25.6.2024
Oh Mann, irgendwie wieder zu viele Themen, zu wenig Zeit. Und lesen muss den ganzen Kram ja auch noch jemand können.
Erstmal vielen Dank, wenn du an meiner Umfrage zu diesem Newsletter bzw. der ADHSCommunity schon teilgenommen hast. Stand heute 281 Rückmeldungen, was mir total weiter hilft. Wenn du den Platz 282 einnehmen möchtest, hier wäre DEINE Chance für den Fragebogen (Öffnet in neuem Fenster)
Stu: Der Roboter-Coach für ADHS – Eine Revolution im Alltag?
Einführung
Würdest du einen Roboter als ADHS-Coach akzeptieren oder nutzen ? Viele ADHS-Erwachsene probieren sicher etliche Apps und andere Tools / Webseiten aus, um mit den Besonderheiten und Tücken der Exekutivfunktionen klar zu kommen. Aber irgendwie habe ich da auch noch nicht “DIE” Lösung für mich gefunden.
Die physikalische Präsenz einer anderen Person (wie ein Coach) ist da irgendwie noch notwendig, oder ?
Probleme wie verpasste Termine, überwältigende Aufgabenlisten, schlechte Zeitmanagementfähigkeiten und eine ständige Überforderung sind nur einige der Hürden, denen sich Betroffene täglich stellen müssen. Herkömmliche Ratschläge wie „Führe ein Tagebuch“ oder „Mach eine Liste und arbeite sie ab“ reichen oft nicht aus und führen häufig zu Frustration und negativen Selbstgesprächen.
Mit diesen Herausforderungen im Hinterkopf hat die Monash University in Melbourne Stu entwickelt, einen AI-gesteuerten Desktop-Roboter, der speziell für Erwachsene mit ADHS konzipiert wurde. Stu ist das Vorzeigeprodukt von Nexa Robotics, einem Startup, das aus dem Fastrack-Programm der Monash University für aufstrebende Innovationen hervorgegangen ist. Die Idee für Stu entstand, als Gründer Zaid Ahmed den täglichen Kampf einer Freundin mit ADHS beobachtete.
Die Herausforderungen von ADHS
ADHS bringt eine Vielzahl von Herausforderungen mit sich, die oft unterschätzt werden. Menschen mit ADHS haben Schwierigkeiten, ihre Exekutivfunktionen zu steuern, was sich auf viele Lebensbereiche auswirkt. Während viele Apps und digitale Lösungen behaupten, bei der Bewältigung von ADHS zu helfen, bleibt ihre Wirksamkeit oft fragwürdig. Eine Studie aus dem Jahr 2020 identifizierte 109 ADHS-bezogene Smartphone-Apps, die alles von der Diagnose bis hin zu Konzentrationshilfen abdeckten. Doch diese Apps scheitern häufig daran, die spezifischen Bedürfnisse von ADHS-Betroffenen zu erfüllen.
Stu: Ein innovativer AI-Assistent?
Stu zielt darauf ab, diese Lücke zu schließen, indem er eine intuitivere und ansprechendere Möglichkeit zur Verwaltung täglicher Aufgaben bietet. Im Gegensatz zu Apps, die leicht vergessen oder ignoriert werden können, ist Stu eine physische Präsenz auf dem Schreibtisch, die auf Sprachbefehle reagiert und sich nahtlos in das digitale Leben integriert. Dieses Design hilft, das „aus den Augen, aus dem Sinn“-Problem zu überwinden, das viele Menschen mit ADHS haben.
Hauptfunktionen von Stu
Aufgabenmanagement: Stu hilft dabei, komplexe Aufgaben in überschaubare Schritte zu unterteilen, bietet Erinnerungen und ermutigt die Benutzer, auf dem richtigen Weg zu bleiben. Diese Aufgabenaufteilung ist entscheidend für diejenigen, die mit Aufgabenlähmung und überwältigenden Aufgabenlisten zu kämpfen haben.
Zeitmanagement: Durch die Verbindung mit E-Mail, Kalender und anderen Apps unterstützt Stu bei der Terminplanung und dem Zeitmanagement und stellt sicher, dass wichtige Termine und Fristen nicht vergessen werden.
Emotionale Unterstützung: Stu bietet eine Form der emotionalen Unterstützung, indem er mit den Nutzern interagiert, Motivation bietet und Gefühle von Scham und Frustration im Zusammenhang mit ADHS reduziert.
Body-Doubling und Accountabilty Coaching: Eine weitere wesentliche Funktion von Stu ist das Body-Doubling und Accountability Coaching. Beim Body-Doubling handelt es sich um eine Technik, bei der eine andere Person physisch oder virtuell anwesend ist, um den ADHS-Betroffenen bei der Erledigung von Aufgaben zu unterstützen. Stu kann diese Rolle übernehmen, indem er eine ständige Präsenz bietet und als Partner fungiert, der den Nutzer zur Rechenschaft zieht und ihn motiviert, Aufgaben zu beenden. Dies hilft, Prokrastination zu verringern und die Produktivität zu steigern.
Ein Co-Creation-Ansatz
Was Stu von anderen Lösungen unterscheidet, ist der Entwicklungsprozess. Ahmed und sein Team bei Monash sind bestrebt, ADHS-Betroffene in jeden Schritt einzubeziehen, um sicherzustellen, dass das Produkt wirklich ihren Bedürfnissen entspricht. Dieser Co-Creation-Ansatz, unterstützt durch wissenschaftliche Forschung, soll ein Werkzeug schaffen, das sowohl effektiv als auch benutzerfreundlich ist.
