Zum Hauptinhalt springen

Der Hype um »Toxische Männlichkeit« - Männer und Elternzeit - Newsletter

Du interessierst Dich für Dich selbst und Deine Beziehungen. Deshalb liest Du diesen Artikel bei »Aufklärung tut Not«. Ist »Toxische Männlichkeit« bereits gegeben, wenn sich Männer keine Elternzeit nehmen?

In diesem Artikel (Newsletter) beschäftige ich mich mit dem Phänomen »Toxische Männlichkeit« als Ausdruck einer vollends irreführenden öffentlichen Diskussion zur Männlichkeit.

Ganz ehrlich!

Der Begriff »Toxische Männlichkeit« allein erzeugt mir bereits Unbehagen. Denn ich gehe mit einer Aussage im Artikel bei der »Neuen Zürcher Zeitung« konform.

https://www.nzz.ch/feuilleton/toxische-maennlichkeit-ist-ein-irrefuehrender-begriff-ld.1639843 (Öffnet in neuem Fenster)

Denn es heißt dort:

… Und sie werden es auch nicht lernen, wenn die Gesellschaft Maskulinität überhaupt zum Problem erklärt.

Die Rede ist davon, dass Männer schlechte Männer sind, weil sie sich weigern, gute Männer zu sein. Macht eine Gesellschaft Männlichkeit (Maskulinität) generell zu einem Problem, werden viele Männer keine guten Männer sein.

https://www.fes.de/wissen/gender-glossar/toxische-maskulinitaet (Öffnet in neuem Fenster)

Der kurze Artikel bei der Friedrich-Ebert-Stiftung (Öffnet in neuem Fenster) widerspricht. Beim Begriff »Toxische Männlichkeit« oder auch »Toxische Maskulinität« geht es laut der Stiftung nicht darum, Männlichkeit als solches zu kritisieren.

Was sind gute Männer?

Gleichzeitig wirft der Artikel bei der »Neuen Zürcher Zeitung« eine neue Frage auf. Und das ist wiederum sehr ärgerlich, zeigt allerdings auch das Dilemma rund um den Begriff »Toxische Männlichkeit« auf.

Welche Männer sind denn gute Männer und keine schlechten Männer? Sind Männer schlecht, wenn sie keine Elternzeit nehmen? Sind sie nur »richtige Männer (Öffnet in neuem Fenster)«, wenn sie genau das tun; Elternzeit nehmen?

https://www.ndr.de/kultur/Toxische-Maennlichkeit-Das-ist-Maennern-oft-gar-nicht-bewusst,maennlichkeit106.html (Öffnet in neuem Fenster)

Beim NDR wird diese Frage mit Ja beantwortet:

Toxische Männlichkeit beschreibt aber problematische, sozialisationsbedingte Verhaltensweisen und Einstellungen von Jungen und Männern, mit denen sie vor allem Frauen, aber auch sich selber schaden. Das geht damit los, dass sie keine Elternzeit nehmen, dass sie sich nicht um die Kinder kümmern, dass sie sich zu Hause nicht für den Einkauf, für das Kochen, für die Wäsche, für die Geburtstage, für die Geschenke und all die Dinge, die den ganzen Tag gemacht werden müssen, nicht verantwortlich fühlen. Was im Umkehrschluss heißt, dass die Partnerin das alles übernehmen muss. Da fängt toxische Männlichkeit schon an.

Dieses Zitat stammt aus einem Interview mit einem Autor, der ein Buch zum Thema geschrieben hat.

Demnach beginnt »Toxische Männlichkeit« auch bereits dann, wenn Männer sich nicht für das Kochen oder Wäsche waschen verantwortlich sehen. Und Männer, die keine Elternzeit nehmen, sich nicht für das Kochen und Wäsche waschen verantwortlich sehen, sind schlechte Männer.

Care-Arbeit und Mental Load

Aber ganz ehrlich. Ich würde mich freuen, wenn die Dinge so einfach lägen. Gut, ich bin nun durchaus am Kochen interessiert und übernehme das Kochen auch regelmäßig.

Aber einem Mann, der nicht kocht, mit auf den Weg zu geben, er sei der »Toxischen Männlichkeit« ausgesetzt, ist, gelinde gesagt, hanebüchen und wird Veränderungen, welcher Art auch immer, eher erschweren.

Denn die Folge wäre, dass Männer überhaupt nicht mehr »Nein« sagen dürfen, sondern genauso wie die Frauen funktionieren müssen. Indessen kann natürlich die/der ein oder andere einwerfen:

Ja, aber warum sollen denn nur die Frauen funktionieren?

