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ADHS und Suizid : Die Verbindung zwischen ADHS und Suizidgefahr im Erwachsenenalter

Aufmerksamkeit und Sensibilität für Selbstmordgefährdung bei ADHS sind gefragt



Liebe Leserinnen und Leser von ADHSSpektrum,

In diesem Artikel möchten wir die Aufmerksamkeit auf die Verbindung zwischen ADHS und Suizidgefahr im Erwachsenenalter lenken und die Notwendigkeit betonen, dieses Thema ernst zu nehmen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Sowohl für uns Fachleute im ärztlichen und psychotherapeutischen Bereich, aber auch für Angehörige oder Freunde.

Hintergrund ist ein aktueller Fachartikel (Öffnet in neuem Fenster), der eindrucksvoll nochmal zeigt, dass ADHS in der Kindheit, Adoleszenz und Erwachsenenalter ein eigenständiger Risikofaktor für Suizidversuche und leider eben auch Suizide ist. Und eben mit anderen Faktoren wie Depressionen, Angst, Sucht etc in Wechselwirkung steht, sich also noch verstärkt

Eine bedeutsame Verbindung

Studien haben eine deutliche Verbindung zwischen ADHS und selbstverletzendem Verhalten (SVV) bei Jugendlichen und Erwachsenen aufgezeigt. Dies ist ein wichtiger Aspekt, den Gesundheitsfachkräfte, die im Bereich ADHS tätig sind, im Blick behalten sollten. Die Verbindung zwischen ADHS und SVV bedeutet, dass Menschen mit ADHS ein erhöhtes Risiko für selbstschädigendes Verhalten aufweisen. Gesundheitsfachkräfte sollten dies im Hinterkopf behalten und in Erwägung ziehen, auf SVV bei Personen mit ADHS zu screenen. Übrigens : Die Diagnose und Behandlung mit Psychostimulanzien von SVV bei Borderline-Patientinnen verringert signifikant das SVV, verringert stationäre Krankenhauseinweisungen und Suizide).

ADHS als Risikofaktor für suizidales Verhalten

Neben SVV ist ADHS auch ein Risikofaktor für suizidales Verhalten, einschließlich Suizidversuchen. Es ist daher von großer Bedeutung, dass Gesundheitsfachkräfte sorgfältig suizidale Gedanken und Verhaltensweisen bei Menschen mit ADHS beurteilen und überwachen. Die Erkennung und Behandlung von suizidalem Verhalten sollte in der Betreuung von Menschen mit ADHS eine hohe Priorität haben. Und umgekehrt : Bei Suizidversuchen sollte man auch an ADHS denken und gezielt danach fragen!

Komorbide psychische Störungen und ihr Einfluss

Häufig treten komorbide psychiatrische Störungen wie Depressionen und Angstzustände bei Menschen mit ADHS auf. Diese Störungen können das Risiko für selbstverletzendes Verhalten und suizidales Verhalten weiter erhöhen. Daher ist es essenziell, dass Gesundheitsfachkräfte diese Begleiterkrankungen bei ihrer Behandlungsstrategie berücksichtigen und adäquat angehen.

Impulsivität und Emotionsregulationsprobleme im Fokus

Ein weiterer wichtiger Aspekt, der bei der Beurteilung und Behandlung von Menschen mit ADHS berücksichtigt werden muss, ist die Impulsivität und die Schwierigkeiten in der Emotionsregulation. Diese Faktoren können zu selbstschädigendem Verhalten beitragen und sollten gezielt in den Interventionen angegangen werden. Menschen mit ADHS benötigen spezifische Ansätze, um diese Faktoren zu bewältigen und ihre psychische Gesundheit zu fördern.

Fazit: Die Wichtigkeit der Sensibilisierung und Prävention

Die Forschung verdeutlicht, dass ADHS ein unabhängiger Risikofaktor für suizidales Verhalten bei Jugendlichen und Erwachsenen ist. Zahlreiche Faktoren wie die Schwere und Persistenz der ADHS-Symptome, das Geschlecht, familiäre Vorbelastungen, Einflüsse aus der Kindheit sowie die soziale Funktionsfähigkeit tragen zu diesem erhöhten Risiko bei. Daher ist es von höchster Bedeutung, aufmerksam zu sein, zu screenen und Präventionsstrategien zu entwickeln, um das suizidale Risiko bei Menschen mit ADHS zu reduzieren.

Insgesamt ist es unerlässlich, dass sowohl Gesundheitsfachkräfte als auch die breite Öffentlichkeit für das Thema Suizidgefahr bei ADHS im Erwachsenenalter sensibilisiert werden. Indem wir diese Verbindung verstehen und entsprechend handeln, können wir Leben retten und Menschen mit ADHS dabei unterstützen, eine bessere psychische Gesundheit und Lebensqualität zu erreichen.