Mit über 600 Menschen, die sich bereits zur Testphase angemeldet haben, sind die ersten Rückmeldungen vielversprechend. Das Team ist zuversichtlich, dass Stu eine greifbare Lösung für die Herausforderungen der Exekutivfunktionen von ADHS-Betroffenen bieten kann und eine zuverlässigere und konsistentere Unterstützung als bestehende Apps und digitale Werkzeuge darstellt.
Diskussion: Würde man Stu wirklich nutzen?
Die Frage, ob ein solches Angebot wie Stu wirklich genutzt würde, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Einerseits bietet Stu eine innovative Lösung, die speziell auf die Bedürfnisse von ADHS-Betroffenen zugeschnitten ist und könnte somit eine erhebliche Verbesserung im Alltag darstellen. Die physische Präsenz auf dem Schreibtisch und die sprachgesteuerte Interaktion machen es einfacher, Stu in den täglichen Ablauf zu integrieren.
Andererseits könnte der Erfolg von Stu auch davon abhängen, wie gut die Nutzer die Technologie annehmen und wie intuitiv und benutzerfreundlich die Interaktion mit Stu tatsächlich ist. Menschen mit ADHS haben oft Schwierigkeiten, neue Gewohnheiten zu entwickeln und beizubehalten, daher ist es entscheidend, dass Stu leicht zugänglich und wirklich hilfreich ist.
Fazit
Stu stellt einen bedeutenden Fortschritt im Management von ADHS dar, indem er AI-Technologie nutzt, um praktische, greifbare Unterstützung zu bieten. Durch die gezielte Ansprache der einzigartigen Herausforderungen von ADHS bietet Stu das Potenzial, dort erfolgreich zu sein, wo Apps und Bildschirme versagen. Mit fortschreitenden Tests und Weiterentwicklungen könnte Stu zu einem unverzichtbaren Werkzeug für diejenigen werden, die sich den komplexen Anforderungen von ADHS stellen.
Mehr Informationen über Stu und seine Funktionen fin (Öffnet in neuem Fenster)dest du auf der offiziellen Homepage: Hey Stu (Öffnet in neuem Fenster).
Autistische (Öffnet in neuem Fenster)Irritation u (Öffnet in neuem Fenster)nd Erwartungen an Eltern sowie andere Bezugspersonen
Einleitung
Das prädiktive Gehirnmodell besagt, dass unser Gehirn ständig versucht, die Zukunft vorherzusagen, um uns sicher und effizient durch den Alltag zu navigieren. Diese Vorhersagen basieren auf früheren Erfahrungen und Erwartungen.
Ich habe gestern wieder 2 Patientinnen aufgenommen, bei denen autistische Wahrnehmungs- und Denkstile zumindest wahrscheinlich sind. Das ist in einer Institution wie einer Klinik dann gar nicht so einfach, weil selbst für neurotypische Klienten viele Umstellunge (Öffnet in neuem Fenster)n im Alltag bei zunächst “chaotisch” erscheinenden Abläufen und Zuständigkeiten drohen. Umso stärker muss dies für eine Autistin dann sein. Und mit gewissen Abstrichen ist es auch bei ADHS “ähnlich”.
Daher kommt dem Erstgespräch bzw. den ersten Tagen eine besondere Rolle zu, um quasi das “Onboarding” im Sinne von Eingewöhnung gut zu ermöglichen.
Für autistische Menschen ist dieser Prozess besonders wichtig, da er ihnen hilft, eine ansonsten chaotische und (Öffnet in neuem Fenster)unvorhersehbare Welt zu verstehe (Öffnet in neuem Fenster)n und zu kontrollieren.
Vorhersage und Kontrolle: Autistische Menschen verlassen sich stark auf Vorhersagen und feste Erwartungen, um sich sicher zu fühlen. Diese Erwartungen können auf detaillierten und starren Vorstellungen davon beruhen, wie die Dinge ablaufen sollten.
Verhaltenserwartungen: Wenn die Realität nicht den Erwartungen entspricht, kann dies zu erheblicher Irritation und Stress führen. Dies erklärt, warum Planänderungen und unvorhergesehene Ereignisse so belastend sein können.
Durchinszenierte Verhaltenserwartungen: Autistische Menschen entwickeln oft durchinszenie (Öffnet in neuem Fenster)rte Verhaltenserwartungen, die ihne (Öffnet in neuem Fenster)n helfen, die Kontrolle zu behalten. Diese Erwartungen können so fest sein, dass sie fast wie Drehbücher wirken, nach denen das tägliche Leben ablaufen sollte. Jede Abweichung von diesen Erwartungen kann ein Gefühl der Überforderung auslösen.
Ihre Wahrnehmung und Verarbeitung von Informationen sind also extrem stark darauf ausgerichtet, eine stabile und vorhersehbare Umgebung zu schaffen. Dies hilft ihnen, sich sicher und kontrolliert zu fühlen. Wenn jedoch die (Öffnet in neuem Fenster)Realität nicht mit ihren Vo (Öffnet in neuem Fenster)rhersagen übereinstimmt, kann dies zu intensiven Irritationen und Stress führen.
