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Weniger Instagram-Reichweite mit politischen Inhalten?

Schön, dass du bei dieser Ausgabe des Social Media Best-Practice Newsletters dabei bist. Instagram hat im Februar angekündigt, dass Nutzer standardmäßig keine politischen Inhalte mehr in ihren Empfehlungen von Konten sehen, denen sie nicht folgen.

Nach wie vor stellen sich viele politische und gesellschaftliche Akteure die Frage: Was heißt das für mich?

In diesem Newsletter erfährst du zu:

  • Was diese Ankündigung konkret bedeutet

  • Was man seitdem bei Politik-Accounts sieht

  • Welche Politik-Posts zuletzt hohe Reichweiten erzielt haben

  • Was Parteien und Ministerien auf Nachfrage sagen

Instagram-Update: Was bedeutet diese Ankündigung?

Instagram hat im Februar 2024 angekündigt (Öffnet in neuem Fenster), dass Nutzern politische Inhalte von Konten, denen sie nicht folgen, nicht mehr empfohlen werden (doppelte Verneinung 🤯). Als Beispiele für politische Inhalte werden Beiträge zu „Gesetzen, Wahlen oder gesellschaftlich relevanten Themen” genannt.

Die Ankündigung von Instagram verbannt politische Inhalte nicht gänzlich von der Plattform, schränkt sie aber im mittlerweile wichtigsten Reichweiten-Hebel ein.

Wer nicht mehr in den Empfehlungen landet, hat es schwer, eine relevante Sichtbarkeit zu bekommen. Die Inhalte werden eigenen Followern zwar weiterhin ausgespielt. Der Anteil der Follower, der Inhalte sieht, ist durch die inhaltsbasierte Ausspielung auf Instagram aber zuletzt zurückgegangen (Insights → Reichweite → erreichte Konten → Follower).

Die Definition von politischen Inhalten („Gesetzen, Wahlen oder gesellschaftlich relevanten Themen”) ist zudem schwammig gehalten. Entsprechend groß ist die Unsicherheit bei vielen Betreibern von politischen Accounts.

Was man sicher sehen kann: Ob der Account für Empfehlungen geeignet ist (Einstellungen und Privatsphäre → Weitere Informationen und Support-Möglichkeiten → Kontostatus → Dinge, die nicht empfohlen werden können)

Tipp: Wenn du diesen Newsletter noch nicht abonniert hast, kannst du dich hier kostenlos eintragen:

Was man seitdem bei Politik-Accounts sieht: Vier Beispiele

Ich habe mit folgenden Schritten versucht, mich einer Einschätzung zu Politik-Accounts zu nähern:

Schritt 1: Ich habe mir die Reels der jeweiligen Accounts angeschaut, da Reels generell die Formate mit der potenziell höchsten Reichweite sind (Ausnahmen bestätigen die Regel). Für die Reichweite von Reels spielen Empfehlungen außerdem eine große Rolle.

Schritt 2: Ich habe mir die View-Zahlen der Reels angeschaut. In der Regel liegt die tatsächliche Reichweite für Inhalte bei 50-75% Prozent der öffentlich sichtbaren View-Zahlen (mit Ausreißern nach oben und unten).

Schritt 3: In dieser Folge (Öffnet in neuem Fenster) des „Baby Got Business”-Podcasts hat die geschätzte Kollegin Carsta Maria Müller, ehemals bei Meta, eine Orientierung für Reels-Reichweiten gegeben. Ein Reel mit einer guten Performance hat ihrer Definition nach eine Reichweite, die so groß ist, wie die Anzahl der Follower des Accounts.

CDU

Die Reels auf dem Instagram-Account der CDU (Öffnet in neuem Fenster) (138.000 Follower) erreichen standardmäßig deutlich weniger Konten, als der Account-Follower hat. Die Mehrzahl der Videos hat Aufrufe im fünfstelligen Bereich.

Man muss beim CDU-Account zwei Sondereffekte beachten: Viele Reels sind als Collab-Posts gepostet, etwa mit dem Account von Friedrich Merz (122.000 Follower). Dadurch werden sie auf beiden Seiten ausgespielt und habe eine potenziell höhere Reichweite.

