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So stärkst du junge Mädchen

Diesen Text hatte ich Anfang der Woche auf Instagram gepostet. Daraufhin bekam ich viele emotionale Antworten: „Kenne ich.“ „Habe Ähnliches gehört.“ „Könnte eins zu eins mein Erleben sein.“

Ich glaube, die Zeiten sind trotz Body Positivity für junge Mädchen nicht viel leichter geworden. In meinem Bekanntenkreis wüten unter Jugendlichen Ess-Störungen wie eine hartnäckige Pandemie. 

Als meine Töchter noch klein waren, wollte ich sie in dickste Watteschichten packen, durch die weder Gehässigkeiten noch toxische Körperbotschaften dringen sollten. Das funktioniert vielleicht eine Woche oder auch einen Monat oder ein Jahr. Aber du müsstest schon in eine sehr einsame Hütte ziehen, um zivilisatorische Schäden von Kindern fernzuhalten. Es ist ja auch gar nicht das Ziel, unsere Kinder überzubehüten, sondern sie fit fürs Leben zu machen. Attacken auf ihre Herzen und Körper werden kommen. Aber vielleicht können sie diese besser abwehren mit Handwerkszeug, dass sie von uns mitbekommen haben. 

Jedoch ist das eine Kind resilienter als das andere und du weißt nie, welches von ihnen diese Attacken wie lästigen Staub von der Schulter wischt und welches daran zu knabbern hat. 

Ich wurde von Leser*innen gefragt, wie man Kindern ein positives Körperbild vermitteln kann. 

Bisher habe ich einen großen Bogen um die Antwort gemacht, weil ich keine Expertin bin. Und weil es auch nicht DIE eine Antwort gibt. Aber heute will ich mich der Frage stellen und meine Erfahrungen und (unvollständigen) Gedanken mit dir teilen. 

Ich bin eine Mutter, die ihre Kinder „aus dem Bauch raus“ erzogen hat. Intuitiv. Ich habe das Gefühl, ich bin mit ihnen gleichzeitig groß geworden, obwohl ich beim ersten Kind schon 34 war. Das Muttersein stieß Prozesse in meinem Leben an, denen ich mich widmen wollte und an denen ich wachsen musste.

Zum Beispiel mündig werden im Glauben. Nicht nur ich begann mir eigene Entscheidungen abseits des evangelikalen Mainstreams zuzutrauen. Sondern auch unseren Kindern. 

Andere Prozesse waren die Entflechtung aus patriarchalen Strukturen (haha, das wird eine lebenslange Aufgabe bleiben) und das Ablegen von toxischer Überproduktivität. Und natürlich der Abschied von Diätkulturen und Schlankheitswahn.

Wenn ich mich in einem Lebensbereich verändere und reife, hat das Auswirkungen auf meine Kinder: 

Die ex-überproduktive Mutter nimmt ihrer gestressten und übermüdeten Tochter abends um 21 Uhr die Schulbücher weg und macht ihr Mut zur Lücke. Die postevangelikale Mutter lässt ihr Kind konfirmieren und bestärkt es gleichzeitig, kritische Fragen zu stellen.  Und die von Diäten geheilte Mutter? Sie hat manchmal Angst, einen Kampf gegen Windmühlen zu führen. 

Gegen die Bilderflut von gefilterten Gesichtern, bearbeiteten Körpern, operierten Brüsten. Gegen ein System, das nach wie vor davon profitiert, wenn Frauen sich selbst hassen. Je früher ein Kind beginnt sich zu abzulehnen, desto lukrativer für die Beauty-Industrie. 

Ich pflege jedoch die (irre?) Hoffnung, dass am Ende unsere Haltungen und Taten und Worte lauter sprechen und eine größere Durchschlagskraft besitzen als die verzerrten Botschaften der Welt. Manchmal brauchen wir einen langen Atem. Manchmal braucht es jahrelange Gebete. Und Therapien. Und einen Ort, an dem unsere Kinder wieder und wieder scheitern dürfen. 