Autistische Irritation und die Reaktion auf Überforderung
Autistische Menschen können in bestimmten Situationen schnell überfordert sein, was oft zu intensiven Reaktionen führt. Diese Überforderung kann durch sensorische Reize, soz (Öffnet in neuem Fenster)iale Interaktionen oder unerwartete Veränderungen verursacht werden. In solchen Momenten reagieren autistische Personen häufig mit einem starken Impuls, entweder zu kämpfen, zu fliehen, sich still zu verhalten oder s (Öffnet in neuem Fenster)ich anzupassen. Das wird vielleicht als Trotz, mangelnde Akzeptanz von Autoritäten oder schlicht als böser Wille oder Verweigerung angesehen, wenn man sich nicht wirklich mit dem Denk- und Wahrnehmungsstil ausei (Öffnet in neuem Fenster)nandersetzen will (oder ihn schlicht nicht kennt).
Kämpfen: Dies kann sich in Form von Wutausbrüchen oder energischem Verhalten äußern. Der Impuls zu kämpfen ist eine Reaktion auf das Gefühl, die Kontrolle über die Situation zu verlieren.
Fliehen: Manche Autisten versuchen, der überfordernden Situation zu entkommen, indem sie den Raum verlassen oder sich zurückziehen.
Sich-Still-Verhalten: In einigen Fällen kann die Reaktion auf Überforderung darin bestehen, sich ruhig zu verhalten und nicht mehr auf äußere Reize zu reagieren, um die Situation zu überstehen. (Öffnet in neuem Fenster)
Si (Öffnet in neuem Fenster)ch-Anpassen (Fawn): Dies (Öffnet in neuem Fenster)e Reaktion besteht darin, sich übermäßig anzupassen und die eigenen Bedürfnisse zugunsten der Erwartungen und Anforderungen anderer zurückzustellen. Dies kann als Versuch gesehen werden, Konflikte zu vermeiden und Akzeptanz zu finden.
Beispiel: Umstellung des Therapietages
Stellen wir uns Sophie vor, eine Autistin, die jeden Dienstag um 10 Uhr eine Therapiestunde hat. Diese feste Routine gib (Öffnet in neuem Fenster)t ihr Sicherheit und hilft ihr, ihren Alltag zu strukturieren. Eines Tages erfährt sie, dass ihre Therapiestunde auf Donnerstag um 14 Uhr verschoben wird. Für Sophie bedeutet dies nicht nur eine einfache Anpassung der Zeit, sondern eine komplette Umstrukturierung ihrer Woche. Ihr prädiktives Gehirn hat sich auf den festen Termin am Dienstag eingestellt, und die Änderung (Öffnet in neuem Fenster)bringt ihre sorgfältig geplante Routine durc (Öffnet in neuem Fenster)heinander.
Was passiert bei Sophie im Gehirn?
Wenn Sophie von der Planänderung erfährt, lösen sich in ihrem Gehirn verschiedene Prozesse aus. Das prädiktive Gehirnmodell besagt, dass unser Gehirn ständig versucht, die Zukunft vorherzusagen, um uns durch die Welt zu navigieren. Diese Vorhersagen basieren auf früheren Erfahrungen und Erwartungen. Bei Autisten, wie Sophie, ist dieser Prozess besonders ausgeprägt und von großer Bedeu (Öffnet in neuem Fenster)tung.
Vorhersage und Kontrolle: Sophies Gehirn hat detaillierte Vorhersagen über ihren Therapietermin am Dienstag um 10 Uhr erstellt. Diese Vorhersagen geben ihr Sicherheit und ein Gefühl der Kontrolle. Als die Änderung bekannt wird, kollidiert diese neue Information mit den bestehenden Vorhersagen.
Neurobiologische Reaktion: Durch die unerwartete Änderung wird e (Öffnet in neuem Fenster)ine Stressreaktion im Gehirn ausgelöst. Bereiche wie die Amygdala, die für emotionale Reaktionen zuständig ist, und der präfrontale Kortex, der für Planung und Entscheidung zuständig ist, werden aktiviert. Sophie könnte Angst, Frustration und Überforderung empfinden, da ihre bestehenden Erwartungen nicht erfüllt werden.
Sensorische Überlastung: Diese neurobiologischen Reaktionen können zu einer sensorischen Überlastung führen. Sophie nimmt Reize intensiver wahr, und die plötzli (Öffnet in neuem Fenster)che Planänderung verstärkt dieses Gefühl. Geräusche, Lichter und sogar Gespräche können überwältigend wirken.
Planänderungen: Wenn Realität auf autistische Vorstellungen trifft
Für viele autistische Menschen sind Pläne nicht einfach flexible Entwürfe, sondern detailliert durchdachte Verhaltensvorstellungen, die ihnen Sicherheit und Struktur im Alltag bieten. Das prädiktive Gehirn von Autisten arbeitet daran, die Welt durch Vorhersagen und Erwartungen zu verstehen und zu kontrollieren. Wenn Pläne spontan geändert werden, wie im Fall von Sophies Therapiestunde, kann dies zu erheblichen Irritationen führen, da es ihre vorhersehbare Welt destabilisiert.
Feste Pläne: Autisten erstellen ihre Pläne oft sehr detailliert und konkret. Jede Abweichung kann zu erheblicher Irritation führen, weil sie die Kontrolle und Vorhersehbarkeit ihrer Umgebung beeinträchtigt.
Kommunikation: Es ist wichtig, autistischen Personen klar und frühzeitig mitzuteilen, wenn Pläne geändert werden müssen. Viele können gut damit umgehen, wenn sie vorher explizit gefragt und informiert werden.
Neuplanung: Statt einfach Anpassungen vorzunehmen, müssen viele Autisten bei einer Planänderung von Grund auf neu planen, um das Gefühl von Kontrolle wiederherzustellen.
Erwartungen an das Verhalten anderer Menschen
Neben der Wichtigkeit von festen Plänen haben autistische Menschen oft spezifische Erwartungen an das Verhalten ihrer Mitmenschen. Diese Erwartungen betreffen vor allem Routinen und Rituale, die ihnen Sicherheit und Stabilität bieten.