Vor der Europa-Wahl hatte die Partei außerdem ein hohes Anzeigenbudget auf den Meta-Plattformen. Laut Facebook-Werbebibliothek hat der CDU-Account in der Woche 23.-29. Mai - im Europawahlkampf - auf Instagram und Facebook 67.068 Euro für Anzeigen ausgegeben - also knapp 10.000 Euro pro Tag.

Trotz hohem Werbebudget und Collab-Posts hat es kein Reel in den vergangenen Wochen geschafft, ein vielfaches der Reichweite im Vergleich zu den Followern zu erzielen.

Grüne

Ähnlich sieht es auf dem Instagram-Account der Grünen (241.000 Follower) aus: Alle Reels seit der Europawahl haben weniger Views, als der Account Follower hat. Entsprechend geringer ist noch einmal die Reichweite.

Auch die Grünen arbeiten zum Teil mit Collab-Posts. Das Ad-Budget für den Facebook- und Instagram-Account der Grünen betrug laut Werbebibliothek zwischen dem 23. und 29. Mai 45.370 Euro.

Von 89 Reels im Jahr 2024 (Januar - Juni) auf dem Account der Grünen haben 55 Reels weniger als 100.000 Aufrufe erhalten. Es gibt ein Reel mit einer Million Aufrufe (Öffnet in neuem Fenster) (auf diesem Video lag laut Facebook-Werbebibliothek ein AdBudget von rund 3000 Euro).

Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK)

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (rund 50.000 Instagram-Follower) hat auf seinen Reels View-Zahlen zwischen 2000 und 5000. Das Format mit der potenziell stärksten Reichweite erreicht also häufig weniger als 10 Prozent der Reichweite im Vergleich zu den Followern

Die Ausnahme bilden Reels, die Collab-Posts mit dem Account von Robert Habeck sind. Hier liegen die Zahlen meist bei über 100.000 Views.

Zwischen dem 22. und 28. Juni 2024 lagen die Werbeausgaben für den Account bei 28.636 Euro. Gemessen an den öffentlich einsehbaren Zahlen schafft es der Account auch trotz eines hohen Werbebudgets nicht, nennenswert in Empfehlungen bei Instagram zu kommen bzw. Reichweite zu erzielen.

AFD

Der Account „AfD Bund” (241.000 Follower) hat auf nahezu alle Reels im Juni eine fünfstellige Zahl an Views. Das Reel mit dem meisten Views war ein Video am Abend der Europawahl (Öffnet in neuem Fenster)mit rund 750.000 Views.

Laut Werbebibliothek wurde es nicht mit einem Ad-Budget unterstützt. Es hat mutmaßlich also organisch deutlich mehr Menschen erreicht, als der Account Follower hat.

Die AfD hat im Vergleich zu den anderen Parteien auf Instagram im Juni 2024 die höchste Interaktionsrate und den höchsten prozentualen und absoluten Followerzuwachs, wie diese Grafik von Crowdtangle zeigt:

4 Beispiele für Inhalte von politischen Accounts mit vielen Views

Neben den Beispielen gab es zuletzt mehrere Posts von politischen Accounts, die im Juni organisch deutlich mehr Menschen erreicht haben, als der Absender-Account Follower hat. Hier sind vier Beispiele:

Die Linke

Dieses Video der Linken hat knapp 1 Mio. Views gemacht und dürfte ein vielfaches der Menschen im Vergleich zur Follower-Zahl des Accounts der Linken erreicht haben. Ein Großteil des Followerwachstums der Linken (siehe Tabelle oben) im Juni ist durch dieses Reel entstanden.

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Robert Habeck

Robert Habeck hat mit Deutschland-Trikot und Bierflaschen zum EM-Start mit diesem Reel rund 1,5 Mio. Views erzielt und damit organisch ebenfalls deutlich mehr Menschen erreicht, als sein Account Follower hat (rund 500.000).

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Markus Söder

Markus Söder hat mit seiner Gesangseinlage bei Inas Nacht nach drei Tagen auf seinem Instagram-Account bereits 2,4 Mio. Views erzielt. Sein Reel zum EM-Start mit Deutschland-Blumenkette (Öffnet in neuem Fenster) hat 3,5 Mio. Menschen erreicht. Desweiteren gibt es auf seinem Instagram-Account noch mehrere Videos im Juni mit mehr als 1 Mio. Views.

