eine gendersensiblere Sprache auch eine Welt mit mehr Teilhabe, gerechterem Zugang und weniger unreflektierten Privilegien erzeugen kann.

Linda Pulver (Öffnet in neuem Fenster), Coach aus Hamburg, setzt sich ganz bewusst dafür ein, durch einen Wandel der Sprache Aufmerksamkeit für Vielfalt zu erzeugen. Vielfalt, die irgendwie immer schon da war, die wir gesellschaftlich aber oft nicht hinreichend wahrnehmen. Und was wir nicht wahrnehmen … stärker noch: Solange wir die Breite und Unterschiedlichkeit der Menschen in unserer Gesellschaft nicht wahrnehmen, solange wir damit auch blind sind für unterschiedliche Chancen, Beschränkungen und Privilegien, werden wir genau diese Privilegien auch niemals hinterfragen können.

Ist das der Grund für die enorme Aufregung, die ein Stern oder Doppelpunkt verursachen kann? Aktueller Anwendungsfall: Karin Prien, Mitglied im „Zukunftsteam“ von Kanzlerkandidat Laschet und dort für Bildung zuständig, hat direkt nach ihrer Ernennung ein Verbot des Genderns an den Schulen Schleswig-Holsteins erlassen. Zum Erweis ihrer Zukunftsfähigkeit. Das Ganze verkündet in einem Tweet mit Fehlern bei der Kommasetzung und Rechtschreibung. Was ist schlimmer?

Linda Pulver betont für die Macht der vielen. Sie sagt: Wir unterschätzen, was wir erreichen können, wenn alle, denen eine Welt mit weniger Privilegien und mehr Gerechtigkeit wichtig ist, dies auch mit ihrer eigenen Sprache zum Ausdruck bringen. Und anschließend in den Dialog gehen, um Perspektiven auszutauschen und zu lernen.

Der Gast in dieser Woche:

Linda Pulver Linkedin (Öffnet in neuem Fenster) / Instagram (Öffnet in neuem Fenster)

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