Routinen und Rituale: Wiederkehrende Handlungen und feste Abläufe sind für autistische Personen von großer Bedeutung. Sie geben Struktur und helfen, den Alltag vorhersehbar zu gestalten. Änderungen in diesen Routinen können zu Stress und Verunsicherung führen.
Klarheit und Vorhersehbarkeit: Autisten bevorzugen klare und direkte Kommunikation. Unklare Anweisungen oder vage Aussagen können Verwirrung stiften und Unsicherheit erzeugen.
Empathie und Verständnis: Eltern und andere Bezugspersonen sollten versuchen, die Perspektive des autistischen Menschen zu verstehen und Rücksicht auf deren Bedürfnisse und Empfindungen zu nehmen. Geduld und einfühlsames Verhalten sind hierbei unerlässlich.
Raum für Rückzug: Autistische Personen benötigen oft Zeit und Raum, um sich zurückzuziehen und sensorische Überlastung zu vermeiden. Es ist wichtig, ihnen diese Möglichkeit zu bieten und ihre Grenzen zu respektieren.
Duck and Cover: Strategie und Selbstüberforderung
Eine weitere verbreitete Strategie bei autistischer Überforderung ist das sogenannte "Duck and Cover" (in etwa "Kopf einziehen und Schutz suchen"). Dies bedeutet, dass autistische Menschen versuchen, sich den Anforderungen und Reizen anzupassen, oft auf Kosten ihrer eigenen Energie und Belastbarkeit. Diese Strategie führt jedoch häufig zu einer Selbstüberforderung, da sie versuchen, in Situationen zu funktionieren, die für sie extrem stressig und überwältigend sind.
Selbstüberforderung: Durch die Anpassung an überfordernde Situationen verbrauchen autistische Personen ihre Energie schneller und intensiver. Dies kann zu körperlichen und mentalen Erschöpfungssymptomen führen.
Symptome: Zu den Überforderungssymptomen gehören erhöhte Reizbarkeit, Erschöpfung, Kopfschmerzen, Bauchschmerzen und ein allgemeines Gefühl der Überlastung.
Rückzug: Nach solchen Phasen der Überanpassung und Überforderung benötigen viele Autisten längere Zeiträume des Rückzugs und der Erholung. Dies kann als eine Art "Wiederaufladen" betrachtet werden, um die erschöpfte Energie wieder aufzufüllen.
Masking, Meltdown und Entwicklungstraumata
Autistische Menschen erleben häufig Situationen, in denen ihre eigenen Erwartungen und Bedürfnisse nicht erfüllt werden. Dies kann dazu führen, dass sie sich gezwungen fühlen, ihre wahren Gefühle und Verhaltensweisen zu verbergen – ein Prozess, der als Masking bekannt ist. Masking kann zwar kurzfristig helfen, sich anzupassen und akzeptiert zu werden, hat aber oft langfristig negative Auswirkungen.
Masking: Beim Masking versuchen autistische Menschen, ihre autistischen Merkmale zu verbergen oder zu unterdrücken, um den Erwartungen der Gesellschaft zu entsprechen. Dies erfordert enorme Anstrengung und kann zu chronischem Stress führen.
Bedeutung von Stimming:
Stimming, kurz für Selbststimulation, ist ein typisches Verhalten bei autistischen Menschen, das ihnen hilft, mit sensorischer Überlastung und emotionalem Stress umzugehen. Stimming kann in vielen Formen auftreten, wie z.B. Handflattern, Schaukeln, Wiederholen von Geräuschen oder Bewegungen und das Spielen mit bestimmten Objekten.
Stressbewältigung: Stimming hilft autistischen Menschen, Stress und Angst abzubauen und sich zu beruhigen.
Selbstregulation: Durch Stimming können sie ihre sensorische und emotionale Überlastung regulieren.
Kommunikation: Manche Formen des Stimmings können als nonverbale Kommunikation dienen und anzeigen, dass die Person überfordert ist oder sich unwohl fühlt.
Umgang mit Stimming:
Akzeptanz und Verständnis: Stimming sollte als ein legitimer Bewältigungsmechanismus anerkannt und akzeptiert werden.
Raum und Gelegenheit: Autistischen Menschen sollte ausreichend Raum und Gelegenheit zum Stimming gegeben werden, besonders in stressigen Situationen.
Vermeidung von Unterdrückung: Das Unterdrücken von Stimming kann zu erhöhtem Stress und anderen negativen Auswirkungen führen. Stattdessen sollten alternative und weniger auffällige Stimming-Optionen angeboten werden, falls dies notwendig ist.
Wenn diese ganzen Anpassungsversuche eben unterdrückt bzw. nicht möglich erscheinen, dann kommt es zum Zusammenbrechen der Selbstregulation, zumMeltdown: Ein Meltdown ist eine intensive Reaktion auf Überforderung, bei der es zu einem Verlust der Selbstkontrolle kommt. Dies kann sich in Schreien, Weinen, Schlagen oder Selbstverletzung äußern. Ein Meltdown ist keine bewusste Handlung, sondern das Resultat extremer innerer Anspannung und Überlastung.
Entwicklungstraumata: Wenn autistische Bedürfnisse und Erwartungen dauerhaft ignoriert oder nicht erfüllt werden, kann dies zu Entwicklungstraumata führen. Betroffene können ein tiefes Gefühl der Entfremdung und ein vermindertes Selbstwertgefühl entwickeln. Langfristige Folgen können Depressionen, Angststörungen und andere psychische Belastungen sein.