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Friedrich Merz

Der tanzende Friedrich Merz auf dem CDU Parteitag hat im Mai 2024 als Collab-Post mit der CDU rund 750.000 Aufrufe erzielt und damit mehr Menschen erreicht, als beide Accounts Follower haben.

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Sind Inhalte von politischen Accounts nun weniger sichtbar?

Die Beispiele zeigen, dass Inhalte von politischen Accounts in mehreren Fällen auch in den vergangenen Wochen Reichweiten erzielen konnte. Gleichwohl gab es zuletzt mehrere politische Accounts, die von Einbrüchen bei den Reichweiten berichtet haben. Eine eindeutige Systematik lässt sich aktuell nicht ablesen.

In diesem Kontext wichtig:

Besonders in der Politik ist es in den vergangenen Jahren Parteien und Ministerien häufig nicht gut gelungen, Inhalte und Botschaften plattformgerecht zu vermitteln.

Die Folge: Die Reichweiten für Formate waren trotz zum Teil hoher Ad Budgets bereits in der Vergangenheit schwach – und sind es nun auch.

Ob aktuell geringe Reichweiten auch etwas mit der Aufbereitung der Inhalte zu tun haben, sollte aus meiner Sicht intern mindestens ebenfalls hinterfragt werden.

Was sagen Parteien und politische Akteure?

Ich habe mehrere Ministerien und Parteien angefragt, ob ihre Reichweite zuletzt gesunken ist und ob ihre Accounts weiterhin für Empfehlungen geeignet sind. Hier sind die Antworten.

  • Das Bundesinnenministerium erklärt, dass die Reichweite auf dem Account nicht gesunken sei und der Instagram-Account weiterhin für Empfehlungen geeignet sei. Man plane nicht, seine Content-Strategie anzupassen.

  • Die Bundeszentrale für politische Bildung erklärt auf Anfrage: „Im Durchschnitt können wir in letzter Zeit eine sinkende Tendenz bei Instagram sehen. Allerdings erscheint es uns noch zu früh für eine eindeutige Diagnose. Generell ist es unserer Auffassung nach kritisch zu betrachten, wenn nicht-gemeinwohl-orientierte Unternehmen auf intransparente Weise darüber entscheiden, wie wir öffentliche Diskurse gestalten.”

  • Ein Sprecher der Linken erklärt: „Wir haben bereits festgestellt dass sowohl die Reichweite als auch die Interaktions-Rate unserer Beiträge im Zuge der Änderungen bei Instagram eingebrochen ist.” (Hinweis: Die Antwort auf meine Anfrage erfolgte vor dem oben vorgestellten Video der Linken mit hoher Reichweite)

  • Der FDP erklärt, man habe „keine großen Veränderungen bzgl. Reichweiten, Interaktionen, etc. festgestellt”.

  • Die CDU erklärte auf Nachfrage, dass man „Trends und Entwicklungen” im Social Media-Bereich „intensiv” beobachte. Zu veränderten Reichweiten teilte eine Sprecherin mit: „Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir Details zu unsere Kanalstrategie nicht offenlegen”.

  • Das Auswärtige Amt erklärte, dass sich „je nach Thema” auch „die Insights der jeweiligen Posts” unterscheiden würden und ließ die Frage zu zuletzt veränderten Reichweiten unbeantwortet.

  • Das Bundesfinanzministerium erklärte: „Nein, es ist kein grundsätzlicher Rückgang von Reichweite, Interaktion und Follower-Wachstum feststellbar.” Eine Umstellung der Content-Strategie sei nicht geplant.

Welche Erfahrungen habt ihr gemacht? Oder habt ihr weitere Fragen dazu? Schreibt mir gerne.

Bis bald
Andreas 👋🏻

Über mich: Ich bin gelernter Journalist und berate Unternehmen und Medienhäuser bei Social Media und digitaler Kommunikation. Zuvor war ich unter anderem Direktor für Digitales Wachstum / Social Media bei BILD.

Anfragen für Workshops & Seminare: post@andreasrickmann.de (Öffnet in neuem Fenster)

Einladung: Folge mir auf meinem Instagram-Kanal (Öffnet in neuem Fenster) (@anrickman) oder bei Linkedin (Öffnet in neuem Fenster). Dort teile ich regelmäßig Meinungen, Gedanken und Entdeckungen aus dem Social Media-Kontext.

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