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Bath und Bristol: Spaß im Doppelpack

Den mondänen Kurort Bath und die Hipster-Hochburg Bristol trennen gerade einmal zehn Minuten mit dem Zug. Das macht beide Städte zu einem perfekten Duo für ein abwechslungsreiches Wochenende.

 Gegensätze ziehen sich an. Im Fall der beiden englischen Städte Bath und Bristol liegen sie nur zehn Zugminuten auseinander. Auf der einen Seite der Bahnstrecke: Bristol, das Zentrum der britischen Street-Art-Szene. Auf der anderen Seite: Bath, die Unesco-Weltkulturerbestätte mit einer mehr als 2000 Jahre alten Geschichte. Zusammen machen beide Städte in Sachen Kultur, gutes Essen und Geschichte ein Angebot, das sich in vielerlei Hinsicht mit einem Besuch in der britischen Hauptstadt London messen lassen kann.

Die Website www.gobathbristol.com (Öffnet in neuem Fenster) präsentiert die Highlights von Bath und Bristol im Kombi-Pack. Sie ist für Besucher gedacht, die ihre Reise zu beiden Städten ohne großen Aufwand und ohne Zeitverlust planen wollen und die Lust haben, England in zwei oder drei Tagen jenseits der allzu bekannten Attraktionen von London zu erkunden.

Eines der Highlights von Bath ist das alte römische Bad samt dem Heilwasser. „Probieren oder lieber doch nicht?” Ein spanisches Pärchen beäugt die Wasserfontäne noch etwas skeptisch, während sich die ältere Dame neben ihnen schon zum zweiten Mal einen Schluck Wasser holt. „Vielleicht bringt das ja meine müden Beine wieder in Schwung“, sagt sie lachend und prostet ihrem Ehemann mit dem Pappbecher zu.

Bath, rund 180 Kilometer westlich von London, galt schon zur Zeit der alten Kelten als Heilbad. In der 86.000-Einwohner-Stadt sprudeln die einzigen, noch aktiven Thermalquellen der Insel aus dem Boden. Die Römer ließen hier vor mehr als 2000 Jahren eine der ersten Wellness-Anlagen bauen. Der antike Spa „Roman Bath” zieht heute mehr als eine Million Besucher pro Jahr an, auch wenn man in dem altrömischen Pool, so verlockend er auch dampfen mag, aus Hygienegründen nicht mehr baden darf.

Anders sieht es im modernen „Thermae Bath Spa” aus, einem modern Bad, das sein Wasser aus der gleichen Quelle bezieht wie einst die alten Römer. So muss sich Mary Poppins in ihrer Badewanne fühlen: Hoch über den Dächern der Stadt und unter freiem Himmel haben die Bädegäste im Wasserbecken einen Blick auf den Kirchturm von Bath Abbey und die umliegenden Giebel und Erker der Innenstadt. www.thermaebathspa.com (Öffnet in neuem Fenster)

Ohne Zweifel: das lauwarme, etwas salzig schmeckende Quellwasser aus der Tiefe hat Bath einige seiner Hauptattraktionen beschert.

Rund 40 Kilometer weiter westlich sieht die Sache ganz anders aus. In der Innenstadt von Bristol schallt es schon von weitem: „And all the roads that lead you there are winding/And all the lights that light the way are blinding.” Eine Gruppe junger Männer, auf Junggesellenabschied in der Stadt, singt Arm in Arm inbrünstig den Song „Wonderwall“ der britischen Band Oasis.

Hatte sich das Leben in Bath in der historischen Altstadt abgespielt, so geht es in Bristol nun ans Wasser, genauer gesagt zum Fluss Avon. Vor allem im Sommer breiten Bewohner und Touristen am Flussufer die Picknick- und Sitzdecken aus, sobald die ersten Sonnenstrahlen zu sehen sind. Bis in die Nachtstunden wird hier geplaudert, sich zugeprostet und bisweilen auch zu Gitarrenbegleitung gesungen. „I said maybe, you're gonna be the one that saves me/And after all, you're my wonderwall.”

Wer aus London kommt, muss in Bristol erst einmal einen Gang runterschalten. Stress kennt man, so macht es zumindest den Eindruck, hier nur vom Hörensagen. „Ich habe lange in London gelebt, aber die ständige Hektik hat mich genervt“, erzählt ein Architekt, der seine Stadtwohnung gegen ein Hausboot am Avon getauscht hat.

Einer der coolsten Pubs der Stadt, „The Grain Barge“, befindet sich ebenfalls auf einem Boot. Vom Sonnendeck aus sieht man direkt zur „SS Great Britain“, dem im 19. Jahrhundert längsten Passagierschiff der Welt, das heute ein beliebtes Museum ist. Direkt daneben befindet sich das Museum „M Shed“, dessen Dauerausstellung die Geschichte der Stadt anhand persönlicher Erinnerungen und Exponate ihrer Bewohner erzählt. Vom 19. Juli 2019 bis zum 21. Juli 2019 findet am Avon-Ufer außerdem das Bristol Harbour Festival statt, eines der größten Festivals in Großbritannien.

Bekannt ist Bristol nicht zuletzt für seine Street-Art-Szene. Die Zeitung „New York Times” nannte Bristol „ein kulturelles Powerhouse”. Der prominenteste Vertreter der Szene ist der Graffiti-Künstler Banksy. Niemand weiß, wer sich hinter diesem Künstlernamen verbirgt, doch mit medienwirksamen Aktionen macht Banksy immer wieder auf sich aufmerksam. Vor einiger Zeit ließ er sein Bild „Girl With Balloon“ in London medienwirksam für mehr als eine Million Pfund versteigern – und schredderte es anschließend noch im Auktionshaus in hunderte Einzelteile. Auch am Rande der diesjährigen Biennale in Venedig machte er mit Street-Art auf sich aufmerksam.