Konflikte mit Institutionen
Institutionen wie Kindergärten, Schulen, Ärzte, Kliniken und Behörden erwarten oft, dass sich autistische Kinder und Erwachsene an die gegebenen Strukturen und Abläufe anpassen. Diese Erwartung basiert auf der Annahme, dass Anpassung zumutbar und notwendig ist. Für autistische Menschen kann dies jedoch zu erheblichen Belastungen führen. Der Konflikt entsteht, wenn Institutionen nicht die nötige Flexibilität und Anpassungsbereitschaft zeigen, um den besonderen Bedürfnissen autistischer Menschen gerecht zu werden.
Viele Institutionen argumentieren, dass es nicht praktikabel sei, für einzelne autistische Personen umfassende Anpassungen vorzunehmen. Diese Haltung basiert häufig auf der Annahme, dass die institutionelle Struktur für alle Menschen gleichermaßen geeignet ist. Dies ignoriert jedoch die Tatsache, dass autistische Menschen oft spezifische und einzigartige Bedürfnisse haben, die berücksichtigt werden müssen, um ihr Wohlbefinden und ihre Funktionsfähigkeit zu gewährleisten.
Für autistische Menschen ist die Anpassung an institutionelle Anforderungen oft mit enormem Stress verbunden. Die ständige Notwendigkeit, sich an neue und unerwartete Situationen anzupassen, kann zu einer chronischen Überlastung führen, die sich negativ auf ihre psychische und physische Gesundheit auswirkt. Daher ist es entscheidend, dass Institutionen eine flexiblere und inklusivere Haltung einnehmen, um den Bedürfnissen autistischer Menschen besser gerecht zu werden.
Ein besonders kritisches Beispiel ist die Tendenz, Kinder aus dem ADHS- und Autismus-Spektrum aus der Vorschule oder Schule auszuschließen, weil sie angeblich nicht betreubar oder beschulbar sind. Diese Reaktionen, wie Meltdowns und andere Verhaltensweisen, werden oft als untragbar eingestuft, anstatt sie als Indikatoren für nicht kindgerechte oder widersprüchliche Strukturen und Abläufe zu verstehen, die zur inneren Irritation beitragen.
Autistische Irritation als Chance zur Verbesserung
Autistische Irritation sollte nicht nur als Defizit betrachtet werden, sondern kann auch zur Verbesserung von Abläufen und Strukturen genutzt werden. Dies setzt jedoch die individuelle Bereitschaft und Fähigkeit der Ansprechpartner bzw. Bezugspersonen voraus, sich mit dem eigenen Anteil (persönlich wie institutionell-strukturell) am "Konflikt" auseinanderzusetzen. Es ist sicherlich "bequemer", den Konflikt allein dem ADHS- oder autistischen Menschen zuzuschreiben und von ihm oder ihr eine Verhaltensänderung oder Unterwerfung zu verlangen. Es sollte uns jedoch klar werden, dass dies in der Regel bereits von den betroffenen Personen immer wieder versucht wurde. Eine noch stärkere Unterwerfung führt letztlich zur Aufgabe der eigenen Individualität und Persönlichkeit und bedeutet oft Re-Traumatisierungen.
Zehn Maßnahmen zur Reduzierung autistischer Irritationen
Um die Irritationen und den Stress autistischer Menschen in verschiedenen Umgebungen zu reduzieren, können folgende Maßnahmen hilfreich sein:
Klare und frühzeitige Kommunikation: Änderungen und wichtige Informationen sollten frühzeitig und klar kommuniziert werden, um den Betroffenen Zeit zur Anpassung zu geben.
Strukturen und Routinen schaffen: Feste Tagesabläufe und wiederkehrende Rituale geben Sicherheit und helfen, den Alltag vorhersehbar zu gestalten.
Visuelle Unterstützungen: Pläne, Abläufe und Anweisungen visuell darstellen, um das Verständnis und die Orientierung zu erleichtern.
Ruhige Rückzugsorte: Bereiche schaffen, in denen sich autistische Menschen zurückziehen und sensorische Überlastung vermeiden können.
Individuelle Anpassungen: Flexible Lösungen und individuelle Anpassungen bieten, um auf die spezifischen Bedürfnisse einzugehen.
Sensibilisierung und Schulung: Personal in Institutionen über Autismus und die spezifischen Bedürfnisse autistischer Menschen schulen und sensibilisieren.
Regelmäßige Pausen: Regelmäßige Pausen einplanen, um Überlastung und Erschöpfung zu vermeiden.
Verlässliche Ansprechpartner: Feste Ansprechpartner bereitstellen, die Vertrauen aufbauen und bei Problemen unterstützen.
Konsistente Regeln und Erwartungen: Klare, konsistente Regeln und Erwartungen, um Verwirrung und Unsicherheit zu minimieren.
Feedback und Mitbestimmung: Autistischen Menschen die Möglichkeit geben, Feedback zu geben und bei Entscheidungen, die sie betreffen, mitzubestimmen.
Fazit
Das Verständnis für die spezifischen Bedürfnisse und Erwartungen autistischer Menschen ist entscheidend, um ihnen ein unterstützendes und stabiles Umfeld zu bieten. Eltern, Bezugspersonen und Institutionen sollten sich der Bedeutung von festen Plänen, klarer Kommunikation und der Notwendigkeit von Routinen bewusst sein. Indem wir empathisch auf die Bedürfnisse autistischer Menschen eingehen und ihre Reaktionen auf Überforderung respektieren, können wir ihnen helfen, sich sicherer und wohler zu fühlen. Darüber hinaus ist es wichtig, Masking zu erkennen und zu verhindern, indem wir eine akzeptierende und unterstützende Umgebung schaffen, in der autistische Menschen ihre Authentizität leben können.
