Was waren bei deinem Kind die ersten Hinweisen auf ADHS?
Warnzeichen für eine mögliche ADHS bei Kindern: Elternberichte, die über das Offensichtliche hinausgehen
ADHS bei Kindern ist oft ein komplexes Puzzle, das weit über die klassischen Symptome von Hyperaktivität, Impulsivität und Unaufmerksamkeit hinausgeht. Und nach meiner Erfahrung spüren bzw. „wissen“ häufig gerade die Mütter, dass die Entwicklung ihres neurodivergenten Kindes eben „anders“ verläuft als bei Geschwistern oder Kindern im Freundes- und Kindergartenkreis.
Eltern bemerken oft subtile Verhaltensweisen und Situationen, die nicht sofort den Kriterien der ICD-10 oder ICD-11 entsprechen, aber dennoch auf eine neurodivergente Konstitution hinweisen können. Hier eine Sammlung von Beobachtungen aus meiner ADHSSpektrumCommunity – möglicherweise erkennst du dich oder dein Kind in diesen Beschreibungen wieder oder kannst mir noch weitere eigene Beobachtungen liefern. Gerade frühe Entwicklungsbesonderheiten sind ja relativ schwer „dingfest“ zu machen, aber eben doch charakteristisch.
1. Intensive emotionale Ausbrüche
Viele Eltern berichten von überwältigenden Gefühlsausbrüchen, die scheinbar aus dem Nichts kommen. Ob es Wut, Trauer oder Freude ist, die Intensität und die plötzlichen Stimmungswechsel stellen oft eine enorme Herausforderung dar.
💬 „Unser hauptsächliches und immer wiederkehrendes Leitsymptom waren sehr starke emotionale Ereignisse in allen Qualitäten (hauptsächlich Wut und Trauer), die uns regelmäßig ratlos gemacht haben.“ – S.P.
2. Verträumtheit und Abwesenheit
Ein weiteres Warnzeichen ist die oft übersehene Verträumtheit. Kinder scheinen sich in ihrer eigenen Welt zu verlieren und nehmen ihre Umgebung nur eingeschränkt wahr.
💬 „Verträumtheit, Unruhe und nicht wahrnehmen der Umgebung oder von Gefahren waren bei uns die Hauptsymptome.“ – I.S.
3. Herausforderungen bei Routine und Struktur
Viele Eltern schildern Schwierigkeiten, ihre Kinder in routinierte Abläufe einzubinden. Auch abgesprochene Pläne werden vergessen oder erscheinen ihnen am Tag des Ereignisses völlig neu.
💬 „Wir hatten die Hochzeit meines Bruders vorbereitet, sogar das Kleid ausgesucht. Am Tag der Hochzeit fragte mein Kind, wohin wir gehen würden, und meinte, es wisse nichts davon.“ – M.U..
4. Überforderung bei sozialen Interaktionen
Kinder mit ADHS können sowohl sozial reif als auch zurückgezogen wirken. Die Diskrepanz zwischen einer zu reifen Denkweise und der Unfähigkeit, dies sozial umzusetzen, fällt oft schon früh auf.
💬 „Unser Kind hatte in Gruppen oft Angst, ließ nur gewohnte Abläufe zu und zog sich stark zurück, wenn es zu Konflikten kam.“ – W.L.
5. Motorische Unruhe und Koordinationsprobleme
Ständiges Wippen, Zappeln oder über die eigenen Füße stolpern – diese oft unterschätzten Merkmale können ebenfalls auf ADHS hinweisen.
💬 „Die Schwerkraft und unser Kind sind die besten Freunde. Alles, was nicht festgetackert ist, landet auf dem Boden.“ – H.W.
6. Auffällige Diskrepanzen in der Schulleistung
Einige Kinder zeigen eine enorme Intelligenz und Wissbegierde, haben aber gleichzeitig Schwächen in Bereichen wie Rechtschreibung oder Gedächtnis.
💬 „Alle Noten waren Einsen, nur in Rechtschreibung eine Fünf – ohne dass eine Schwäche diagnostiziert wurde.“ – H.W.
Was tun, wenn der Verdacht auf ADHS besteht?
Wenn dir diese Beschreibungen bekannt vorkommen, könnte es hilfreich sein, das Verhalten deines Kindes über einen längeren Zeitraum zu beobachten und schriftlich festzuhalten. Sprich mit Fachpersonen wie Kinderärzten, Psychologen oder Ergotherapeuten, die auf Neurodivergenz spezialisiert sind. Eine frühe Einschätzung kann nicht nur diagnostische Klarheit bringen, sondern auch den Weg zu individueller Unterstützung ebnen.
Nächster Schritt: Deine Erfahrungen gefragt!
Ich plane ein neues Projekt mit dem Titel „33 Fragen zur ADHS-Verdachtsdiagnose“. Die erste Frage lautet:
„Wie oder woran entstand bei euch der Verdacht, dass euer Kind ADHS haben könnte?“
Teile deine Erfahrungen in den Kommentaren (oder auch gerne per mail unter webpsychiater@gmail.com (Öffnet in neuem Fenster)) oder melde dich in der ADHS-Spektrum-Community (Öffnet in neuem Fenster) an, um dich mit mir und anderen Eltern auszutauschen.
Gemeinsam können wir das Verständnis für Neurodivergenz bei Kindern stärken und betroffenen Familien Mut machen.
Ich freue mich auf deine Rückmeldung!
Liebe Grüße aus dem Urlaub
Martin