Wie können also Kinder lernen, sich selbst anzunehmen? Wie können wir unsere Mädchen stärken? Wie können wir sie fit machen, damit sie Attacken auf ihre Körper und Seelen auch als solche erkennen und abwehren können?  Ich kann dir die Dinge ans Herz legen, die ich selbst gelernt habe. Mit denen wir gute Erfahrungen gemacht haben. 

  1. Eigene Körperwahrnehmung reflektieren und positives Selbstbild vorleben
    Dieser Punkt ist der absolut fundamentalste. Hier geht es um deine eigenen Prozesse, um deine Haltungen und Glaubenssätze. Kinder lernen über Nachahmung. Wenn wir also einen Selbsthass verinnerlicht haben, kann es passieren, dass sie diesen unbewusst übernehmen.

    Selbsthass purzelt nicht aus leerem Raum ins Leben, sondern wird von Frauengeneration zu Frauengeneration unter Mithilfe von patriarchalen Strukturen weitergegeben. Deshalb ist es so essenziell wichtig, diese Kette zu unterbrechen. Dazu müssen wir uns auf Spurensuche begeben:  Wie erlebe ich meinen eigenen Körper? Welche Geschichte habe ich mit Diäten und Body Image? Mit Jo-Jo-Effekten? Welche Verletzungen trage ich mit mir herum? Wie rede ich mit mir selbst? „Verbünde“ ich mich mit anderen Frauen mithilfe von abfälligen Bemerkungen über den eigenen Körper? Wie rede ich über das Aussehen anderer?

    Ich habe es mir zum No-Go gemacht, negativ über meinen Körper und mein Aussehen zu denken und zu sprechen. (Und auch über das Aussehen anderer Menschen). Meine Kinder sollen keine Mutter erleben, die unzufrieden mit sich selbst ist, die ständig einer neuen Diät oder Ernährungsform nachjagt, die exzessiv Workouts und Selbstoptimierungen betreibt. Was unsere Töchter brauchen, sind Mütter und weibliche Vorbilder, die toxische Verhaltensweisen und Mechanismen entlarven, Heilung suchen, Körperkontrolle loslassen und lernen in sich zu ruhen. Wir müssen nicht mit aller Macht bodypositiv sein. Es reicht schon, wenn wir dem Bodyhype gar nicht mehr soviel Gewicht beimessen und stattdessen lernen, das Leben, Essen, Bewegung zu genießen. 

  2. Wortwahl kritisch beleuchten
    Gut gemeinte Worte können in Wirklichkeit hochproblematisch oder sogar indirektes Bodyshaming sein. 
    „Mach dir keine Sorgen über deinen Babyspeck. Der verwächst sich noch.“ 
    „Fünf Minuten im Mund, fünf Jahre auf der Hüfte.“
    „Du hast wenigstens ein hübsches Gesicht.“
    „Du musst mehr Sport machen!“
    Kinder verstehen die versteckten Botschaften und verinnerlichen sie. Deshalb ist es so wichtig, unsere Kommunikation kritisch zu prüfen und lieber einmal mehr den Mund zu halten.

  3. Lockere Kleidung
    Wir kennen es selbst: eine kneifende Jeans vermittelt uns das Gefühl, dass unser Körper zu groß ist. Dabei ist ja nicht unser Körper das Problem, sondern die Hose! Deshalb: Kaufe dem Kind nur Kleidung, die nicht einschnürt. Ermutige es, lieber zu einer größeren Größe zu greifen, anstatt sich in zu enge Hosen zu zwängen. Ein Hoch an dieser Stelle auf die Oversize-Mode! 

  4. Frauenvorbilder kultvieren
    Kinder sollen erfahren, dass Frauen in erster Linie nicht über ihr Aussehen definiert werden, sondern über ihre Persönlichkeit. Mein Buchtipp: Good night stories for rebel girls (Öffnet in neuem Fenster), die Reihe “Little people big dreams (Öffnet in neuem Fenster)” aus dem Suhrkamp Verlag
    Filmtipp: Hidden Figures (Öffnet in neuem Fenster)Kick it like Beckham (Öffnet in neuem Fenster)Joy – alles außer gewöhnlich (Öffnet in neuem Fenster)Whale Rider (Öffnet in neuem Fenster)