Durch das Verstehen des prädiktiven Gehirns und der damit verbundenen Verhaltenserwartungen können wir besser nachvollziehen, warum autistische Menschen so stark auf Routinen und Vorhersehbarkeit angewiesen sind. Indem wir diese Bedürfnisse respektieren und unterstützen, können wir dazu beitragen, ihre Lebensqualität erheblich zu verbessern. Zudem kann die Bereitschaft, die autistische Irritation als wertvolle Rückmeldung zu betrachten, dazu beitragen, institutionelle Abläufe und Strukturen zu überdenken und zu optimieren.
Unterschiede und Gemeinsamkeiten im Gehirn bei ADHS und Autismus
Eine neue Studie, veröffentlicht im American Journal of Psychiatry, zeigt interessante Ergebnisse über die Gehirnaktivitäten bei Kindern mit Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) und Autismus-Spektrum-Störung (ASD). Forscher haben festgestellt, dass es mehr Unterschiede als Gemeinsamkeiten in der Art und Weise gibt, wie sich die Gehirne dieser Kinder verhalten, im Vergleich zu Kindern ohne diese Diagnosen.
Hintergrund der Studie
Kinder mit ADHS und Autismus zeigen oft ähnliche Verhaltensweisen, was die Diagnose erschweren kann. Um die Unterschiede besser zu verstehen, haben Forscher Studien analysiert, in denen mit einer speziellen Technik namens funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRI) die Gehirnaktivitäten untersucht wurden. Diese Technik zeigt, welche Teile des Gehirns bei verschiedenen Aufgaben aktiv sind.
Methode der Untersuchung
Die Forscher durchsuchten wissenschaftliche Datenbanken nach Studien bis Dezember 2022 und fanden insgesamt 243 Studien, die relevante Daten lieferten. Diese Studien beinhalteten insgesamt:
2654 Personen mit Autismus,
3084 Personen mit ADHS,
und 6795 Personen ohne diese Diagnosen (Kontrollgruppe).
Ergebnisse der Studie
Gemeinsamkeiten:
Sowohl bei Kindern mit ADHS als auch bei Kindern mit Autismus zeigten bestimmte Teile des Gehirns ähnliche Aktivierungen. Zum Beispiel:
Erhöhte Aktivierung in einem Bereich namens lingualer Gyrus.
Verringerte Aktivierung in einem anderen Bereich namens mittlerer frontaler Gyrus.
Unterschiede:
Bei Kindern mit Autismus:
Bestimmte Teile des Gehirns, die mit sozialem Verhalten und Aufmerksamkeit zu tun haben, waren aktiver.
Andere Teile, die mit Emotionen und visueller Wahrnehmung zu tun haben, waren weniger aktiv.
Bei Kindern mit ADHS:
Teile des Gehirns, die mit kognitiven Aufgaben und Emotionen (wie Belohnung und Motivation) zu tun haben, waren aktiver.
Andere Teile, die mit visueller Wahrnehmung und Hemmung von Reaktionen zu tun haben, waren weniger aktiv.
Schlussfolgerungen für Eltern
Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass es mehr Unterschiede als Gemeinsamkeiten in der Gehirnaktivität von Kindern mit ADHS und Autismus gibt. Diese Unterschiede können helfen, besser zu verstehen, wie sich die beiden Zustände voneinander unterscheiden, und können die Diagnose und Behandlung unterstützen.
Für Eltern bedeutet das, dass ADHS und Autismus trotz einiger ähnlicher Verhaltensweisen unterschiedliche Gehirnprofile haben. Das Wissen darüber kann dazu beitragen, individuellere und gezieltere Unterstützungsmaßnahmen für ihre Kinder zu entwickeln.
Quellenangabe
Tamon H, Fujino J, Itahashi T, et al. (2024). Shared and specific neural correlates of attention deficit hyperactivity disorder and autism spectrum disorder: a meta-analysis of 243 task-based functional MRI studies. American Journal of Psychiatry, 181(6), 541-552. doi:10.1176/appi.ajp.20230270
Barrieren in der Autismus-Diagnostik
Ein erschreckend realistischer Artikel über den Mangel an Diagnostik- und Therapiestellen für Autismus (bei Erwachsenen). Letztlich aber 1:1 auch die Situation bei ADHS, oder ?
Ich musste gestern wieder 2 Erwachsene mit ADHS abweisen, die stationär eine ADHS und Autismus-Diagnostik machen wollten. Das macht einerseits keinen Sinn, wird aber auch nicht (in der Psychosomatik) bezahlt. Andererseits werden sie ganz offensichtlich lange fehlbehandelt.
Ich bin irgendwie ratlos….
Studie verknüpft Haushaltschaos mit Schlafqualität bei Jugendlichen mit ADHS-Symptomen
Eine neue Studie, die auf der SLEEP 2024 Jahreskonferenz vorgestellt wird, zeigt, dass Haushaltschaos und Schlafhygiene entscheidende Faktoren im Zusammenhang zwischen Schlafqualität und ADHS-Symptomen bei Jugendlichen sind. Die Untersuchung hebt hervor, dass ein chaotischer Haushalt und schlechte Schlafgewohnheiten bedeutende Vermittler zwischen ADHS-Symptomen und schlechter Schlafqualität sind.