Wenn Sie oder jemand, den Sie kennen, Hilfe oder Unterstützung benötigt, zögern Sie bitte nicht, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Es gibt Menschen und Organisationen, die für Sie da sind. Hier sind aber schon einige Ratschläge, die man natürlich auf den individuellen Einzelfall anpassen muss:

Umgang mit suizidalen Äußerungen bei ADHS-Klienten: Tipps für Eltern und Angehörige

Wenn ein geliebter Mensch, insbesondere jemand mit ADHS, suizidale Äußerungen macht, kann das äußerst beängstigend und belastend sein. Hier sind einige Schritte und Tipps, wie Eltern oder Angehörige in dieser schwierigen Situation reagieren können:

1. Ernst nehmen und zuhören: Suizidale Äußerungen sollten niemals bagatellisiert werden. Nehmen Sie die Äußerungen ernst und hören Sie aufmerksam zu, was der Betroffene zu sagen hat. Wichtig ist aber sich auch klarzumachen, dass man zwischen chronischen Suizidäußerungen und akuten Suizidgedanken, Absichten oder gar Plänen und Vorbereitungen unterscheiden muss.

2. Ruhe bewahren: Auch wenn es schwerfällt, bewahren Sie Ruhe. Eine ruhige und besonnene Reaktion kann helfen, die Situation zu entschärfen.

3. Offene Kommunikation: Zeigen Sie Verständnis und Offenheit. Ermutigen Sie den Betroffenen dazu, über seine Gefühle zu sprechen, ohne zu urteilen oder zu kritisieren.

4. Sicherheit gewährleisten: Stellen Sie sicher, dass der Betroffene sich in einem sicheren Umfeld befindet. Entfernen Sie mögliche Gefahrenquellen, wie zum Beispiel Medikamente oder scharfe Gegenstände.

5. Nicht alleine lassen: Lassen Sie den Betroffenen nicht alleine. Ihre Anwesenheit kann tröstlich sein und vermitteln, dass Sie sich um ihn kümmern. Andererseits : Sie sind nicht für das Verhalten der Person in einer Krise verantwortlich. Hier ist eine Abgrenzung auch sinnvoll, d.h. man sollte sich professionelle Hilfe suchen. Also Punkt 6.

6. Professionelle Hilfe suchen: Suizidale Äußerungen erfordern immer professionelle Unterstützung. Ermutigen Sie den Betroffenen dazu, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Sie können gemeinsam einen Termin bei einem Therapeuten, Psychiater oder einer Krisenhotline vereinbaren.

7. Unterstützung anbieten: Bieten Sie Ihre Unterstützung an, sei es bei der Terminvereinbarung, Begleitung zu Therapiesitzungen oder anderen notwendigen Schritten.

8. Kontaktpersonen benennen: Notieren Sie die Kontaktdaten von professionellen Helfern, Notfallhotlines oder Krisendiensten. Diese können im Ernstfall nützlich sein.

9. Kein Versprechen auf Geheimhaltung: Versprechen Sie nicht, Stillschweigen zu bewahren. Sprechen Sie mit anderen vertrauenswürdigen Personen, die dem Betroffenen helfen können.

10. Selbstsorge nicht vergessen: Unterstützung anzubieten ist wichtig, aber vergessen Sie nicht Ihre eigene Selbstsorge. Gespräche über suizidale Gedanken können für Angehörige belastend sein. Suchen Sie ebenfalls Unterstützung, sei es bei Freunden, Familie oder einem Therapeuten.

Zusammenfassung: Einfühlsam reagieren und professionelle Hilfe suchen

Der Umgang mit suizidalen Äußerungen erfordert Sensibilität, Einfühlungsvermögen und eine schnelle Reaktion. ADHS-Klienten könnten aufgrund ihrer emotionalen Schwierigkeiten und Impulsivität einem erhöhten Risiko ausgesetzt sein. Indem Sie ernst nehmen, zuhören, Sicherheit gewährleisten und professionelle Hilfe suchen, können Eltern und Angehörige einen positiven Beitrag zur Unterstützung des Betroffenen leisten. Denken Sie daran, dass suizidale Gedanken immer ernst genommen werden sollten, und zögern Sie nicht, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.


Teile diesen Artikel möglichst an Fachleute oder andere relevante Interessenten. Ich finde es einfach wichtig, auf diese Thematik hinzuweisen, da man damit Suizide und extremes Leid für die verwaisten Eltern / Angehörigen vermeiden könnte. Es gibt Hilfe und gerade ADHS ist extrem gut und wirksam zu behandeln.


Quelle Austgulen, A., Skram, N.K.G., Haavik, J. et al. Risk factors of suicidal spectrum behaviors in adults and adolescents with attention-deficit / hyperactivity disorder – a systematic review. BMC Psychiatry 23, 612 (2023). https://doi.org/10.1186/s12888-023-05099-8 (Öffnet in neuem Fenster)

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