  5. Social Media minimieren
    Erlaube deinem Kind so spät wie möglich (und dann nur limitiert) die Plattformen, welche besonders kritisch für die Entwicklung eines positiven Selbstbilds sein können. Wenn es Influencer*innen folgt, dann zeig Interesse und komm mit ihm darüber ins Gespräch. „Wem folgst du?“ „Was begeistert dich an der Person?“ „Welche Gefühle löst das in dir aus?“ „Würdest du mit dieser Person auch im echten Leben abhängen?“ „Findest du es gut, dass xy diesen Filter verwendet?“ „Was macht das mit Menschen, wenn sie nur noch gefilterte Schönheiten sehen?“

  6. Gespräch suchen
    Tauscht euch aus über gesellschaftliche Normvorstellungen von Schönheit. Hier geht es nicht um Belehrung, sondern um das gemeinsame Herausfinden von Normierungen, die unrealistisch und schädlich sind. 

  7. Bewegung fördern
    Sport, in welcher Form auch immer, ist grundlegend für ein gutes Körpergefühl. Jedoch sollten wir unserem Kind keine Sportart überstülpen, sondern ihm die Wahl lassen, woran es Freude hat. Schwimmen, Reiten, Tanzen, Laufen, Fußball, Cheerleading, Kampfsport, Yoga…..

WHAT WOULD GRANDMA DO?

WARUM DU KEIN ZERO WASTE PRAKTIZIEREN MUSST

Was war das Verrückteste, das du je in Sachen Müllvermeidung gemacht hast?

Soll ich dir ein wenig Inspiration leihen?

Ich habe Shampoo selbst gemacht. 

Jawohl, aus Olivenölseife, Glycerin und anderen ominösen Zutaten. Eine absolute Vollkatastrophe. Mein Haar ist noch heute sauer auf mich. Meine Kopfpracht verwandelte sich in eine klebrige Masse, die roch, als wäre  sie in Kontakt mit einem Giftlabor gekommen. Danke für nichts, Olivenöl-Seife! Nicht alles sollte der Mensch selbst machen. In Sachen Shampoo überlassen wir das Feld doch bitteschön lieber den Shampooentwicklern. 

Ich begeisterte mich vor vielen Jahren für die Zero-Waste-Idee. Also die Vorstellung, den eigenen Müll so weit zu minimieren, dass man eigentlich keine Mülltonne mehr braucht. Ich träumte davon, nur noch alle paar Monate, anstatt zweiwöchentlich zum Recyclinghof fahren zu müssen. Ich fiel einer Obsession mit schnellem Ablaufdatum anheim. Während dieser Phase war das schlechte Gewissen mein Dauerbegleiter, denn selbstverständlich konnte ich meine Kinder nicht nur von selbstgezogenen Möhren ernähren und musste dann und wann auf verpackte Supermarktprodukte ausweichen. Der Einkauf im Unverpacktladen war ein logistischer und finanzieller Hürdenlauf und entpuppte sich als nicht alltagstauglich. 

Mittlerweile denke ich, dass Zero Waste ein utopisches Unterfangen mit Versagensgarantie ist, das nur kinderlose, überprivilegierte Menschen betreiben können, die a) ausreichend Zeit und b) ausreichend Geld haben. Und auch dann ist Zero Waste Augenwischerei, weil ja irgendwo in der Produktionskette (ja, auch von unverpackten Sachen) Müll und Abgase anfallen. Manches lässt sich gar nicht vermeiden. Denken wir nur an die Altenpflege und den Gesundheitssektor. Zero Waste suggeriert, dass wir Verbraucher die Welt retten können. Aber ohne von der Politik verordnete strukturelle Veränderungen kann es keine dauerhafte Reduzierung der Müllberge geben. Eine Bewegung, die das System von unten her ändert, ist unrealistisch. Es braucht beide Bewegungen. Von oben. Und von unten. 

Ich persönlich benötige eine Praxis, die vereinbar ist mit meinem Alltag, mit meiner Familie, mit meiner Haltung. Deshalb ist Less Waste die menschenfreundlichere, realistischere Variante. Müll mit Verstand und einer großen Portion Gnade reduzieren. 