Selbstverständlich ist das eine berechtigte Frage aller Frauen, die sich mit der Care-Arbeit allein sehen und sich von ihrem Partner mehr Unterstützung wünschen.

Schreibt mit dazu gerne eine Mail und schildert eure aktuelle Situation!

Nicht hilfreiche Pauschalisierung

Schwer wiegt gleichzeitig die in der Behauptung enthaltende Pauschalisierung und Gleichschaltung von Paarbeziehungen. Damit wird vollkommen ausgeblendet, dass jede Paarbeziehung in Partnerschaft und Ehe einzigartig ist; allein durch die Individualität der beiden Personen. Bei der gemeinsamen Alltagsgestaltung und -bewältigung spielen unzählige Faktoren, von außen und innen, eine Rolle.

Ein Vater, der 60 Stunden in der Woche arbeitet und dabei viel unterwegs ist, vielleicht sogar im Ausland, kann sich selbstverständlich weniger um seine Kinder kümmern als ein Vater, der 30 Stunden die Woche arbeitet und das vielleicht von zu Hause aus.

Für eine Frau, die auch arbeiten geht, ist die Bewältigung der Care-Arbeit wesentlich herausfordernder als für eine, die nicht einer Beschäftigung nach geht.

Und bitte: Es handelt sich nur um sehr vereinfachte Beispiele. Das ist mir klar.

Dennoch: Der jeweilige Einzelfall muss nicht nur Berücksichtigung finden, sondern ist auch entscheidend dafür, wie das Verhalten eines Mannes, beispielsweise nicht kochen und nicht Wäsche waschen, einzuordnen ist.

Abstrakter Begriff - Giftig?

Außerdem ist »Männlichkeit« ein abstrakter Begriff und eine abstrakte Sache kann niemals toxisch sein.

Eine Pflanze kann giftig sein.

Bild von Jan Marczuk (Öffnet in neuem Fenster) auf Pixabay

Auch ein Tier kann giftig sein.

Darauf weise ich hin, weil sich »toxisch« mit »giftig« übersetzen lässt bzw. diese Bedeutung laut Duden hat.

Doch nun kommt es. Der Duden hält noch andere Bedeutungen für »toxisch« parat.

https://www.duden.de/rechtschreibung/toxisch (Öffnet in neuem Fenster)

Dort heißt es auch, dass »toxisch« folgendes bedeuten kann:

sehr bösartig, gefährlich, schädlich, zermürbend

Und dann bringt der Duden auch noch zwei Beispiele:

  • toxische Männlichkeit

  • eine toxische Beziehung beenden

Mit einer »Toxischen Männlichkeit« ist also auch folgendes assoziiert:

  • sehr bösartige Männlichkeit

  • gefährliche Männlichkeit

  • schädliche Männlichkeit

  • zermürbende Männlichkeit

Definition von »Männlichkeit«

Ich komme nicht daran vorbei. Ich muss doch einmal einen Blick auf die Definition von Männlichkeit werden.

https://www.duden.de/rechtschreibung/Maennlichkeit (Öffnet in neuem Fenster)

Interessant ist, dass der Begriff Männlichkeit feminin ist: die Männlichkeit.

Aber das nur am Rande.

Laut Duden bedeutet Männlichkeit:

männliches Wesen

Wahnsinn!

Was für ein Kuddelmuddel.

https://www.duden.de/rechtschreibung/maennlich (Öffnet in neuem Fenster)

für den Mann typisch, charakteristisch

Männlichkeit = Männliches Wesen = Für den Mann typisches, charakteristisches Wesen

Demnach ist mit Männlichkeit ein männliches Wesen gemeint, welches sich durch, für einen Mann typische bzw. charakteristische, Eigenschaften auszeichnet.

Kochen, Staubsaugen, Einkaufen, Windeln wechseln, Wäsche waschen, Kinder ins Bett bringen

Laut oben zitiertem Autor ist ein Mann, der nicht kocht oder dafür keine Verantwortung übernimmt, ein schlechter Mann und einer, der das macht, ein guter Mann.

Da stellt sich mir die Frage, wer das denn entscheidet oder festlegt. Also, wer hat die Befugnis, die Behauptung in die Welt zu setzen, dass ein nicht kochender Mann ein schlechter Mann ist?

Nun gibt es ja nicht nur Männer, die nicht kochen oder Staub saugen, sondern auch Frauen. Das heißt ja auch, dass das »Nicht Kochen« oder »Nicht Staubsaugen« nicht zwingend etwas mit »Sehr bösartiger Männlichkeit« zu tun haben muss.