Teufelskreis von Schlafmangel und ADHS-Symptomen
Die American Academy of Sleep Medicine empfiehlt, dass Teenager im Alter von 13 bis 18 Jahren 8 bis 10 Stunden Schlaf pro Nacht erhalten sollten. Dieser Schlafbedarf ist essenziell für eine Vielzahl von gesundheitlichen Aspekten wie verbesserte Aufmerksamkeit, Verhalten, Lernen, Gedächtnis, emotionale Regulation sowie mentale und physische Gesundheit.
In der Realität bekommen jedoch immer weniger Jugendliche diese empfohlene Schlafmenge. Der Mangel an ausreichend Schlaf führt zu einer Verschärfung der ADHS-Symptome, was wiederum die Wahrscheinlichkeit von Schlafstörungen erhöht. Dies stellt einen Teufelskreis dar: Weniger Schlaf verschlimmert die ADHS-Symptome, und stärkere ADHS-Symptome führen zu weiteren Schlafproblemen.
Ergebnisse der Studie
Die Forscher, angeführt von der Doktorandin Jamie Flannery von der University of Notre Dame in South Bend, Indiana, sammelten Daten von 259 Mutter-Jugendlichen-Paaren aus den USA. Die Mütter bewerteten die ADHS-Symptome ihrer Kinder, während die Jugendlichen Umfragen zur Schlafqualität, häuslichen Umgebung und Schlafhygiene ausfüllten.
Die Ergebnisse der strukturellen Gleichungsmodellierung zeigten, dass sowohl Haushaltschaos als auch Schlafhygiene bedeutende Vermittler in der Beziehung zwischen ADHS-Symptomen und schlechter Schlafqualität sind. Ein chaotisches Zuhause, das durch fehlende Struktur, Routine und Stabilität gekennzeichnet ist, kann die Bemühungen, die Schlafhygiene zu verbessern, untergraben und somit die Schlafqualität der Jugendlichen weiter verschlechtern.
Wichtige Strategien zur Verbesserung der Schlafqualität
Die Studie legt nahe, dass die Verbesserung der täglichen Routine und Stabilität im Haushalt eine wichtige Strategie zur Verbesserung der Schlafqualität bei Jugendlichen mit ADHS-Symptomen sein könnte. Während individuelle Maßnahmen zur Verbesserung der Schlafhygiene nützlich sind, kann ein chaotisches häusliches Umfeld diese Bemühungen zunichtemachen.
Schlussfolgerung
Diese Forschung unterstreicht die Bedeutung eines strukturierten und stabilen Haushalts sowie guter Schlafhygiene, um den Teufelskreis von Schlafmangel und verschärften ADHS-Symptomen zu durchbrechen. Eltern und Jugendliche sollten sich der Auswirkungen des häuslichen Umfelds auf den Schlaf bewusst sein und entsprechende Maßnahmen ergreifen, um die Schlafqualität zu verbessern.
Zusammenhang zwischen Bildschirmzeit und ADHS bei Kindern
In den letzten Jahren nutzen Kinder in den USA immer mehr digitale Geräte wie Smartphones, Tablets, Computer und Fernseher. Dies hat Bedenken ausgelöst, ob dies mit der Entwicklung von ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung) verbunden sein könnte, einer Erkrankung, die es Kindern schwer macht, sich zu konzentrieren und impulsives Verhalten zu kontrollieren.
Zwei neue Studien haben versucht, den möglichen Zusammenhang zwischen Bildschirmzeit und ADHS zu untersuchen. Sie nutzten Daten aus einer großen Umfrage zur Gesundheit von Kindern in den USA. Eine Studie betrachtete fast 46.000 Kinder im Alter von sechs bis 17 Jahren über zwei Jahre, von 2019 bis 2020. Die andere Studie analysierte Daten von über 101.000 Kindern im Alter von null bis 17 Jahren, von 2018 bis 2020.
Die Diagnose von ADHS wurde durch Befragung der Betreuer ermittelt, ob ein Arzt oder Gesundheitsdienstleister jemals ADHS bei dem Kind diagnostiziert hat.
Ergebnisse der ersten Studie
Die erste Studie ergab, dass Kinder, die zwei bis drei Stunden täglich Bildschirme nutzten, eine um 22 % höhere Wahrscheinlichkeit hatten, ADHS zu entwickeln. Kinder, die vier oder mehr Stunden täglich Bildschirme nutzten, hatten eine um 74 % höhere Wahrscheinlichkeit, ADHS zu haben, verglichen mit Kindern, die weniger als zwei Stunden täglich Bildschirme nutzten.
Jedoch verschwand der Zusammenhang zwischen Bildschirmzeit und ADHS, wenn die Forscher andere Faktoren wie Alter, Geschlecht, Armutsstatus, Bildung der Eltern, Rasse und andere Gesundheitsprobleme berücksichtigten. Es wurde ein kleiner Zusammenhang zwischen Bildschirmzeit und Angstzuständen sowie Depressionen gefunden, aber kein Zusammenhang mit ADHS.
Ergebnisse der zweiten Studie
Die zweite Studie berücksichtigte ebenfalls verschiedene Einflussfaktoren, betrachtete jedoch nicht, ob das Kind andere Verhaltensprobleme hatte. Für Kinder bis zu fünf Jahren erhöhte die Nutzung von Bildschirmen bis zu drei Stunden täglich nicht die Wahrscheinlichkeit für ADHS. Aber Kinder, die vier oder mehr Stunden täglich Bildschirme nutzten, hatten eine doppelt so hohe Wahrscheinlichkeit, ADHS zu entwickeln, verglichen mit Kindern, die weniger als eine Stunde täglich Bildschirme nutzten.