In Bristol hat Banksy seine Werke in der ganzen Stadt verteilt. „The Mild Mild West“, ein Teddybär, der Polizisten mit einem Molotow-Cocktail bedroht,  (ein Protest des Künstlers gegen die Gentrifizierung des Viertels) befindet sich am Hamilton House in Stokes Croft, der „Well hung lover“ nahe dem Brandon Hill Park. Und „The girl with the pierced eardrum“, eine Parodie auf Johannes Vermeers „Das Mädchen mit dem Perlohrring“, bei der eine Alarmbox den Ohrring ersetzt, befindet sich am Hanover Place im Hafenviertel.

Eine beliebte Möglichkeit, mehr über Banksy und Co. zu erfahren, sind Street-Art-Touren. Es gibt aber auch eigene Stadtpläne und Apps für Graffitti-Fans.

Das beste Viertel für Street-Art ist der Hipster-Bezirk Stokes Croft, wo sich das Knipsen von Instagram-Bildern bestens mit Shopping verbinden lässt: Die Gloucester Road, ein Sammelsurium aus kleinen Galerien, vegetarischen Cafés und Vintage- und Buchgeschäften,  gilt als weltweit längste Straße mit kleinen, unabhängig von großen Kaufhausketten geführten Läden. Dazu ist fast jede Wand besprüht. Das ganze Viertel hat das Flair einer Open Air-Galerie.

Bath hat im Gegenzug kulturell auch einiges zu bieten – auch wenn es weniger um Straßenkunst geht, sondern eher um Literatur. Die liebevoll herausgeputzten georgianischen Häuserfassaden prägen das Stadtbild und inspirierten die Schriftstellerin Jane Austen beim Schreiben ihrer Bestseller-Romanen wie „Stolz und Vorurteil“ oder „Sinn und Sinnlichkeit”. Die Schriftstellerin lebte zwischen 1801 und 1806 in Bath. Ein Museum erinnert an diese Zeit. www.janeausten.co.uk

Vermutlich erkundete Jane Austen die Häuserzeilen, die sich am „Royal Crescent” aus 30 halbkreisförmig angeordneten Fassaden zusammenfügen und auf Postkarten zu sehen sind. Ein Kreis aus Wohnhäusern im georgianischen Stil wird „The Circus” genannt und stammt aus dem 18. Jahrhundert. Der Schriftsteller William Henry Hudson (1841-1922) schrieb über Bath: „Es gibt im ganzen Land nicht mehr als ein halbes Dutzend Städte, wo das Leben etwas anderes wäre als eine Bürde.” Bath sei eine dieser ausgewählten Destinationen.

Schon zu Zeiten von Jane Austen und W.H. Hudson überragte der Kirchturm von Bath Abbey die Stadt. Besonders schön ist der Blick von oben bei Sonnenuntergang. Der Weg hinauf erfordert allerdings ein gewisses Maß an Fitness: Wendeltreppen mit insgesamt 212 Stufen führen nach oben.

„Mein tägliches Sportprogramm, das Geld fürs Fitnessstudio kann ich mir sparen“, scherzt die Studentin, die eine Gruppe Touristen auf den Turm hinauf begleitet. Die Gruppe keucht und schnauft. Eine kurze Pause, um die Glocken aus dem 18. Jahrhundert zu betrachten, wird dankbar angenommen.

Was Bath und Bristol eint, ist der Fluss Avon. Er hat eine Länge von 121 Kilometern und fließt durch beide Städte. In Bath spannt sich die mit kleinen Läden gesäumte Brücke Pulteney Bridge über den Fluss. Der Name der Brücke stammt von William Johnstone Pulteney, „einem der reichsten Männer des British Empire”, wie von seinen Zeitgenossen vielleicht mit etwas Neid behauptet wurde. Die Brücke wurde seit ihrem Bau in den 1770iger Jahren architektonisch verändert, doch der Blick ist noch immer malerisch.

Im Bristol hingegen ist die Clifton Suspension Bridge das wohl meistfotografierte Bauwerk der Stadt. Sie ist 76 Meter hoch und bietet einen Panoramablick über die Stadt. In unmittelbarer Nähe befindet sich, perfekt für den Abend, auch gleich eine der bekanntesten Kneipen von Bristol: das „The Coronation Tap“, das sich auf Cidre spezialisiert hat. Der Apfelwein ist nicht nur in Frankreich beliebt, sondern auch in England. Manchmal reicht ein Schluck lauwarmes Salzwasser eben nicht aus, um Leib und Seele zusammenzuhalten.

Info

Die Stadt Bath ist seit 1987 UNESCO-Weltkulturerbe - und tatsächlich fühlt es sich hier ein bisschen so an, als hätte die Zeit seit dem 18. oder 19. Jahrhundert stillgestanden. Das Zentrum ist klein und kompakt, direkt vom Bahnhof aus lassen sich alle Sehenswürdigkeiten gemütlich zu Fuß erkunden.

In Bristol treffen sich regelmäßig Straßenkünstler zu Europas größtem Sprayer-Festival „Upfest”. Bristol ist als Feinschmecker-Stadt bekannt. Das macht sich in Form von vielen Street Food-Ständen bemerkbar. Der Flughafen liegt rund eine halbe Stunde vom Stadtzentrum entfernt. Infos gibt es bei www.visitbristol.co.uk (Öffnet in neuem Fenster).

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