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Ein Rock für Deinen Sohn?

Soll ich für meinen Sohn Kleider und Röcke kaufen?

Antwort in kurz
Aber ja! Woher sonst soll er erfahren, dass ein Rock ein Kleidungsstück ist, das für ihn in Frage kommt? Würdest Du Deiner Tochter mit zwei Jahren eine Puppe schenken? Oder wartest Du erst darauf, dass sie sich eine wünscht? Wahlfreiheit ermöglichen bedeutet, dass Eltern nicht vorsortieren, sondern vielfältige, klischeefreie Angebote machen. 

Rock, Puppe, Eisenbahn, Spielküche … 

Welche Dinge schenkst du Deinem Kind ungefragt?

Und welche muss es sich erst ein paar Mal wünschen? Hat das nur mit Geld zu tun oder auch mit Deinen inneren Regeln, was sich "gehört" für Mädchen/Jungs? Was "passt" zum einen oder anderen? Sind es bloße Vermutungen "Das wird ihm*ihr sicher gefallen!" ? Aber ist denn das Interesse mit 2, 5, 10 Jahren schon festgelegt oder könnte sein, dass Du etwas vermutest, was Dein Kind selbst noch gar nicht austesten konnte? 

Was gehört in einen Kinder-Kleiderschrank

Ja, kaufe das eine oder andere pinke Kleidungsstück und einen Rock (und sei's gebraucht) und lege ihn unkommentiert mit zu seinen Kleidern dazu. (Das gilt übrigens auch für Töchter, deren Eltern kein Pink mögen!) Mach kein Thema draus, denn das machst Du beim Shirt mit dem Bagger drauf ja auch nicht. (So wenig wie beim Trägerkleid für Deine Tochter.) Vielleicht interessiert er sich gar nicht für Bagger? Oder mag gar kein blau? 😳 Gib ihm die Chance, sich für den Rock oder das rosa Shirt zu entscheiden. Oder auch dagegen. Wenn das Angebot nicht bunt und vielfältig ist, besteht keine Wahlfreiheit. - Hat das mit Geld zu tun? Oh Ja, das wird hier sehr deutlich: ohne #RosaHellblauFalle einkaufen zu können, ist ein Privileg. Denn bunte, gar genderneutrale Kleidung ist nicht nur aufwändiger zu finden, sondern oft auch teurer als rosa-blau Sortiertes. Und eine Auswahl anbieten zu können, das gilt natürlich für jedes Thema, das muss sich eins erstmal leisten können. Wenn die Kinder die Second Hand-Kinderkleidung aus der Familie auftragen müssen, dann wird es schwieriger, ein vielfältiges Angebot zu machen. Aber vielleicht ist mit Einzelteilen vom Flohmarkt ein Kompromiss möglich. 

Zugegeben:

Das sagen wir heute so einfach, hatten aber, als unser Sohn zwei Jahre alt war, selbst noch gar keine Meinung dazu. Die hat sich erst entwickelt, seit wir uns ausführlich mit Normen und gesellschaftlichen Regeln, mit Ausgrenzung und Geschlechterrollen befassen. Wir hatten es obendrein leicht, denn unser Sohn hatte die Kleider seiner älteren Schwester zur Verfügung. Wir mussten uns also nur Gedanken machen, ob er sie anziehen darf und wenn ja, ob das auch für draußen und die Kita gilt . (Wie das lief, damit fängt eins der ersten Kapitel vom Buch 'Die Rosa-Hellblau-Falle (Öffnet in neuem Fenster)' an). Aber die Kleider und Röcke waren schon da, und damit war natürlich die Hürde viel niedriger und wir könnten heute leicht behaupten, damals wunderbar offen und tolerant gewesen zu sein. Waren wir das? Ob wir wohl einen Rock gekauft hätten, wenn wir keine im Haus gehabt hätten? Hätten wir uns die Gedanken gemacht, wenn wir nur Söhne, keine Töchter hätten? Denn wodurch sollten Eltern auf das Thema stoßen, wenn das eigene Kind gar kein Kleid einfordert? Wenn sie nicht gedanklich sowieso schon im Thema Rollenbilder drin sind? Woher soll da ein Kleid auf die Einkaufsliste rücken? 

Wir waren vor 15 Jahren weit entfernt von der Überzeugung, dass Kleidung sich nach Körpergröße, Körperformen und Geschmack richten sollte und nicht nach Geschlecht. Wir beide fanden Röcke für Männer "unnormal" und waren in der privilegierten Situation, nicht weiter drüber nachzudenken zu müssen, wie eng unser Schubladendenken, unsere Weltsicht damit war. 

Heute fragen wir:

Warum an binären Regeln festhalten, wenn es um Stoff geht? Weite Röcke und Kleider schwingen schön, sind luftig und können obendrein sehr festlich sein. Warum dann Jungen diese Möglichkeit, sich zu schmücken und sich besonders zu kleiden, verbieten? Vor welchem Hintergrund? Seid ehrlich zu Euch selbst (Väter, - ja, es sind laut Studien erstmal die Väter, die weiblich konnotierte Kleidung verbieten): dahinter steckt die verständliche Sorge: "Er könnte gemobbt werden" aber auch ein Stück Frauenverachtung: "Mein Sohn wird schwul / wird kein richtiger Mann, wenn er etwas trägt, das ihn weiblich wirken lässt". 

https://twitter.com/skadi2102/status/1633149024155860997?s=61&t=Y7rjSRW8w86TbRDRFblrNQ (Öffnet in neuem Fenster)

Zur Sorge vor Mobbing:

"Mobbing" wegen eines Rocks ist ein starkes Wort. Zu groß als erste Reaktion. Bleiben wir doch erstmal beim Ärgern. Denn ja, das könnte passieren. Aber wie gehen Eltern damit in anderen Situationen um? Was raten sie ihrem Kind, wenn es geärgert wurde? 

"Pass dich an! Mach nichts, was andere dazu bringt, ihre Aufmerksamkeit auf dich zu richten! Füg dich ein und vermeide etwas zu tun, das andere provozieren könnte!" 

Ist das die Botschaft, die Eltern ihren Kindern gerne mit auf den Weg geben? Die Jungs im Rock verinnerlichen sollten? Oder :

"Lass dich nicht ärgern! Du hast nichts falsch gemacht! Du bist richtig, wie Du bist, ich stehe hinter Dir. Und jetzt überlegen wir, was Du morgen antworten könntest."

Ist es nicht eher Aufgabe der Eltern, ihr Kind zu bestärken, wenn es Gegenwind bekommt in einer Sache, mit der es niemandem schadet? 

Ausführlicheres dazu in einem Artikel auf dem rosa-hellblau-falle.de-Blog (Öffnet in neuem Fenster) . Hier die abschließende Frage:

Was schadet langfristig mehr? 

a) Dein Verbot und damit Deine Ablehnung von Weiblichkeit in der Nähe Deines Kindes? Oder 

b) der Rock

?

Alles Gute,

mit Grüßen aus der Rosa-Hellblau-Falle

Kategorie Rosa-Hellblau-Falle

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