Für Kinder im Alter von sechs bis 17 Jahren ergab die Studie, dass diejenigen, die zwei Stunden täglich Bildschirme nutzten, eine um 11 % höhere Wahrscheinlichkeit hatten, ADHS zu entwickeln. Kinder, die drei Stunden täglich Bildschirme nutzten, hatten eine um 16 % höhere Wahrscheinlichkeit, und diejenigen, die vier oder mehr Stunden täglich Bildschirme nutzten, hatten eine um 32 % höhere Wahrscheinlichkeit, ADHS zu haben, verglichen mit Kindern, die weniger als eine Stunde täglich Bildschirme nutzten.
Wichtige Punkte
- Die Unterschiede, die in den Studien gefunden wurden, waren relativ klein.
- Die erste Studie deutete darauf hin, dass Angstzustände und Depressionen möglicherweise der Grund für den Zusammenhang zwischen Bildschirmzeit und ADHS sind, nicht die Bildschirmzeit selbst.
Fazit
Insgesamt fanden die Studien keine starken Beweise dafür, dass die Nutzung digitaler Geräte ADHS bei Kindern und Jugendlichen verursacht. Während es einige kleine Zusammenhänge geben könnte, könnten andere Faktoren wie Angstzustände und Depressionen eine größere Rolle spielen. Außerdem handelt es sich bei diesen Studien um Beobachtungsstudien, die viele Faktoren nicht ausschließen können. Es ist auch wichtig zu berücksichtigen, dass Kinder mit ADHS möglicherweise häufiger digitale Geräte nutzen.
Quellen:
- Guangbo Qu et al., "Association between screen time and developmental and behavioral problems among children in the United States: evidence from 2018 to 2020 NSCH," Journal of Psychiatric Research (2023), 161, 140-149, [DOI: 10.1016/j.jpsychires.2023.03.014](https://doi.org/10.1016/j.jpsychires.2023.03.014 (Öffnet in neuem Fenster)).
- Helal Uddin und Khalid Hasan, "Family resilience and neighborhood factors affect the association between digital media use and mental health among children: does sleep mediate the association?", European Journal of Pediatrics (2023), [DOI: 10.1007/s00431-023-04898-1](https://doi.org/10.1007/s00431-023-04898-1 (Öffnet in neuem Fenster)).
Zehn Bulletpoints zur Zusammenfassung des heutigen Newsletters:
Prädiktives Gehirnmodell:
Unser Gehirn sagt ständig die Zukunft vorher, um uns sicher und effizient durch den Alltag zu navigieren. Diese Vorhersagen basieren auf Erfahrungen und Erwartungen.
Herausforderungen im Klinikalltag:
Autistische Wahrnehmungs- und Denkstile stellen besondere Herausforderungen dar, vor allem in chaotisch erscheinenden Klinikabläufen. Ein gutes Onboarding ist entscheidend.
Vorhersagen und Kontrolle:
Autistische Menschen verlassen sich stark auf Vorhersagen und feste Erwartungen. Abweichungen können zu erheblicher Irritation und Stress führen.
Reaktionen auf Überforderung:
Typische Reaktionen auf Überforderung sind Kämpfen, Fliehen, sich Still-Verhalten und Sich-Anpassen, oft missverstanden als Trotz oder böser Wille.
Beispiel einer Planänderung:
Eine einfache Terminänderung kann bei autistischen Personen, wie im Beispiel von Sophie, erhebliche Irritationen und Stress verursachen.
Unterschiede und Gemeinsamkeiten im Gehirn bei ADHS und Autismus:
Studien zeigen, dass es mehr Unterschiede als Gemeinsamkeiten in der Gehirnaktivität von Kindern mit ADHS und Autismus gibt, was die Diagnose und Behandlung unterstützen kann.
Barrieren in der Autismus-Diagnostik:
Es gibt einen Mangel an Diagnostik- und Therapiestellen für Autismus bei Erwachsenen, ähnlich der Situation bei ADHS.
Zusammenhang zwischen Haushaltschaos und Schlafqualität bei Jugendlichen mit ADHS-Symptomen:
Ein chaotisches Zuhause und schlechte Schlafhygiene sind entscheidende Faktoren für die Schlafqualität bei Jugendlichen mit ADHS-Symptomen. Ein strukturierter Haushalt kann die Schlafqualität verbessern.
Zusammenhang zwischen Bildschirmzeit und ADHS bei Kindern:
Studien zeigen keine starken Beweise dafür, dass die Nutzung digitaler Geräte ADHS verursacht. Andere Faktoren wie Angstzustände und Depressionen spielen eine größere Rolle.
Maßnahmen zur Reduzierung autistischer Irritationen:
Klare Kommunikation, feste Routinen, visuelle Unterstützung, Rückzugsorte, individuelle Anpassungen, Schulung des Personals, regelmäßige Pausen, verlässliche Ansprechpartner, konsistente Regeln und Mitbestimmung sind entscheidend zur Unterstützung autistischer Menschen.
So. Eigentlich habe ich schon wieder 10 neue Themen für den nächsten Newsletter. Und noch mehr Anregungen für die ADHSCommunity und den dortigen Austausch.
Wenn du meinen Newsletter noch nicht regelmässig bekommst, hier ist deine Chance
Und wer mich weiter unterstützen mag und kann bzw. in die ADHSCommunity mit einsteigen mag, hier ist dazu der Link (Vorkämpfer)
Danke fürs Dranbleiben bis zum Ende und noch einen schönen, entspannten Tag
Martin