Ist ein Mann, der kocht, aber nicht die Wäsche wäscht, nun ein guter und schlechter Mann, also ein Mann, der so halb gut ist und nur mit »Bösartiger« und nicht »Sehr bösartiger Männlichkeit« belegt ist?

Die Menge der Hausarbeit

Eines ist gewiss. Und das kann ich aus eigener Erfahrung sagen. Die Vielzahl notwendiger Arbeiten im Haushalt muss man erst einmal erkennen.

Ich habe mal die Punkte für den Haushalt aus einem PDF (Öffnet in neuem Fenster)heraus geschrieben. In meiner Auflistung finden sich keine Tätigkeiten, die notwendig sind, wenn Kinder versorgt werden müssen. Dennoch beinhaltet sie über 20 Tätigkeiten, ist aber sicherlich längst nicht komplett.

Mit der verlinkten gesamten Liste kannst du mit deinem Partner einen Test machen, wer was wie übernimmt.

Arbeiten im Haushalt

  • Wäsche waschen+aufhängen

  • Saugen

  • Betten frisch beziehen

  • Fenster putzen

  • Wäsche falten+wegräumen

  • Wischen

  • Putzmittel/Staubsaugerbeutel nachkaufen

  • Küchenschränke abwischen

  • Betten machen

  • Bad putzen

  • Abflüsse reinigen

  • Steuererklärung

  • Kochen

  • Blumen gießen

  • Kleinreparaturen

  • Maschinen entkalken

  • Küche aufräumen/spülen

  • Staub wischen

  • Zahlungen veranlassen für Miete, Strom, etc.

  • Kühlschrank+TK+ Backofen putzen

  • Einkaufsliste pflegen

  • Bügeln

  • Altglas wegbringen

  • Sperrmüll entsorgen

  • Müll rausbringen

  • Wocheneinkauf

  • Deko+Gemütlichkeit zuhause

  • Recherchen für Strom/Internet/Versicher

  • Aufräumen

  • Mahlzeiten planen

  • Garten/Balkon

  • Obst/Gemüse frisch nachkaufen

  • Schrauben+Bohren (Möbel, Regale, Bilder aufhängen …)

Ist ein Mann, der keine der gelisteten Tätigkeiten innerhalb einer Partnerschaft oder Ehe übernimmt, der »Toxischen Männlichkeit« ausgesetzt? Kann man überhaupt davon reden, dass ein an Hausarbeit nicht interessierter Mann irgendetwas ausgesetzt ist oder von etwas betroffen ist?

Für mich klingt das schrecklich passiv und so, als könne er nichts für sein Desinteresse oder sein mangelndes Engagement. Dem ist sicherlich nicht so.

»Toxische Männlichkeit« bedeutet laut Duden auch »Zermürbende Männlichkeit«. Für Frauen, deren Mann sich gar nicht um die Hausarbeit schert, ist das sicherlich zermürbend. Das bedeutet, dass ihr Partner sie mit seinem Verhalten zermürbt.

Ich bin mir sicher, dass dies nicht grundsätzlich mit »Toxischer Männlichkeit« erklärbar ist.

Besonders zermürbend kann das Verhalten eines Mannes, aber auch einer Frau sein, weil Hausarbeit nicht endet; sie taucht immer wieder auf und erfordert immer wieder aufs Neue, dass sich ihr irgendjemand zuwendet.

Mit diesem Newsletter ist das Thema »Toxische Männlichkeit« für mich noch nicht zu Ende besprochen.

Vielen Dank

Ich finde es super, dass du meinen Artikel (Newsletter) bis hierher gelesen hat. Falls Du noch nicht Mitglied bei »Aufklärung tut Not« bist, denke darüber nach! Du kannst mich damit unterstützen, mit dafür sorgen, dass ATN besthen bleibt, und auf die meisten Artikel (abhängig vom Paket) voll und ganz zugreifen.

Selbstverständlich interessiert mich, wie es bei dir ist; als Frau und auch als Mann. Denke daran, dass du in deinem Mail-Programm einfach auf »antworten« klicken kannst, um mir per Mail von dir zu erzählen!

Als Aufklärung-tut-Not-Mitglied kannst du auch die Kommentare nutzen, denn dieser Newsletter wird auch auf meiner Steady-Seite gelistet. Oder du schreibt mir einfach eine Direktnachricht.

Bis zum nächsten Mal

Michael

Kategorie Beziehung

0 Kommentare

Möchtest du den ersten Kommentar schreiben?
Werde Mitglied von Aufklärung tut Not (ATN) und starte die Unterhaltung.
Mitglied werden