Anstatt sich im Klein-Klein der Müllvermeidung zu verlieren, sollte man seine wertvolle Zeit und Energie gezielt für Gewohnheiten einsetzen, die einen hohen Nachhaltigkeits-Impact haben. Es ist nachhaltiger, seinen Fleischkonsum zu senken anstatt 30 km zum nächsten Unverpacktladen zu fahren. 

Beispiel: In meiner Zero-Waste-Phase habe ich endlos viel Zeit mir der Recherche nach in Papier verpacktem Toilettenpapier verbracht. Und dann habe ich Preise verglichen und Listen angefertigt (Jaaaa, ich war ein klitzekleinwenig obsessiv). In der Zeit hätte ich ein paar Jeans flicken, Briefwerbung abbestellen und einen Account bei Vinted (Secondhandmode) einrichten können. 

Ein vernünftiger Leitfaden sind die 5 Rs zur Müllreduzierung:

  1. Refuse (Ablehnen)
    Alles, was ich mir nicht ins Haus hole, muss ich auch nicht entsorgen. Eine simple, aber sehr wirksame und vor allem entlastende Regel. Manchmal inspiziere ich kurz vor der Kasse meinen Einkaufswagen. Brauche ich die Chips wirklich? An manchen Tagen ja. Ja, ich brauche Chips! Und an manch anderen Tagen lege ich die Tüten mit einem seltsamen Gefühl der Erleichterung zurück ins Regal. Sehr zum Leidwesen meiner Kinder. Auf vieles können wir verzichten, ohne Lebensqualität einzubüßen: Plastiktüten, Getränkeflaschen aus Plastik, Kinderzeitschriften mit Plastikgimmicks, Kinderüberraschung, Luftballons usw. 

  2. Reduce (Reduzieren)
    Klopapier kann ich beim besten Willen nicht reduzieren. Aber vielleicht meine Kleidung? Den Kaffee? Süßigkeiten? Eiscreme? Kosmetik? 

  3. Repair (Reparieren)
    Unsere Haushalte und unser Wirtschaftssystem sind auf linearen Konsum ausgerichtet: Anschaffen, verbrauchen, wegschmeißen, neu kaufen. Mit ein wenig Geschick kann man das Reparieren lernen und damit dieses System ein wenig unterwandern. Löcher in Kleidung, defekte Reißverschlüsse, kaputte Lampen kann man mithilfe von Youtube-Tutorials reparieren lernen. Und wenn einem das Geschick und die Zeit fehlen, kostet es nicht die Welt einen ausgerissenen Saum oder eine abgelöste Schuhsohle vom Experten richten zu lassen. In vielen Orten gibt es mittlerweile Repair-Cafes, die sich um kaputte Toaster und defekte Reißverschlüsse kümmern. 

  4. Upcycle (hier sollte eigentlich Recycle stehen, aber leider wird nicht alles, was wir fachgerecht entsorgen tatsächlich recycelt)
    Nicht alles muss in die Tonne. Ein altes Frotteehandtuch kann ein neues Leben als Spüllappen führen. Gebrauchtes Geschenkpapier wird gebügelt und wartet in der Schublade auf seinen erneuten Einsatz. Aus Wachsresten gießt man neue Kerzen. Aus Stoffresten kann man Bienenwachstücher herstellen. 

  5. Rot (Verrotten aka Kompostieren)
    Die einfachste Form der Müllvermeidung! Hast du einen Garten, dann lege einen Komposthaufen an. Auf dem Balkon hat ein Komposter Platz. Auf diese Weise entsteht nahrhafte Erde für Gartenbeete und Blumentöpfe.

LINKS DER WOCHE

Leckere Pfeffernüsse (Öffnet in neuem Fenster)

Reparieren statt wegwerfen (Öffnet in neuem Fenster)

Lebenslinien: Rene - ein fränkischer Sinto (Öffnet in neuem Fenster)

Body Image: Ich habe keine Ahnung, wie ich wirklich aussehe (Öffnet in neuem Fenster)

10 things I don't buy anymore (Öffnet in neuem Fenster)

Huch, bin ich etwa Antisemit? (Öffnet in neuem Fenster)

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